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„Jeden Tag drei Dumme – und einer gründet ein Schneeballsystem“

iblushay (CC0), Pixabay

Eine wahre Begebenheit – fast zu absurd, um erfunden zu sein.

Es war einmal im beschaulichen Saarland – Land der Bratwürste, Autoliebhaber und, wie sich herausstellen sollte, millionenschweren Finanzillusionen. Dort saßen drei Herren zusammen in einem schicken Büro mit Glasfront und Espresso-Vollautomat und stellten sich eine Frage, die das Leben von 60.000 Menschen auf vier Kontinenten verändern sollte:

„Was, wenn wir einfach behaupten, wir könnten das Geld anderer Leute verdoppeln?“

Die Namen der drei Herren? Sagen wir Thomas K., Detlef T. und Gernot F. – Manager, Visionäre, Blender. Ihr Vehikel: eine Firma mit dem Vertrauen erweckenden Namen Alphapool AG. „Alpha“ – das steht schließlich für Stärke, Überlegenheit, Führungsanspruch. Und „Pool“ – na klar, wo man sein Geld reinschmeißt und es dann schwimmt… bloß wohin, wusste niemand so genau.

Aber das war auch nicht wichtig. Denn was zählte, war der Glanz. Die Powerpoint-Präsentation. Die Vision. 100 % Rendite in kürzester Zeit, lautete das Versprechen. Und 30 % sofort ausgezahlt, wenn man jetzt gleich sein Lebensversicherungsvertrag kündigt. Wer würde da nicht unterschreiben?

Das Ganze nannte man ein „Blind-Pool-Investment“. Das heißt auf gut Deutsch: „Wir sagen dir nicht, wo das Geld hingeht – aber glaub uns, es wird super.“ Und weil das für manche doch etwas zu nebulös klang, wurde schnell das nächste Level gezündet: BONOFA.
Ein Name, der klingt wie ein südamerikanischer Fußballgott oder ein Energiegetränk für Lifestyle-Visionäre – und genauso wurde es auch vermarktet.

Die BONOFA Consulting GmbH war nicht einfach ein Unternehmen. Es war ein Gefühl. Ein Lifestyle. Eine Revolution. Eine Seifenblase mit Social-Media-Kanal.
Die Visionäre in Maßanzügen

Bei BONOFA traf sich die Crème de la Crème der Möchtegern-Unternehmer: im Jet, auf Yachten, in Hotelsuiten. Immer mit Sonnenbrille, Rolex, glattgelecktem Haar. Die eigentliche Dienstleistung? Software! Digitale Tools mit Namen wie „CUBE7“, „BAIOpro“ oder „Magic Bonuspage“. Was sie machten, wusste keiner so recht – aber hey, das Design war modern, und „passives Einkommen“ versprach es auch.

Die wahre Währung? B.comPoints – Bonuspunkte mit eingebautem Verfallsdatum, wie Payback auf LSD. Und wer fleißig war – also andere Dumme fand, die Softwarepakete zwischen 30 und 2.500 Euro kauften –, stieg im Rang auf: von Bronze Manager bis Crown Diamond Manager. Je höher der Rang, desto größer die Träume. Luxusreisen, Events, Motivationstrainings – das ganze Multilevel-Marketing-Märchenbuch wurde einmal durchgeblättert.
Ein System voller Sterne – aber ohne Substanz

Doch es war nicht alles Glitzer, was auf der Bühne funkelte. Hinter der Fassade klaffte ein Loch – das Loch, in dem all die versprochenen Renditen verschwanden. Tatsächlich wurde kein Geld investiert. Stattdessen wurde das eingezahlte Kapital benutzt, um die Boni der älteren Hasen zu finanzieren. Der klassische Ponzi-Tango.

Und so wuchs das System, wie ein aufgeblasener Luftballon mit Goldlack. Bis die Luft raus war.
Der große Knall

Am 19. Mai 2016 stand plötzlich kein Limousinenservice vor der Tür, sondern 1.200 Polizeibeamte. Sie kamen nicht zum BONOFA-Day, sondern zur Razzia. Sie durchsuchten 126 Immobilien und nahmen die Drahtzieher fest. Statt auf der Bühne in der Saarbrücker Congresshalle landete man nun im Verhandlungssaal der Großen Wirtschaftsstrafkammer.

Vor Gericht war das alles natürlich ganz anders gemeint. Keiner hatte etwas gewusst. Man sei doch angetreten, um die Welt zu verändern. Es habe sich bloß „unglücklich entwickelt“. Einer der Angeklagten nannte sein Handeln „naiv“. Ein anderer sagte, er habe „nicht genau hingeschaut“. Einer verglich sich gar mit einem Strohmann, der gar nichts mitbekommen habe, während ihm 5,8 Millionen Euro unter den Fingern wegverdunsteten.
Und was lernt man daraus?

Der Richter sah das anders. Sieben Millionen Euro Schaden wurden als erwiesen festgestellt, möglicherweise war der tatsächliche Schaden aber fünfzehnmal so hoch. Die drei Hauptangeklagten wanderten für sechs bis sieben Jahre in Haft. Ob das die Zehntausenden Anleger tröstet, die ihre Altersvorsorge in Magic Beans investiert hatten, darf bezweifelt werden.

Heute ist BONOFA nur noch ein Eintrag im Handelsregister. Mit einem Kassenbestand von exakt 825 Euro. Wahrscheinlich nicht einmal genug für ein Ticket zur nächsten Motivationstrainer-Konferenz.

Doch das System lebt weiter – unter neuem Namen, mit neuen Webseiten, neuen Logos. Denn wie sagte ein weiser (oder zynischer) Mensch einst:

„In Deutschland stehen jeden Tag drei Dumme auf. Wenn du sie findest, kannst du reich werden.“

Und solange es noch Menschen gibt, die auf „100 % Rendite in 30 Tagen“ klicken, wird irgendwo jemand mit einer PowerPoint-Präsentation bereitstehen. Wahrscheinlich in Maßanzug. Mit Sonnenbrille. Und einem neuen, hippen Namen:

Vielleicht BitAlphaChainPro 2.0.
Oder CryptoLuxuryConnect.
Oder einfach: „CUBE8 – Jetzt wird’s richtig magisch.“

Moral der Geschichte?
Wenn dir jemand auf YouTube erklärt, wie du „passiv reich wirst“ –
…dann bist du wahrscheinlich der Erste in der Kette.
Und das ist selten gut.

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