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Allianz und Arroganz

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Das Landgericht Stuttgart hat die Überschussklauseln in den Riester-Rentenversicherungsverträgen der Allianz mit Urteil vom 25. April 2013 für intransparent und unwirksam erklärt (Az.: 11 O 231/12). Geklagt hatten der Bund der Versicherten (BdV) und die Verbraucherzentrale Hamburg gemeinsam. Zuvor hatten die beiden Verbraucherschutzorganisationen die Allianz Lebensversicherung per Abmahnung aufgefordert, die klassische Riester-Rente in der derzeitigen Form nicht mehr zu vertreiben. Die Verbraucherschützer waren nach Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klauseln dem Versicherungsvertragsgesetz widersprechen und Ältere, Kinderreiche und Geringverdiener diskriminieren. „Das Urteil ist ein großer Erfolg für den Verbraucherschutz“, freut sich Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. Obwohl der Versicherer bereits seit September 2011 von den Vorwürfen wusste, ist er nicht tätig geworden. „Das hat uns gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten“, so Tobias E. Weissflog, Vorstandsvorsitzender des BdV, „und wird sich jetzt für alle betroffenen Verbraucher auszahlen.“

Hintergrund des Verfahrens sind die sogenannten Kostenüberschüsse, die das Unternehmen regelmäßig erwirtschaftet und an denen die Kunden zu beteiligen sind. Sie entstehen dadurch, dass der Versicherer erst einmal überhöhte Kosten einkalkuliert, diese dann aber nicht vollständig verbraucht. Bei dem Allianz-Angebot werden aber nur diejenigen an diesen Überschüssen beteiligt, die aus ihren sogenannten Eigenbeiträgen eine Mindestsparsumme von 40.000 Euro erreichen. Das ist bei der Riester-Rente aber besonders für Ältere, Kinderreiche oder Geringverdiener oft schwer möglich. „Vor allem diejenigen, die eigentlich besonders auf die staatlich geförderte Zuschussrente angewiesen sind, hatten also keine Chance, diese Kostenüberschüsse zu erhalten“, so Weissflog. Bei einem durchschnittlichen Vertrag können das etwa 3.500 Euro sein, die dadurch weniger für die Rente zur Verfügung stehen. Weiteres Problem: Nur wer sich durch die Verbraucherinformationen, die Versicherungsbedingungen und den Geschäftsbericht der Allianz Lebensversicherung arbeitet, kann die besonderen Regelungen zur Kostenüberschussbeteiligung überhaupt erkennen. Für einen normalen Verbraucher ist dies unmöglich. „Was sich die Allianz hier erlaubte, ist eine besonders krasse Form der Intransparenz“, so Hörmann. Der Verbraucher muss sieben unterschiedliche Textstellen finden, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass die in den Versicherungsbedingungen versprochene lediglich hälftige Beteiligung an den Kostenüberschüssen nur bekommt, wer ein Garantiekapital in Höhe von 40.000 Euro erreicht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob die Allianz in die Berufung gehen wird, ist nicht bekannt.

Hintergrund
Ältere, ärmere und kinderreiche Kunden der Allianz, die einen Riester-Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen haben, werden nur eingeschränkt an Überschüssen beteiligt. Das hat unsere gemeinsam mit dem Bund der Versicherten durchgeführte Analyse von kleingedruckten Vertragsinformationen und vom Geschäftsbericht des Versicherungskonzerns ans Licht gebracht.

Kaum Überschüsse für ärmere, ältere oder kinderreiche Allianz-Kunden
Versicherungskunden werden normalerweise an den Überschüssen der Versicherungsgesellschaft beteiligt. Dazu gehören auch die sogenannten Kostenüberschüsse, die entstehen, wenn ursprünglich kalkulierte Kosten unterschritten werden. Davon steht Ihnen als Versicherungsnehmer mindestens die Hälfte zu.

Nicht so bei den Riester-Kunden der Allianz. Kostenüberschüsse bekommen nur diejenigen, deren „Garantiekapital“ größer als 40.000 Euro ist – eine kaum erreichbare Grenze für ärmere, ältere oder kinderreiche Kunden. Diese Benachteiligung weiß die Allianz gut zu verbergen. Im Kleingedruckten heißt es zwar, dass die Kunden an den Überschüssen beteiligt werden, doch erst nach einer Schnitzeljagd durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, Versicherungsinformation und Geschäftsbericht erfährt man von der faktischen Ungleichbehandlung, die überdies gegen das Versicherungsrecht verstößt.

3.500 Euro weniger zu Rentenbeginn
Der Bund der Versicherten schätzt, dass dem Allianz-Riester-Kunden damit ein Betrag von bis zu 3.500 Euro zu Rentenbeginn nicht zur Verfügung steht. Die so entstehende soziale Schieflage eines staatlich geförderten Produkts ist unerträglich. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Versichertenschutzverein aus dem Norden den Marktführer Allianz abgemahnt und aufgefordert, die Ungleichbehandlung seiner Kunden zu beenden. Mit diesem Verfahren starten wir eine Offensive, die intransparenten und benachteiligenden Klauseln zur Überschussbeteiligung auf den Prüfstand zu stellen.

Quelle:VBZ Hamburg

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