Start Justiz Hanseatisches Oberlandesgericht – Musterklage gegen MPC, TVP usw.

Hanseatisches Oberlandesgericht – Musterklage gegen MPC, TVP usw.

891

Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 14 Kap 10/16

Beschluss

In der Sache

Volker Hagenmeyer, Hochstetter Straße 8, 71282 Hemmingen

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Schirp, Neusel & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 35-16

gegen

1)

MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –

2)

TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –

3)

MPC Münchmeyer Petersen Steamship GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –

4)

Triton Schiffahrts GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Hafenstraße 6, 26789 Leer

– Musterbeklagte –

5)

Triton Schiffahrts Beteiligungs GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Hafenstraße 6, 26789 Leer

– Musterbeklagte –

6)

Landesbank Berlin AG, vertreten durch d. Vorstand, Alexanderplatz 2, 10178 Berlin

– Musterbeklagte –

7)

Verwaltung Zweite Reefer-Flottenfonds GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –

8)

Andreas Paluschek, Lindenstraße 28, 15230 Frankfurt

– Musterbeklagter –

9)

Postbank Finanzberatung AG, vertreten durch d. Vorstand, Lubahnstraße 2, 31789 Hameln

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt, Gz.: 2016-0175 JK/kc

Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 8773/15-NSC; Ihre Mandantin: MPC Capital Investments GmbH; Az. LG Hamburg: 319 O 243/17

Prozessbevollmächtigte zu 3 und 4:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt, Gz.: 2017-0099 JK/kc

Prozessbevollmächtigte zu 5:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt, Gz.: 2016-0680 JK/rie

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte Lindemann, Schwennicke & Partner, Lennéstraße 9, 10785 Berlin

Prozessbevollmächtigte zu 7:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt, Gz.: 2015-0732 JK/rie

Prozessbevollmächtigte zu 8:
Rechtsanwältin Karin Bänsch, Lossower Straße 2, 15236 Frankfurt, Gz.: ZR 78/16

Prozessbevollmächtigte zu 9:
Rechtsanwälte Brinkmann, Weinkauf, Adenauerallee 8, 30175 Hannover, Gz.: 2835-15; Ihre Mandantin: Postbank Finanzberatung AG; Az. LG Hamburg: 319 O 243/17

Nebenintervenientin zu 6:
MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Marcel Becker, Thomas Carstensen, Jörn Ulf Klepper, Stephan Langkawel, Palmaille 67, 22676 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt

Nebenintervenientin zu 6:
TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Palmaille 67, 22767 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Könnecke, Naujok, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt

Nebenintervenientin zu 1 und 2:
Berliner Sparkasse, vertreten durch den Vorstand: Dr. Johannes Evers (Vorsitzender), Volker Alt (Mitgleid des Vorstands), Hans Jürgen Kulartz (Mitglied des Vorstands), Tanja Müller-Ziegler (Mitglied des Vorstands), Alexanderplatz 2, 10178 Berlin

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Lindemann, Schwennicke & Partner, Lennéstraße 9, 10785 Berlin, Gz.: AC/IR/cr

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
EFC AG, vertreten durch d. Vorstand, Harrlachweg 1, 68163 Mannheim

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Peritus Rechtsanwaltsgesellschaft mbh, O4, 13-16 (Kunststraße), 68161 Mannheim, Gz.: 323/18S ad

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
ERG Immobilien- und Kapitalanlagen Vermittlung GmbH, vertreten durch d. Liquidator Eugen Hahn, Ziegetsdorfer Straße 116, 93051 Regensburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kunz-Hallstein, Galeriestraße 6a, 80539 München, Gz.: ERG/P/230/2017

Nebenintervenient zu 1 und 2:
NORD/LB Norddeutsche Landesbank, Friedrichswall 10, 30159 Hannover
vertreten durch den Vorstand

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 10445/17 -COS/sne

Nebenintervenientin zu 1 und 2:
Oldenburgische Landesbank AG, vertreten durch d. Vorstand, dieser vertreten durch Herrn Patrick Tessmann, Stau 15/17, 26122 Oldenburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Koch, Bahnhofstraße 8, 26122 Oldenburg, Gz.: 1068/17-04-Z

Nebenintervenient zu 1 und 2:
Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg, Schloßplatz 3, 38518 Gifhorn
vertreten durch den Vorstand

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Schulz, Noack, Bärwinkel, Baumwall 7, 20459 Hamburg, Gz.: 1825/17

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
Telis Finanz AG, vertreten durch d. Vorstand Martin Pöll, Ziegelsdorfer Straße 116, 93051 Regensburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Heberlein, Mack-Pfeiffer & Kollegen, Elisabethstraße 11, 80796 München, Gz.: 10867/17 D 16/374-17 EH/rs

Nebenintervenientin zu 1 und 2:
Volksbank Dortmund-Nordwest eG, vertreten durch d. Vorstand, Am Amtshaus 22, 44359 Dortmund

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Streitbörger PartGmbB, Heßlerstraße 40, 59065 Hamm, Gz.: 54/kam/0217/2796

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
eFonds24 AG, vertreten durch d. Vorstand Alexander Betz, Alberg-Roßhaupter-Straße 43, 81369 München

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Loh, Leipziger Platz 7, 10117 Berlin, Gz.: 0736/17.19

Nebenintervenientin zu 1 und 2:
wallstreet:online capital AG, vertreten durch d. Vorstand Thomas Soltau (Vorstandsvorsitzender) und Rene Krüger, Michaelkirchstraße 17/18, 10179 Berlin

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Wirth, Carmerstraße 8, 10623 Berlin, Gz.: 178/16B

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 14. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Beckmann, die Richterin am Oberlandesgericht Steinmetz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lohmann am 12.12.2018:

I.

Der Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 28.05.2016 (Az.: 310 OH 3/16) wird um folgende Feststellungsziele erweitert:

Der am 31.01.2007 herausgegebene Prospekt zur „Zweiten Beteiligungsgesellschaft Reefer-Flottenfonds mbH & Co. KG“ (im Folgenden: Fondsgesellschaft) ist unrichtig und unvollständig, soweit folgende Angaben nicht oder falsch dargestellt wurden:

1.
Die im Verkaufsprospekt in der Liquiditätsprognose prognostizierte Steigerungsrate der Schiffsbetriebskosten war bereits aus ex-ante Sicht nicht vertretbar und somit falsch.

2.
Der Emissionsprospekt enthält keine hinreichenden Hinweise auf die Risiken der Inanspruchnahme der Schiffsgesellschaften durch die Gläubiger der Charterer der Schiffe und es liegt insoweit ein erheblicher Prospektfehler vor.

3.
Die Darstellung des Marktes für Kühlschiffe ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil

a) die Angaben zur Kapazität der Flotte im Prospekt falsch sind;

b) der Prospekt nicht darstellt, dass der Faktor bezogen auf die Kapazität der Kühlcontainer auf Containerschiffen in 2006 noch das 4,4fache betragen hat und in nur drei Jahren auf das 7,3fache angestiegen ist;

c) der Prospekt nicht darüber aufklärt, dass das zukünftig feststehende Wachstum des Tonnageangebots das prognostizierte Wachstum des Containerumschlags deutlich übertrifft;

d) das Verschrottungspotenzial im Prospekt fehlerhaft dargestellt wird.

4.
Die Darstellung im Prospekt zur Sicherheit der Poolbeschäftigung ist irreführend, weil nicht nur die Information über die Höhe der marktüblichen Spotraten, sondern die über die Volatilität der Raten entscheidungserheblich ist.

5.
Die Darstellung im Prospekt zu den sonstigen Kosten ist unvertretbar, weil Selbstbehalte aus Versicherungsfällen nicht einkalkuliert waren und somit die Schiffsbetriebskosten fehlerhaft dargestellt worden sind.

6.
Die Darstellung im Prospekt über die historischen Einnahmen ist unzureichend und irreführend, weil

a) der Prospekt keine Angaben über die Nettoerträge aus der Zeitcharter enthält;

b) der Prospekt keine Angaben darüber enthält, welche Erträge der Reefer Pool generierte, aus dessen Gesamteinnahmen die Fondsschiffe ihren Anteil erhalten sollten;

c) der Prospekt unvollständig ist, da nur zwei von vier Einnahmemärkten in die Darstellung der Musterbeklagten im Prospekt eingeflossen sind;

d) der Prospekt die Nachteile des Reefer Pools verschweigt. Dabei handelt es sich um wesentliche Prospektfehler.

7.
Der Prospekt klärt nicht darüber auf, dass vier der Schiffe sechs Tonnen mehr Treibstoff pro Tag verbrauchen und damit zu teuer eingekauft sind.

8.
Der Prospekt klärt nicht darüber auf, dass im Fall einer Insolvenz des Charterers die Gesellschaft für Verbindlichkeiten des Charterers mit dem Schiff haftet. Es handelt sich um einen wesentlichen Prospektfehler.

9.
Der Prospekt klärt nicht über das Risiko von Subchartern auf. Dies ist ein wesentlicher Prospektfehler.

10.
Der Emissionsprospekt zu der streitgegenständlichen Beteiligung stellt nur unvollständig die rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den umweltrechtlichen Veränderungen dar und ist insoweit irreführend.

II.

Den Musterbeklagten und deren Nebenintervenienten wird Gelegenheit gegeben, bis zum 31.01.2019 zu der Begründung des Erweiterungsbeschlusses durch die Beigeladenen Stellung zu nehmen, soweit dies noch nicht geschehen ist.

III.

Allen Beteiligten wird aufgegeben, bei ihren künftigen Ausführungen deutlich herauszustellen, worauf sich die Ausführungen jeweils beziehen. Dabei sollen der Vorlage- bzw. Erweiterungsbeschluss als solcher und die darin aufgeführten Feststellungsziele mit ihren Ziffern jeweils angegeben werden.

Gründe:

Hinsichtlich der im Tenor aufgeführten weiteren Feststellungsziele liegen die Voraussetzungen des § 15 KapMuG für eine Erweiterung vor.

1.

Die Entscheidung der zugrundeliegenden Rechtsstreitigkeiten hängt von den weiteren Feststellungszielen ab, § 15 Abs. 1 Ziff. 1 KapMuG. Die Entscheidungserheblichkeit muss dabei im Erweiterungsantrag nicht dergestalt substantiiert dargelegt werden, dass einzelne Individualverfahren benannt und der dortige Sach- und Streitstand referiert werden müsste. Es reicht vielmehr aus, dass plausibel ist, dass sich das neue Feststellungsziel auf die Entscheidung eines ausgesetzten Individualverfahrens auswirken kann (vgl. Kölner Kommentar zum KapMuG/Vollkommer, 2. Aufl. § 15 Rdnr. 14). Diese Plausibilität ist hier schon deshalb zu bejahen, weil dem hiesigen KapMuG-Verfahren eine massenhafte Anzahl von Individualverfahren zugrunde liegt und die bisherigen Erfahrungen des Senats mit Kapitalanlageverfahren dahin gehen, dass Feststellungsziele der im Tenor genannten Art ganz regelmäßig eine entscheidungserhebliche Rolle spielen.

2.

Die Feststellungsziele betreffen auch den gleichen Lebenssachverhalt, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, § 15 Abs. 1 Ziff. 2 KapMuG. Diese Voraussetzung verlangt, dass das Musterverfahren nur um gleichgerichtete Feststellungsziele erweitert werden kann. Dabei kommt es nicht auf die einzelnen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen an, sondern auf die Identität des Prospektes, der haftungsbegründend erstellt oder verwendet worden sein soll (vgl. Kölner Kommentar zum KapMuG/Vollkommer, 2. Aufl. § 6 Rdnr. 8). Diese Voraussetzung liegt hier vor, weil die erweiterten Feststellungsziele sich auf geltend gemachte Unrichtigkeiten/Unvollständigkeiten des streitgegenständlichen Prospekts beziehen, die wesentlich sein sollen.

3.

Schließlich ist die Erweiterung der Feststellungsziele auch sachdienlich, § 15 Abs. 1 Ziff. 3 KapMuG. Es ist davon auszugehen, dass die weiteren Feststellungsziele für eine unbestimmte Anzahl gleich gelagerter Rechtsstreitigkeiten Bedeutung haben. Zum Teil ergibt sich die Sachdienlichkeit bereits daraus, dass es sich bei den weiteren Feststellungszielen um Präzisierungen und Erweiterungen der bereits im Vorlagebeschluss genannten Feststellungsziele handelt. Die Sachdienlichkeit der Erweiterung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass für einzelne Punkte bereits Entscheidungen von Instanzgerichten vorliegen. Diesen Entscheidungen fehlt die Verbindlichkeit für die Gesamtheit der Ausgangsverfahren. Soweit bei den einzelnen Feststellungszielen im Einzelnen noch ein gewisser Konkretisierungsbedarf besteht oder sich herausstellen sollte, kann er ebenso wie hinsichtlich der im Vorlagebeschluss enthaltenen Feststellungsziele im laufenden Verfahren präzisiert werden.

4.

Wenn die materiellen Erwiderungen vorliegen, soll zunächst einmal mündlich verhandelt werden, um die einzelnen Punkte dabei strukturiert zu besprechen.

Dr. Beckmann Steinmetz Dr. Lohmann
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht

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