Interviewer: Frau Bontschev, derzeit kursieren gefälschte E-Mails, die angeblich vom Finanzamt stammen. Können Sie uns erklären, wie diese Betrugsmasche funktioniert?
Rechtsanwältin Bontschev: Diese Betrugsmasche ist besonders perfide, weil sie das Vertrauen in eine bekannte Behörde ausnutzt. Die E-Mails sehen täuschend echt aus und suggerieren, dass eine schnelle Steuerrückzahlung ansteht. Der Trick liegt im Detail: In der Absenderadresse wird beispielsweise der Buchstabe „L“ durch ein „I“ ersetzt – aus „Elster“ wird „Eister“. Das fällt vielen beim schnellen Lesen nicht auf. Die Täter erzeugen zusätzlich Zeitdruck, indem sie behaupten, das Finanzamt habe den Steuerpflichtigen postalisch nicht erreicht und benötige nun dringend Informationen, um die Rückzahlung zu verarbeiten.
Interviewer: Was passiert, wenn jemand auf die Links in diesen E-Mails klickt?
Rechtsanwältin Bontschev: Das ist leider sehr unterschiedlich, aber in jedem Fall gefährlich. Manche Links führen zu gefälschten Webseiten, die persönliche Daten abgreifen. Andere leiten die Nutzer zu dubiosen Onlineshops oder Seiten mit Werbung für Kryptowährungen weiter. Besonders hinterlistig ist es, wenn Schadsoftware installiert wird. Vor allem Mac-Nutzer erhalten oft eine gefälschte Warnung, ihr Computer sei infiziert, und werden aufgefordert, eine „Schutzsoftware“ zu installieren. Diese Programme öffnen den Betrügern den Zugang zu sensiblen Daten.
Interviewer: Was sollten Betroffene tun, wenn sie bereits auf einen solchen Link geklickt oder persönliche Daten eingegeben haben?
Rechtsanwältin Bontschev: Schnelles Handeln ist hier entscheidend. Zunächst sollten Sie sofort Ihre Bank informieren, wenn Sie Bankdaten preisgegeben haben. Falls Steuerdaten betroffen sind, muss das Finanzamt informiert werden. Außerdem empfehle ich dringend, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Der Computer sollte auf Schadsoftware überprüft werden, idealerweise durch einen IT-Spezialisten. Im schlimmsten Fall müssen auch Passwörter geändert und weitere Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Interviewer: Wie kann man sich vor solchen Betrugsversuchen schützen?
Rechtsanwältin Bontschev: Der wichtigste Schutz ist Vorsicht. Das Finanzamt wird niemals E-Mails versenden, in denen Sie aufgefordert werden, persönliche Daten preiszugeben. Wichtige Mitteilungen erhalten Sie entweder per Post oder über das Elster-Portal. Wenn Sie den Status Ihrer Steuererklärung prüfen möchten, geben Sie die Adresse www.elster.de direkt in Ihren Browser ein oder nutzen Sie die offizielle App „MeinELSTER+“. Klicken Sie niemals auf Links in E-Mails, wenn Sie sich nicht absolut sicher sind, dass sie vertrauenswürdig sind – und lassen Sie sich nicht durch angebliche Zeitknappheit unter Druck setzen.
Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für die aufschlussreichen Informationen.
Rechtsanwältin Bontschev: Sehr gerne. Bleiben Sie wachsam und schützen Sie Ihre Daten.