Start Allgemein Urteil in der Strafsache gegen die Verantwortlichen der BWF Stiftung

Urteil in der Strafsache gegen die Verantwortlichen der BWF Stiftung

779

Nach 78 Verhandlungstagen und eineinhalb Jahren Zeugenbefragung, Urkundensichtung und rechtliche Diskussionen verkündete gestern das Landgericht Berlin das Urteil gegen die Verantwortlichen der BWF Stiftung. Bekanntlich war das Unternehmen nach einer Hausdurchsuchung und dem Auffinden von falschem Gold in die Insolvenz gefallen. Circa 6.600 Anleger hatten in den Jahren 2011-2015 Kaufverträge über Gold geschlossen. In einem ersten Strafverfahren wurde gegen sechs Angeklagte das Verfahren eröffnet. Nach dem Ausscheiden zweier Beteiligter (Anwalt und Wirtschaftsprüfer) verblieben vier Angeklagte, die heute allesamt verurteilt wurden. Es handelte sich um den Vertriebsleiter, den Steuerberater und Buchhalter, den Gründer, Gesellschafter, Ideengeber und Chef in Personalunion, der Goldhändler Gerald Saik, und um dessen Ehefrau, Hobbyheilerin und Esoterikerin, nebenberuflich Buchhalterin. Der Hauptangeklagte Saik hatte sich eingelassen und gestand im Sommer 2016, dass er den versprochenen Zwischenhandel nicht betrieben, sondern sich auf eine Minenbeteiligung verlassen habe. Er habe alle getäuscht: Mitarbeiter, Vertriebler, weitere Beteiligte und auch die sonstigen Angeklagten. Aufgrund des Vertragswerkes und der sonstigen Unterlagen war den Kunden versprochen worden, die Rendite durch Zwischenhandel mit dem Gold zu erwirtschaften.

Saik erhielt nun eine Strafe von sechs Jahren. Seine Ehefrau muss für fünf Jahre und fünf Monate ins Gefängnis. Diese hatte nach Auffassung des Gerichts aufgrund ihrer Tätigkeit in der Buchhaltung gewusst, dass kein Zwischenhandel stattfindet. Auch der Steuerberater und Angestellte der Rechtsanwaltskanzlei Kempkes muss für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Dieser hätte sich nach Auffassung des Gerichts zusammen mit dem Vertriebschef, der fünf Jahre Gefängnisstrafe erhielt, 2011 zusammengetan, um als Viererbande einen gewerbsmäßigen Betrug zu begehen. Der Behauptung von Saik glaubte das Gericht nicht.

Das Schneeballsystem sei sehr gut gemacht gewesen und habe in die Zeit gepasst. Viele Anleger seien wegen der niedrigen Zinsen auf der Suche gewesen nach anderen Produkten. Die vier Angeklagten hätten viele Opfer in den finanziellen Ruin getrieben. Das Gericht konstatierte, dass man nicht 6.600 Opfer hören könne; die geladenen Zeugen hätten aber teilweise sehr eindrucksvoll erzählt, was der Vermögensverlust für diese bedeutet. Auch die Vertriebler seien Opfer, die jetzt häufig verklagt werden würden. Das Gericht zeigte sich betroffen von den vielen Schicksalen.

Es würde noch Jahre dauern, das Verfahren der Insolvenz durchzuführen. Das Gericht glaubte den Angeklagten nicht, dass sie nicht wollten, dass ein Schaden für die Anleger entsteht. Strafmildernd wurde zwar eingeräumt, dass das Vermögen angeschafft wurde, insbesondere Gold und Immobilien gekauft sowie Beteiligungen. Man habe aber überhaupt nicht darauf geachtet und keine Beweise dafür finden können, wie die Rechnung am Ende für die Anleger aufgehen sollte. Das Gericht habe schnellstmöglich gearbeitet, es sei allerdings so, dass die Strafprozessordnung Beweise und Sorgfalt verlangen würde. Man hätte sich durch Terrabytes an Daten durcharbeiten müssen. Die Kritik an der langsamen Arbeit der Staatsanwaltschaft und dem Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen teilte das Gericht nicht. Bekanntlich saß die Aufsicht von Anfang an mit an Bord. Man wisse, dass die Strafe für manche Anleger nicht ausreichend sei. Diese Sichtweise sei allerdings in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht tragend. Nach Anwendung des Gesetzes sei unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der Tatbeteiligung, des Lebensalters etc. die Strafe angemessen. Zudem müsse man berücksichtigen, dass alle bereits in Untersuchungshaft gesessen haben. Das Urteil kann jetzt mittels Revision am Bundesgerichtshof binnen einer Woche angefochten werden.

Mit dieser Entscheidung hat sich die Staatsanwaltschaft Berlin im wesentlichen durchgesetzt. Diese hatte im Verfahren argumentiert, dass es bei einem Organisationsdelikt nicht auf die einzelnen Tatbeiträge ankommt, sondern auf die Bandenabrede. Die drei Angeklagten neben dem Herrn Saik wollten für sich einen Freispruch, da sie nicht gewusst hätten, dass die Minenbeteiligung nicht ergiebig gewesen wäre. Diese Variante hielt das Gericht nicht für glaubwürdig. Es ist davon auszugehen, dass die Angeklagten das Urteil mittels Revision anfechten werden.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein