Gerötete Haut, Juckreiz, Pusteln – im Sommer bereiten viele gut verträgliche Arzneimittel plötzlich Probleme: zum Beispiel Blutdrucksenker, Schmerzmittel oder Antibiotika. Sie können die Haut empfindlicher für die UV-Strahlung der Sonne machen und lichtbedingte Hautreaktionen auslösen. Die Stiftung Warentest nennt die wichtigsten Wirkstoffe, die die Haut lichtempfindlich machen und gibt Tipps, wie Betroffene sich schützen können.
Tabletten und Salben können lichtempfindlich machen
Sowohl Tabletten und Kapseln zum Einnehmen als auch Salben und Gels, die auf die Haut aufgetragen werden, können Auslöser von lichtbedingten Hautreaktionen sein. Die Liste der Wirkstoffe, die Nebenwirkungen durch Sonnenlicht auslösen können, ist lang. Betroffen sind unter anderem manche Antibiotika, Schmerztabletten und Schmerzgels zum Beispiel mit Ibuprofen und Diclofenac, Mittel gegen Herzrhythmusstörungen oder Wassertabletten, die Ärzte bei Bluthochdruck oder Herzschwäche verordnen.
Auch Mittel gegen Akne, Epilepsie und Psychosen, pflanzliche Mittel wie Johanniskraut und einige Krebs-Medikamente können bei Sonnenlicht die Haut verändern. Die Anti-Baby-Pille kann Pigmentveränderungen – vor allem im Gesicht – verursachen, die sich durch Sonnenbestrahlung intensivieren.
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Hautreaktion und Medikament – Zusammenhang erkennen
Reaktionen nach Minuten oder erst nach Tagen
Die Hautreaktionen können innerhalb von Minuten bis Stunden nach der Anwendung des Arzneimittels auftreten, aber auch erst mit Verzögerung von einigen Tagen. Deshalb sehen viele Menschen oft erst einmal keinen Zusammenhang zwischen Hautreaktionen und einem Medikament – insbesondere dann nicht, wenn sie es eingenommen und eben nicht, etwa als Creme, auf die Haut aufgetragen haben. Oder wenn sie es schon längere Zeit nehmen und bisher gut vertragen haben.
Symptome ähneln meist Sonnenbrand
Lichtbedingte Hautreaktionen durch Medikamente können unterschiedlich aussehen: Die Haut kann sich röten, sich entzünden, brennen oder anschwellen. Oder es bilden sich Blasen, Pickel oder Pusteln. Nach einigen Tagen können die Blasen aufplatzen und nässen. Auch Juckreiz, fleckige Hautmale oder Hautschuppung können auftreten. Nicht immer lassen sich diese Hautreaktionen von einem normalen Sonnenbrand unterscheiden.
Tipp: Ein Hinweis darauf, dass Medikamente die Ursache sein könnten: Durch Arzneimittel verursachte Reaktionen auf Sonnenlicht treten schon bei Sonnenmengen auf, die sonst problemlos vertragen werden.
So beugen Sie Hautreaktionen vor
Sonne meiden, richtig kleiden
Wer die betroffenen Mittel einnimmt oder anwendet, sollte auf ausgedehnte Sonnenbäder und Solarienbesuche verzichten. Die intensive Mittagssonne von 11 bis 15 Uhr ist möglichst zu meiden. Schutz bietet Kleidung, die die Haut bedeckt, und einen Hut auf dem Kopf. Unbedeckte Hautstellen schützt ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor. Dabei sollten Nacken, Ohren, Hals, Fuß- und Handrücken sowie die Lippen nicht vergessen werden.
Tipp: Welche Cremes, Lotionen und Sprays zuverlässig schützen, steht in unserem Test Sonnencreme und Sonnenspray sowie in unserem Test Sonnencreme für Kinder.
Lichtbedingte Hautreaktionen beobachten
Wer eine lichtbedingte Reaktion vermutet, sollte sich mit einem Apotheker oder Arzt besprechen. Möglicherweise lässt sich die Anwendung des Medikaments auf den Abend verlegen. Bei einer Dauereinnahme von Wirkstoffen, die die Haut empfindlicher für UV-Strahlung machen, ist es zudem wichtig, die Haut sorgfältig zu beobachten – insbesondere Stellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Ein Arzt sollte sie von Zeit zu Zeit auf Veränderungen untersuchen.
So geben Beobachtungsstudien aus Dänemark etwa für das Diuretikum Hydrochlorothiazid Hinweise darauf, dass mit der Erhöhung der Lichtempfindlichkeit auch das Risiko für weißen Hautkrebs ansteigen könnte. Der Wirkstoff ist Bestandteil zahlreicher Kombimittel bei hohem Blutdruck.
Nebenwirkungen – wichtig zu wissen
- Glas bietet teilweise keinen ausreichenden UVA-Schutz und damit auch keinen ausreichenden Schutz vor arzneimittelbedingten Hautreaktionen. Laut Bundesamt für Strahlenschutz schützen die Frontscheiben im Auto weitestgehend vor UVA- und UVB-Strahlen, die Seitenscheiben jedoch lassen UVA-Strahlen teilweise passieren. Im Sommer gilt es bei längeren Autofahrten an sonnigen Tagen auch im Auto auf Sonnenschutz zu achten.
- Dünne, weiße Kleidung schützt oft nicht ausreichend. Besser sind dicht gewebte und dunkle Stoffe. Weitere Tipps zum Sonnenschutz stehen in unserem FAQ Sonnencreme.
- Die Lichtempfindlichkeit kann nach dem Absetzen eines Mittels noch einige Zeit bestehen bleiben, etwa bei Amiodaron, das bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. In diesen Fällen sollten Sie den besonderen Lichtschutz der Haut auch nach Therapieende noch einige Zeit beibehalten.
Wirkstoffe, bei denen Sonnenschutz ratsam ist
Wir nennen im Folgenden überwiegend Wirkstoffe aus unserer Datenbank Medikamente im Test, für die bekannt ist, dass Sonnenlicht Hautreaktionen verursachen kann. Die in unserer Datenbank gelisteten rezeptpflichtigen und rezeptfreien Arzneimittel werden in Deutschland besonders häufig angewendet. Wie generell bei unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln gilt auch hier: Nicht alle Anwender dieser Mittel sind betroffen und die Hautreaktionen können bei Betroffenen unterschiedlich stark ausfallen.
Mittel gegen Bluthochdruck und Herzschwäche
Diuretika, auch Wassertabletten genannt, wie Schleifendiuretika (Furosemid, Piretanid und Torasemid) sowie Thiazide (Chlortalidon, Hydrochlorothiazid, Indapamid, Xipamid) senken den Blutdruck und entlasten das Herz. Sie werden häufig verordnet beispielsweise bei Bluthochdruck oder Herzschwäche.
Einige der Verbindungen sind auch oft in Kombinationsmitteln enthalten. Bei ihnen wird recht häufig von lichtbedingten Reaktionen berichtet. Das heißt aber nicht, dass sie ein besonders hohes Potenzial für derartige unerwünschte Wirkungen haben. Die zahlreichen Berichte sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Mittel häufig angewendet werden – zudem meist als Dauermedikation.
Auch bei manchen Blutdrucksenkern aus anderen Wirkstoffgruppen wie etwa Quinapril, Enalapril oder Diltiazem müssen Sie in Einzelfällen mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit rechnen.
Schmerzmittel und Entzündungshemmer
Entzündungs- und schmerzhemmend wirkende Arzneimittel zum Einnehmen mit den Wirkstoffen Diclofenac, Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen, Piroxicam, Tiaprofensäure vertragen sich nicht immer gut mit intensiver Sonnenbestrahlung. Sie verursachen zwar nur selten sonnenbedingte Hautreaktionen, die Wirkstoffe werden jedoch sehr häufig eingesetzt.
Beachten Sie insbesondere: Wenn Sie ein Schmerzgel mit Diclofenac, Ketoprofen oder Ibuprofen anwenden – zum Beispiel bei Arthrose, Gelenkbeschwerden oder Sportverletzungen – kann die Haut an den behandelten Stellen lichtempfindlicher werden. Es können sich dann – meist erst nach einigen Tagen – Hautreaktionen entwickeln, die im Einzelfall auch schwerwiegend sein können. Die behandelten Stellen sollten Sie daher vor Sonnenlicht schützen – auch wenn es wolkig ist – und dies bis zwei Wochen nach Beendigung der Behandlung fortsetzen.
Antibiotika
Wenn Sie wegen einer bakteriellen Infektion ein Antibiotikum einnehmen müssen, müssen Sie bei zahlreichen Wirkstoffen mit lichtbedingten Reaktionen rechnen. Insbesondere wenn Ihr Arzt Ihnen ein Mittel aus der Gruppe der Tetrazykline (Doxycyclin, Oxytetrazyklin, Tetracyclin, Minocyclin) verordnet, sollten Sie Ihre Haut unbedingt vor Sonne schützen. Dass sonnenbedingte Störwirkungen in dieser Medikamentengruppe vorkommen, ist in der Fachliteratur häufig beschrieben. Die Nägel sollten Sie dann sicherheitshalber ebenfalls vor allzu starker Sonneneinwirkung schützen, da es vereinzelt zu Nagelablösung und Verfärbung kommen kann.
Auch bei Chinolonen (zum Beispiel Ciprofloxacin, Oflaxacin), Sulfonamiden (etwa Cotrimoxazol gegen Harnwegsinfektionen) und Voriconazol bei Pilzinfektionen ist ein ausreichender Sonnenschutz zu beachten.
Mittel gegen Herzrhythmusstörungen
Bei schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen wird häufig das Antiarrhythmikum Amiodaron verordnet. Das Mittel ist besonders oft für eine erhöhte Sonnenbrandneigung verantwortlich: Mehr als einer von 10 Behandelten ist davon betroffen. Zudem kann sich die Haut bei länger andauernder Behandlung schiefergrau bis schwarzviolett verfärben, insbesondere an Stellen, die der Sonne ausgesetzt sind. Diese Verfärbung bildet sich nach Absetzen des Mittels nur langsam innerhalb von ein bis vier Jahren wieder zurück.
Aknemittel
Benzoylperoxid trocknet fettige Haut aus und tötet Entzündungskeime ab, die am Entstehen von Pickeln beteiligt sind. Darüber hinaus weist es eine leichte Schälwirkung auf und reizt die Haut. Auch die Empfindlichkeit gegenüber UV-Strahlung nimmt zu.
Auch Retinoide (Acitretin, Isotretinoin) machen die Haut dünner und somit empfindlicher für UV-Strahlen.
Bei schwerer Akne werden häufig auch Antibiotika zum Einnehmen verschrieben. Zu ihnen zählt das Tetracyclin Doxycyclin. Dann sollten Sie die Verhaltenstipps zum Sonnenschutz unbedingt einhalten.
Anti-Baby-Pille
Hormonpräparate mit einer Kombination aus einem Östrogen und Gestagen werden bei Akne, insbesondere aber als „Pille“ zur Empfängnisverhütung eingesetzt. Manche Frauen, die die Pille über lange Zeit einnehmen, entwickeln Pigmentveränderungen (Chloasmen). Sie bekommen vor allem im Gesicht dunkle Flecken, die sich durch Sonnenbestrahlung intensivieren. Diese Pigmentflecken vergehen häufig nicht wieder. Sie können versuchen, den Färbungen vorzubeugen, indem Sie Sonnenschutzmittel auftragen.
Pflanzliche Mittel
Auch bei einigen pflanzlichen Mitteln kann intensive Sonnenstrahlung Störwirkungen auf der Haut verursachen. Johanniskraut soll bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen und auch bei depressiven Stimmungszuständen seine Wirkung entfalten. Wenn Sie Mittel mit Johanniskraut aber über längere Zeit in hohen Dosen anwenden, sollten Sie an einen ausreichenden Hautschutz denken. Bedenken Sie auch, dass äußerlich angewendete pflanzliche Mittel, beispielsweise Cremes mit Arnika, allergische Reaktionen auf der Haut auslösen können, die sich durch Sonneneinwirkung noch verstärken können.
Krebsmittel
Auch manche Wirkstoffe, die bei Krebserkrankungen eingesetzt werden, können licht- und sonnenempfindlich machen, beispielsweise die Zytostatika Fluorouracil (äußerlich auch bei aktinischer Keratose), Vinblastin (bei Morbus Hodgkin, Brustkrebs) oder Dacarbazin (bei Hautkrebs, Morbus Hodgkin, Weichteilsarkom). Das gilt auch für einige zielgerichtete Medikamente: Beispielsweise verursacht der bei Melanom eingesetzte Wirkstoff Vemurafenib sehr häufig lichtbedingte Reaktionen: bei mehr als einem von zehn behandelten Patienten.
Tipp: Erkundigen Sie sich beim Arzt, ob Sie Krebsmedikamente erhalten, die ihre Haut lichtempfindlicher machen.
Weitere Wirkstoffe
- Einige Neuroleptika, die Ärzte etwa bei Psychosen oder Schizophrenie verordnen: Chlorprotixen, Thioridazin, Promethazin, Perazin, Haloperidol
- Antiepileptika bei Epilepsie: Phenobarbital, Carbamazepin (auch bei Neuropathie eingesetzt)
- Bestimmte Mittelbei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatoider Arthritis: Azathioprin und Sulfasalazin
- Malariamittel:Chinin (auch bei nächtlichen Wadenkrämpfen eingesetzt), Chloroquin, Hydroxychloroquin, Mefloquin
- Das Antihistaminikum Diphenhydramin, das gegen Übelkeit und Erbrechen, bei Reisekrankheit, Allergiesymptomen und Schlafstörungen ohne Rezept erhältlich ist
- Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis und Schuppenflechte
- Lipidsenker bei erhöhten Triglyceridwerten: Fibrate wie Bezafibrat, Fenofibrat, Gemfibrozil. Sie können vereinzelt die Empfindlichkeit der Haut gegenüber Sonnenlicht erhöhen, sodass sich die Haut großflächig entzündet. Wenn dies bei Ihnen bereits einmal vorgekommen ist, dürfen Sie keine Fibrate mehr einnehmen.
Informationen zu weiteren Arzneistoffen, die die Haut lichtempfindlich werden lassen, finden Sie in unserer Datenbank.
Quelle: https://www.test.de/Nebenwirkung-Lichtempfindlichkeit-Wenn-Arzneimittel-im-Sommer-Probleme-bereiten-5624442-0/