In Singapur hat Essen nicht nur die Funktion, den Hunger zu stillen – es spielt auch eine zentrale Rolle in der Gesundheitsvorsorge. Ob wärmende Suppen gegen Erkältungen oder traditionelle Hausmittel aus der malaiischen, chinesischen oder indischen Küche – das kulinarische Erbe der Insel ist reich an Gerichten, die Körper und Geist stärken.
Congee – Das ultimative Krankheitsessen
Als Daniel Seifert nach einem Winterurlaub in Europa krank nach Singapur zurückkehrte, wartete bereits die beste Medizin im Kühlschrank: Congee, eine dicke, cremige Reissuppe, die in Asien als traditionelles Heilgericht gilt. Die wärmende Wirkung und die leichte Verdaulichkeit machen sie zu einem beliebten Mittel bei Erkältungen und Magenproblemen.
„Ich hatte lange eine negative Verbindung zu Congee, weil ich es nur aß, wenn ich krank war“, sagt die in Singapur lebende Yuri Cath. „Aber irgendwann habe ich es lieben gelernt.“ In der Tat ist Congee so vielseitig, dass es je nach Befinden mit Gewürzen, Ei oder frischen Kräutern verfeinert werden kann – oder ganz schlicht als sanfte Nahrung dient.
Doch Congee ist nur eines von vielen Heilgerichten, die in Singapur für Wohlbefinden sorgen.
Rasam – Die Wunderbrühe aus Indien
Rasam, eine würzige Suppe aus Südindien, ist ein weiteres Wundermittel gegen Erkältungen. Bestehend aus Pfeffer, Kurkuma, Knoblauch, Tomaten und Tamarinde, gilt sie als entzündungshemmend, antibakteriell und immunstärkend. Die heilende Kraft der Zutaten ist sogar wissenschaftlich belegt: Ein medizinischer Bericht aus Indien beschreibt Rasam als „funktionales Nahrungsmittel“, das über seine reine Nährstoffzufuhr hinausgehende gesundheitliche Vorteile bietet.
Tamarinde – Heilmittel aus der malaiischen Tradition
Für viele Malayen in Singapur ist Tamarinde nicht nur eine Kochzutat, sondern ein bewährtes Hausmittel. „Meine Mutter hat uns bei Fieber immer ein in Tamarindenwasser getränktes Handtuch auf die Stirn gelegt“, erinnert sich Syazana Izzati. Die traditionelle malaiische Medizin nutzt solche Heilmethoden seit Generationen – und Izzati ist überzeugt, dass sie diese Praxis eines Tages an ihre eigenen Kinder weitergeben wird.
Bak Kut Teh – Die Kraft der Schweinerippensuppe
Chinesische Arbeiter in Singapur setzten bereits im 19. Jahrhundert auf Bak Kut Teh – eine kräftige Suppe aus Schweinerippen, Pfeffer und Kräutern, die für ihre wärmenden Eigenschaften geschätzt wird. Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wirkt das Gericht „heaty“, also wärmend, was bei Erkältungen und Erschöpfung helfen soll. Bis heute wird Bak Kut Teh gerne nachts gegessen, um die Körperenergie auszugleichen.
Milo – Der süße Trostspender
Nicht alle Heilmittel müssen herzhaft sein. Milo, ein schokoladiges Getränk, ist für viele Singapurer die ultimative Komfortnahrung – besonders in stressigen oder kranken Zeiten. Während der Covid-19-Pandemie gehörte Milo sogar zu den offiziellen Versorgungspaketen für Patienten. Historiker erklären die Beliebtheit von Milo mit seiner Verankerung in der Kindheit: Ob in Schulkantinen oder beim Militärdienst – Milo ist ein fester Bestandteil des singapurischen Alltags.
Essen als Medizin – Eine gelebte Tradition
Die Weisheit des antiken Arztes Hippokrates – „Lass die Nahrung deine Medizin sein und Medizin deine Nahrung“ – scheint in Singapur täglich gelebt zu werden. Von herzhaften Suppen bis hin zu süßen Trostspendern spiegelt sich das kulturelle Erbe der Insel in ihrer Küche wider. Und wer weiß? Vielleicht ist die nächste Erkältung nur eine gute Mahlzeit entfernt.