Etappensieg für ehemalige P&R-Anleger, deren Verträge bis zu vier Jahre vor der Insolvenz der P&R-Containervertriebsgesellschaften ausgelaufen sind: Das Landgericht Karlsruhe entschied, dass ein Anleger alle Auszahlungen behalten darf. Es ist der erste Beschluss in einem der Pilotverfahren, die der Insolvenzverwalter eingeleitet hat. Was er zurückverlangen darf, soll am Ende der Bundesgerichtshof (BGH) klären. Auch steuerlich herrscht mehr Klarheit: Für das Pleitejahr 2018 gibt es eine neue, einheitliche Regelung.
Anleger sollte mehr als 30 000 Euro überweisen
Der in einem Pilotverfahren vom Insolvenzverwalter verklagte Anleger Günther Schuster (Name geändert) glaubte, sein Investment noch in letzter Minute gerettet zu haben. Ende 2017 lief sein Engagement über 30 000 Euro aus, er bekam sein Geld wie vereinbart von P&R zurück. Schuster hatte das Geld, wie viele tausend andere Anleger auch, in Schiffscontainer angelegt. Diese wurden von P&R fünf Jahre verleast, Schuster erhielt fest vereinbarte Mietraten überwiesen. Zum Ende der Vertragslaufzeit bezahlte P&R ihm nicht nur die letzten Mietraten aus, sondern auch einen zuvor schon angebotenen Rückkaufswert für die gebrauchten Container.
Insolvenzverwalter darf Zahlungen anfechten
Mittels einer Klage wollte P&R-Insolvenzverwalter Michael Jaffé nun 33 500 Euro zurückholen. Dabei beruft sich Jaffé auf Paragraf 134 der Insolvenzordnung, wonach er Geschenke und andere unentgeltliche Leistungen zurückfordern kann, die der insolvente Schuldner noch kurz vor der Pleite verteilt hatte. Diese „Anfechtung“ soll verhindern, dass Einzelne sich einen Vorteil verschaffen, indem sie noch kurz vor Schluss Geld aus einem Unternehmen ziehen und damit andere Gläubiger benachteiligen. Solche Anfechtungen kommen häufig in Pleitefällen vor. 54 000 Anleger hatten bei dem Containerriesen 3,5 Milliarden Euro investiert, als verschiedene P&R-Gesellschaften am 19. März 2018 vorläufige Insolvenz anmeldeten. Da viele von P&R verkaufte Container gar nicht existierten, seien die Zahlungen an Schuster nicht gerechtfertigt gewesen, argumentiert Jaffé. Seine Container hätte es ja gar nicht gegeben. P&R habe nur das Geld anderer Anleger ungerechtfertigt an ihn ausbezahlt.
Vertraglich fest vereinbarte Zahlungen zählen nicht als Geschenk
Das Gericht sah das anders und begründete sein Urteil damit, dass sämtliche überwiesenen Mietraten für die Container vertraglich fest vereinbart waren. Damit hätte das Investment einen ähnlichen Charakter wie eine Anleihe mit festen Zins- und Rückzahlungen gehabt. Fest vereinbarte Zahlungen darf der Insolvenzverwalter nicht zurückverlangen. Richterin Nicole Möwes störte sich auch nicht daran, dass die Rückkaufswerte für die gebrauchten Container nur in einem Angebot genannt waren, aber kein fester Bestandteil des Vertrags waren. Eine Rückübertragung sei im Vertrag vereinbart gewesen, und der Preis, den P&R für die gebrauchten Container bezahlt hatte, sei angemessen gewesen, so ihre Argumentation. Auch habe es bei P&R auf jeden Fall mindestens fünf Container vom Typ, den Schuster gekauft hatte, gegeben. Der Insolvenzverwalter könne demnach nicht belegen, dass es Schusters Container gar nicht gab.
Bislang nur ein Etappensieg
Das für den Anleger rundum positive Urteil ist nur ein Etappensieg. Neben dem Verfahren in Karlsruhe sind noch fünf andere Fälle bei verschiedenen Gerichten in Deutschland anhängig. Das Gebiet ist juristisches Neuland, Jaffé will mit seinen Pilotklagen möglichst schnell eine Klärung vom BGH dazu erhalten, was er von Anlegern zurückverlangen kann. Wann dort verhandelt wird, ist noch offen. Vom Ausgang der Verfahren betroffen sind ausschließlich Alt-Anleger, deren Investments innerhalb der letzten vier Jahre vor der Insolvenzantragsstellung bei P&R komplett zurückbezahlt wurden. Das könnten noch einmal Tausende P&R-Anleger sein. Anleger, deren Container zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung bei P&R noch vermietet waren, müssen nach Angaben eines Sprechers der Insolvenzverwaltung nichts zurückbezahlen.
Einheitliche Steuerregelung für das Pleitejahr
Gleich ob Altanleger oder Gläubiger: Ihre Steuererklärungen bis einschließlich 2017 müssen sie nicht mehr ändern. P&R-Anleger konnten Abschreibungen auf die Container mit den Vermietungseinnahmen verrechnen und hatten damit während der Laufzeit weitgehend steuerfreie Erträge. Erst am Ende der Laufzeit wurde die Differenz der von P&R zurückerstatteten Summe und dem Restbuchwert versteuert. Aus steuerlichen Gründen standen die zugesagten Erstattungen für die gebrauchten Container auch nicht von vorneherein in den Verträgen. Ihre Abschreibungen dürfen Anleger nun nach einer einheitlichen Regelung zwischen Bund und Ländern auch für die ersten acht Monate 2018 geltend machen. Den restlichen Buchwert ihrer Container können sie erst als Verlust geltend machen, wenn feststeht, wie viel nach Abschluss des Insolvenzverfahrens übrig bleibt. Dann dürfen sie ihre Restbuchwerte mit der Auszahlungsquote aus dem Verfahren gegenrechnen. Das kann noch viele Jahre dauern. Eine erste Abschlagszahlung lässt immer noch auf sich warten. Sie wird für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres erwartet.
Quelle: https://www.test.de/PR-Anleger-darf-Auszahlungen-behalten-5633643-0/