Start Politik Deutschland Änderungen im Kleinanlegerschutzgesetz – was bedeutet das vor allem für das Crowdfunding?

Änderungen im Kleinanlegerschutzgesetz – was bedeutet das vor allem für das Crowdfunding?

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Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz sollen Privatpersonen bei der Geldanlage geschützt werden, insbesondere wenn sie auf dem sogenannten Grauen Kapitalmarkt investieren. Gemeint ist damit der Teil des Kapitalmarkts, der keiner stattlichen Finanzaufsicht unterliegt, etwa Immobilienfonds, Immobilienanlagen oder Crowdfunding. Bei dieser auch als Schwarmfinanzierung bezeichneten Kapitalanlage stehen neue Projekte und Geschäftsideen im Vordergrund. Der Gründer eines Start-ups oder eines Projekts spezifiziert einen Betrag, der für die Umsetzung der Idee benötigt wird. Auf Crowdfunding-Plattformen können Privatpersonen und Unternehmen dann einen Teil des Budgets „beisteuern“ und erhalten dafür später eine Gegenleistung, etwa Sachleistungen, verzinste Rückzahlungen, Rechte oder ideelle Gegenleistungen, wie das Erwähnen des Namens in einem Film. Problematisch hierbei war bisher, dass Anleger mit der Investition über Crowdfunding-Plattformen ein nicht zu unterschätzendes Risiko eingingen, denn sie waren nicht gesetzlich gegen einen möglichen Kapitalverlust geschützt. Eine Revision des Kleinanlegerschutzgesetz soll dies nun ändern.

Was soll das Kleinanlegergesetz verändern?

Das Kleinanlegerschutzgesetz soll Anleger vor unseriösen Kapitalmarktangeboten bewahren. Einige Formen des zunehmend beliebten Crowdfunding ähneln klassischen Kapitalanlagen und haben als solche die Vorgaben für Kapitalanlageformen zu beachten. Das galt bisher etwa dann, wenn Firmenbeteiligungen eine Rolle spielten. Zunehmend drängen neue Crowdfunding-Plattformen auf den Markt, die es für Normalbürger einfach machen, sich mit wenigen Klicks an Anlagen zu beteiligen auch an solchen, die bisher vom Anlegerschutz nicht erfasst wurden. Es besteht hierbei jedoch das Risiko des Totalverlusts der Anlage, was Personen, die sich ansonsten wenig mit Kapitalanlageformen beschäftigten, nicht immer bewusst war. Dies rief den Gesetzgeber auf den Plan. Schließlich wurde das Kleinanlegerschutzgesetz revidiert und ab dem 1. Juli 2015 schrittweise in seiner geänderten Form umgesetzt.

Änderungen im Kleinanlegerschutzgesetz

Die wichtigsten Änderungen betreffen die Prospektpflicht, eine Obergrenze für Investments, das Vermögensanlageinformationsblatt, das Widerrufsrecht und den Risikohinweis. Zukünftig gilt für Investitionsvorhaben ab einer Höhe von 2,5 Millionen Euro die Pflicht, ein Vermögensanlageprospekt vorzulegen (Prospektpflicht). Einzelinvestments von Privatpersonen werden auf 10.000 Euro begrenzt (Obergrenze). Ab einem Investment von 1.000 Euro muss der Investor eine verpflichtende Selbstauskunft abgeben und mit dieser versichern, dass er über freies Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt oder bestätigen, dass er nicht mehr als den doppelten Wert seines monatlichen Nettoeinkommens investieren wird. Weiterhin gilt, dass Anleger sich mit einem Vermögensanlageinformationsblatt über die Produkte informieren und über diese Bescheid wissen. Diese Bestätigung kann online erfolgen. Das Investment kann mit einem Widerruf von 14 Tagen wieder zurückgezogen werden. Zudem muss die Werbung für Crowdinvestments zukünftig mit einem Warn- und Risikohinweis versehen werden, der auf das Verlustrisiko hinweist.

Ausnahmen für Investments unter 2,5 Millionen Höhe

Wenn das Volumen aller finanzierter Unternehmen und angebotener Vermögensanlagen bei einem Crowdfunding-Anbieter 2,5 Millionen nicht übersteigt, dann gelten diverse Erleichterungen und viele Beschränkungen der Neukonzeption des Kleinanlegerschutzgesetzes entfallen. Ob sich diese Regelung so nutzen lässt, ein Projekt durch mehrere Finanzierungsrunden bei verschiedenen Anbietern zu starten, ist aktuell noch unklar. Es wird sich zukünftig entscheiden, ob der Gesetzestext an dieser Stelle nachgebessert werden muss. Werden die 2,5 Millionen überschritten, dann greift die Prospektpflicht. Der Prospekt ist 12 Monate gültig und wird mit anwaltlicher Hilfe erstellt, was mit einem Kostenaufwand einhergeht. Dadurch wird es Anlegern erleichtert, die Risiken einer Anlage korrekt einzuschätzen und eine fundierte sowie risikobewusste Entscheidung zu treffen. Die Verantwortung bleibt jedoch beim Anleger, denn wenn ein Verlust eintritt, dann muss er diesen selbst tragen. Weiterhin müssen Anleger beachten, dass die Crowdfunding-Plattformen nicht von der Bankenaufsicht kontrolliert werden. Die Anbieter müssen bei der Bankenaufsicht lediglich ein Prospekt hinterlegen und diesen später veröffentlichen, wenn die Aufsichtsbehörde ihn gebilligt hat. Will ein Anbieter eine Vermögensanlage länger als 12 Monate auf dem Markt lassen, dann muss der Prospekt erneut von der Bankenaufsicht genehmigt werden. Inhalte des Prospekts sind der Zielmarkt, der mit einer Anlageform erreicht werden soll, Angaben zu Ertragslage, Vermögens- und Finanzlage, Informationen dazu, wie die Pflichten zur Zins- und Rückzahlung erfüllt werden und Angaben zur Anlegergruppe, die angesprochen werden soll, insbesondere mit Informationen zu Verlustrisiken.

Transparenzpflichten

Auch nach Ende des öffentlichen Angebots müssen Anbieter alles veröffentlichen, was die Erfüllung der Zahlungspflicht gegenüber den Anlegern beeinträchtigen sollte. Anbieter sind verpflichtet, Geschäftsvorfälle mit erheblichen Auswirkungen zu berichten. Dazu zählen Vorfälle, die sich auf die Geschäftsaussichten des aktuellen Geschäftsjahres auswirken und Vorfälle, die einer drohenden Insolvenz gleichkommen. Die Nachträge sind in Textform zu kennzeichnen und müssen durch die Bankenaufsicht gebilligt werden. Der Anbieter muss der Bankenaufsicht weiterhin die Beendigung des Angebots sowie die vollständige Tilgung der Vermögensanlagen mitteilen, also bekannt geben, wenn alle Anleger ihre Gelder erhalten haben.

Anlagegrenze bis 10.000 Euro für Privatpersonen

Die Obergrenze des Anlagebetrages wird pro Anleger auf 10.000 Euro gesetzt. Dies gilt für Privatanleger, die keine Kapitalgesellschaft darstellen. Bereits ab einem Betrag von 1.000 Euro Anlagesummer muss der Anleger eine Selbstauskunft abgeben gegenüber der Plattform oder dem Verantwortlichen für das Sammeln der Crowdfunding-Summe. Diese Auskunft beinhaltet die Aussage, dass der Anleger entweder über 100.000 Euro frei verfügbares Vermögen verfügt oder nicht mehr als zwei Monats-Nettogehälter investieren will. Die Form der Erklärung ist nicht vorgeschrieben und wird vermutlich vor allem webbasiert umgesetzt, d.h. dass die Bestätigung mit einem Klick erfolgen soll. Kapitalgesellschaften werden eine andere Regelung erhalten und nicht mit einer Höchstgrenze bei den Investments reglementiert.

Ausnahmen vom Kleinanlegergesetz

Trotz Inkrafttretens des neuen Kleinanlegerschutzgesetzes existieren Ausnahmen für partiarische Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen. In diesen Fällen kann eine prospektfreie Platzierung zugelassen sein. Wenn kapitalsuchende Unternehmen oder Start-ups bei den Finanzinstrumenten nicht über 20 Kapitalgeber bzw. Investoren pro Finanzinstrument an ihrem Projekt oder Unternehmen beteiligen, dann regelt das Vermögensanlagegesetz, dass das Kapitalersuchen ohne Prospekt und ohne Überwachung durch die Bankenaufsicht platziert werden kann. Entscheidend ist die Anzahl der Anteile, nicht die Höhe des Investments. Es dürfen 20 stille Geschäftsanteile, 20 Genussrechte, 20 Kommanditanteile oder 20 partiarische Darlehensanteile und 20 Nachrangdarlehensanteile ohne Beschränkungen platziert werden. Jeder Investor darf dabei nur jeweils einen Anteil zeichnen. Die Investmenthöhe ist irrelevant. Hier besteht also eine Geringfügigkeitsgrenze. Die prospektfreie Platzierung bei mehr als 20 Anteilen ist nur dann möglich, wenn dies über Crowdinvesting Portale geschieht und ein maximales Volumen von 2,5 Millionen Euro eingehalten wird.

Erlaubnisse für den Vertrieb der Vermögensanlagen

Der Vertrieb von Vermögensanlagen wird neu festgelegt. Bislang konnten Inhaber einer Maklerlizenz und Vermittler nach der Gewerbeordnung ohne Sachkundenachweise Darlehen vermitteln. Dies wurde nun verschärft. Für klassische Darlehen, wie eine Baufinanzierung, reicht die Lizenz nach der Gewerbeordnung nach wie vor aus. Dies gilt aber nicht mehr für die Vermittlung von Gewinnanteilen, wie diese beim Crowdfunding oft als Gegenleistung für die Investitionen in Aussicht gestellt werden. Online Crowdinvestment-Plattformen brauchen nun eine Erlaubnis für Vermögens- und Finanzanlagen, wie diese in der Gewerbeordnung beschrieben wird. Dabei unterscheidet das Gesetz die Reichweite der Erlaubnis. Eine umfangreiche Erlaubnis für Wertpapiere und Vermögensanlagen ermöglicht den Plattformen ein breites Vermittlungsangebot.

Warnhinweise und Widerrufsrecht, aber kein Werbeverbot

Anlagen in Crowdfunding-Projekte dürfen beworben werden. Dies gilt unabhängig vom Werbemedium und Werbekanal. Somit darf die Werbung auch in sozialen Medien, wie Facebook oder Twitter stattfinden. Allerdings müssen deutliche Hinweise auf eventuelle Risiken kommuniziert werden. Hierzu muss der Warnhinweis angegeben sein, dass der Erwerb der Vermögensanteile mit erheblichen Risiken verbunden ist und bis zum Verlust des investierten Vermögens führen kann. Als weiterer Schutzmaßnahme ist ein Widerrufsrecht von 14 Tagen vorgesehen, was dem Widerrufsrecht im Fernabsatzgesetz ähnelt. Weiterhin wird die Verjährung von Ansprüchen, etwa bei einem Vertragsverstoß, auf ein Minimum von nun drei Jahren festgelegt.

Fazit für das neue Crowdfunding

Das Kleinanlegerschutzgesetz professionalisiert das deutsche Crowdfunding. Crowdfunding hat ein großes Wachstumspotenzial und damit diese Ressource genutzt werden kann, ist es wichtig, das Vertrauen der Investoren durch klare gesetzliche Vorgaben zu erhalten. Dazu hat das revidierte Kleinanlegerschutzgesetz entscheidend beigetragen. Es lässt aber weiterhin Ausnahmen und Lücken zu.

1 Kommentar

  1. Ein Artikel zum Thema, das schon 1,5 Jahre alt ist??

    Redaktion: Wenn Sie darauf anspielen, dass das Kleinanlegerschutzgesetz im Juli 2015 in Kraft trat, haben Sie recht. Allerdings sind seitdem einige Änderungen vorgenommen wurden; die letzte trat Anfang 2017 in Kraft.

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