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Was haben deutsche Kunden von britischen Lebensversicherern beim Brexit zu erwarten? (Kanzlei MÜLLER SEIDEL VOS)

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Ein geregelter Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist nach der Abstimmung im britischen Parlament am 15.01.2019 abgelehnt worden. Damit bleibt nach wie vor unklar, welche Auswirkungen der Brexit auf britische Lebensversicherungsverträge hat.

Im schlechtesten Fall besteht die Gefahr, dass britische Versicherer keine Beiträge mehr von deutschen Versicherungsnehmern annehmen und auch keine Leistungen mehr auszahlen dürfen (Capital, 14.12.2018).

Aus diesem Grund haben einige britische Lebensversicherer ihre Verträge mit deutschen Kunden bereits auf Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU übertragen. Standard Life, Friends Provident (AVIVA Life & Pensions) und Royal London haben angekündigt, die Verträge auf Unternehmen in Irland zu übertragen, Clerical Medical (Scottish Widows) beabsichtigt die Übertragung auf ein Unternehmen in Luxemburg.

Die Übertragung ist jeweils noch von dem Ergebnis von Gerichtsverfahren abhängig, in denen geprüft wird, ob die Belange der Versicherungsnehmer bei einer Übertragung hinreichend berücksichtigt werden. Eine Abschätzung der Dauer dieses Verfahrens ist derzeit nicht möglich und der Ausgang ungewiss.

Bekannt ist allerdings bereits jetzt, dass der Insolvenzschutz nicht dem bisherigen Standard entspricht. In Großbritannien unterfallen Verträge mit Finanzdienstleistungsunternehmen, also auch Lebensversicherungsunternehmen, dem Entschädigungsfonds Financial Services Compensations Scheme („FSCS“).

Im Falle einer Insolvenz werden von dem FSCS bis zu 90 % der Ansprüche aus Versicherungsverträgen ersetzt. Ein entsprechender Schutz besteht in Irland oder Luxemburg allerdings nicht. Ob und inwieweit dieser Nachteil durch vertragliche Regelungen kompensiert werden kann, ist fraglich.

Darüber hinaus weist Clerical Medical (Scottish Widows) darauf hin, dass sämtliche Kapitalerträge nach dem Übertragungsstichtag der Abgeltungssteuer gemäß § 20 EStG unterliegen.

Betroffenen Kunden von britischen Versicherern wie beispielsweise Standard Life, Friends Provident (AVIVA Life & Pensions) und Clerical Medical (Scottish Widows), die mit der aktuellen Situation und ihren Verträgen unzufrieden sind, steht die Möglichkeit einer Kündigung offen, wenn diese vertraglich möglich ist.

Diese bringt jedoch regelmäßig wirtschaftliche Nachteile mit sich. Gegenüber einer Kündigung stellt sich die Möglichkeit einer Rückabwicklung durch Widerspruch, Rücktritt oder Widerruf weit überwiegend als wirtschaftlich vorteilhafter dar.

Für Verträge, die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurden, besteht häufig die Möglichkeit, ihre Verträge auch heute noch durch Widerspruch oder Rücktritt rückabzuwickeln. Hintergrund ist, dass die zeitliche Begrenzung für die Ausübung dieser Rechte jedenfalls dann gegen EU-Recht verstößt, wenn die Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht (BGH, Urt. v. 07.05.2014 – IV ZR 76/11). Dies gilt grundsätzlich für sämtliche kapitalbildenden – auch fondsgebundene Lebensversicherungsverträge und Rentenversicherungsverträge.

Aber auch Verträge, die nach 2008 abgeschlossen wurden, können heute noch rückabgewickelt werden, sofern der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß belehrt wurde.

Ob eine Belehrung fehlerhaft ist, ist aufgrund der zwischenzeitlich umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung gut einzuschätzen. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rückabwicklung hängt indes von weiteren Faktoren ab, die von einem qualifizierten und in diesem Bereich erfahrenen Rechtsanwalt beurteilt werden sollten.

Wenn eine Rückabwicklung nicht möglich ist, sollten Versicherte die Möglichkeit einer Kündigung in Betracht ziehen. Die Frage, ob auch unkündbaren Verträgen (bspw. Rürup-, Basisrentenverträge) durch den Wegfall des britischen Insolvenzschutzes (s.o.) ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird, ist bisher gerichtlich nicht geklärt.

Müller Seidel Vos Rechtsanwälte haben in den letzten Jahren weit über 1.000 Lebens- und Rentenversicherungsverträge auf die Möglichkeit der Rückabwicklung durch Widerspruch bzw. Widerruf geprüft und insbesondere für eine Vielzahl von Kunden der Standard Life die Rückabwicklung erfolgreich durchgesetzt. Für eine kostenfreie Ersteinschätzung stehen Müller Seidel Vos Rechtsanwälte Ihnen gern zur Verfügung.

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/brexit-welche-moeglichkeiten-haben-kunden-britischer-lebensversicherer_151768.html

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