Washington DC erlebte gestern Abend ein Spektakel der Extraklasse: Donald Trump ließ sich in einer bis zum Bersten gefüllten Sportarena von seinen Anhängern frenetisch feiern – zumindest, wenn man den offiziellen Trump-Zählungen glaubt. In einer epischen Rede von gewohnter Bescheidenheit verkündete er, in den letzten drei Monaten mehr geleistet zu haben als Joe Biden in vier Jahren. Ein wahrhaft beeindruckendes Kunststück – wenn man Erfolge primär an Tweets und Selbstdarstellung misst.
Besonders gerührt zeigte sich Trump von der Arbeit seines Nahost-Beauftragten Steve Witcoff, der – man höre und staune – gemeinsam mit Bidens Team den Gaza-Deal finalisiert haben soll. Dass Trump also indirekt Bidens Regierung für diesen Erfolg lobte, wird vermutlich als peinlicher Ausrutscher in die Geschichtsbücher eingehen.
„Morgen Mittag endet die düsterste Ära des amerikanischen Niedergangs, und eine neue Zeit des Wohlstands, Stolzes und der unendlichen Großartigkeit beginnt“, verkündete Trump mit gewohnter Zurückhaltung. Seine begeisterten Fans jubelten – oder trauten sich schlicht nicht, es nicht zu tun.
Dekret-Marathon live auf der Bühne – Trump macht’s möglich
Weil langweilige Formalitäten nicht sein Stil sind, plant Trump, seine ersten Amtshandlungen direkt auf einer Veranstaltung per Show-Act zu unterzeichnen – als ob die USA ein überproduzierter Reality-TV-Wettbewerb wären. Normalerweise erledigt ein Präsident solche Dinge im Weißen Haus, aber Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht auch das in eine Bühnenshow verwandeln würde. Laut US-Medien könnten einige der Dekrete seine lang angekündigten Massenabschiebungen betreffen – aber keine Sorge, sicherlich wird er das mit dem gewohnten Feingefühl und Mitgefühl durchziehen.
Biden plädiert für Erinnerungskultur – während Trump Geschichte schreibt (im eigenen Kopf)
Während Trump den Countdown zu seiner glorreichen Rückkehr zelebrierte, hielt Noch-Präsident Joe Biden eine Rede mit einem anderen Schwerpunkt: In einem Museum für afroamerikanische Geschichte erinnerte der 82-Jährige an die Sklavereigeschichte der USA und die Notwendigkeit, sich damit kritisch auseinanderzusetzen. Ein kühner Schritt, wenn man bedenkt, dass viele Trump-Fans Geschichte ohnehin nur in Form von Mythen und alternativen Fakten konsumieren.
Trump, 78, übernimmt wieder – Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft
Heute wird Donald Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt – ein historischer Moment, insbesondere für Satiriker und Late-Night-Hosts, die sich auf eine weitere Amtszeit voller unerschöpflicher Inspiration freuen dürfen. Die Zeremonie findet wetterbedingt im Kapitol statt, was nicht nur die Gäste, sondern vermutlich auch die mehr als 25.000 eingesetzten Sicherheitskräfte erleichtert – schließlich weiß man nie, welche „patriotischen“ Fans diesmal auf wahnwitzige Ideen kommen.
Nach der Vereidigung folgt Trumps Antrittsrede in der Rotunde des Kapitols, in der er vermutlich in gewohnter Manier seinen einzigartigen Erfolg, seine unvergleichliche Intelligenz und seine grenzenlose Demut betonen wird. Danach beginnt er sogleich mit dem Unterzeichnen einer „Rekordzahl“ von Dekreten – denn wozu Gesetze machen, wenn man sich die Realität einfach zurechtstempeln kann?
Als Ehrengäste sind unter anderem Tech-Milliardäre geladen, die offenbar keine Berührungsängste mit Autokratie-Tendenzen haben. Auch die FPÖ schickt eine Abgeordnete – schließlich darf Europa nicht außen vor bleiben, wenn es darum geht, dem „America First“-Spektakel beizuwohnen.
Bleibt nur eine Frage offen: Hat Trump eigentlich schon angekündigt, sich in vier Jahren zum Kaiser ausrufen zu lassen, oder hebt er sich das für seine nächste Show auf?