Eine geheime christliche Sekte in den USA soll jahrzehntelang unverheiratete Frauen unter Druck gesetzt haben, ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Zwischen den 1950er und 1990er Jahren könnten Hunderte solcher Adoptionen stattgefunden haben. Ehemalige Mitglieder berichten, dass viele Frauen keine Wahl hatten, da ihnen ansonsten die Verbannung aus der Gemeinschaft oder ewige Verdammnis gedroht hätte.
Eine BBC-Recherche deckt nun auf, dass viele der adoptierten Kinder in Missbrauchs- und Vernachlässigungssituationen gerieten. Das FBI hat mittlerweile Ermittlungen eingeleitet.
Frauen unter Druck: „Wenn ich das Baby behalte, komme ich in die Hölle“
Mehrere ehemalige Mitglieder schildern, dass sie keinerlei Mitspracherecht hatten, als ihre Babys zur Adoption freigegeben wurden.
- Eine Frau wurde nach einer Vergewaltigung schwanger und gezwungen, ihr Kind einer Ehepaar innerhalb der Sekte zu überlassen.
- Eine andere Frau durfte ihr Baby nicht einmal sehen, bevor es ihr weggenommen wurde.
- Eine Mutter feierte jahrelang heimlich Geburtstage für ihr Kind, das sie nie aufwachsen sah.
Die Adoptionen wurden innerhalb der Gemeinschaft als religiöse Pflicht dargestellt. Ein Verbleib des Kindes bei der leiblichen Mutter wurde als Sünde betrachtet.
Systematische Adoptionen durch einen Sektenarzt
Die Kinder, die innerhalb der Sekte adoptiert wurden, werden als „Baldwin Babies“ bezeichnet – benannt nach einem Arzt der Gemeinschaft, der die Vermittlungen organisierte.
- Mütter wurden während der Schwangerschaft in speziellen Häusern untergebracht, bis ihre Kinder zur Adoption freigegeben wurden.
- Die genaue Zahl der Adoptionen ist unbekannt, jedoch gibt es Berichte über Hunderte von Fällen.
- Kaum Überprüfung der Adoptiveltern: Der Arzt entschied, welche Familien ein Kind bekamen, ohne behördliche Kontrollen.
Viele der adoptierten Kinder berichten nun von Missbrauch und Vernachlässigung in ihren neuen Familien.
Sektenvertreter verteidigen das System
Die Gemeinschaft, die keine zentrale Führung hat, wurde um eine Stellungnahme gebeten. Einer der ranghöchsten Vertreter erklärte, alle Adoptionen seien legal erfolgt, und es gebe „wunderschöne Geschichten“ aus dieser Zeit.
Betroffene sehen das jedoch anders.
- Eine Frau berichtet, dass der Sektenarzt ein Fotoalbum mit Hunderten von adoptierten Kindern führte.
- Ein adoptiertes Kind hat bereits über 100 weitere „Baldwin Babies“ und ihre Mütter wiedergefunden.
Die Sekte wurde im späten 19. Jahrhundert gegründet und basiert auf einem rigiden Glaubenssystem, das absolute Unterordnung verlangt. Besonders die Angst vor Bestrafung und Verdammnis wurde genutzt, um Frauen zu beeinflussen.
Folgen für die Betroffenen
Während einige Mütter und Kinder inzwischen wieder Kontakt haben, leiden viele von ihnen noch heute unter den traumatischen Erlebnissen.
- „Unsere Mütter hatten Angst, uns zu umarmen. Unsere Väter schämten sich für uns.“
- „Ich habe keine Tränen mehr übrig.“
- „Als wir uns trafen, haben wir einfach nur umarmt und umarmt und umarmt.“
Mittlerweile vernetzen sich immer mehr ehemalige Mitglieder und Betroffene über soziale Medien, um ihre Erlebnisse zu teilen und aufzuklären.
Fazit: Ein dunkles Kapitel, das noch lange nicht abgeschlossen ist
Die FBI-Ermittlungen sollen nun Licht in ein jahrzehntelanges System des Missbrauchs und der Manipulation bringen. Während einige Mitglieder die Vergangenheit beschönigen, kämpfen die Betroffenen für Aufklärung, Anerkennung und Gerechtigkeit.