Die europäische Weinwelt steht unter Druck: Klimawandel, sinkende Nachfrage und drohende Strafzölle erschüttern eine traditionsreiche Branche. Um dem entgegenzuwirken, will die EU-Kommission jetzt umfassend gegensteuern – mit einem Maßnahmenpaket, das Winzerinnen und Winzern in ganz Europa neue Perspektiven eröffnen soll.
Die Herausforderungen sind vielfältig: Infolge der globalen Erwärmung müssen Rebsorten und Anbaumethoden angepasst werden, während gleichzeitig der Konsum insbesondere von Rotwein in Südeuropa spürbar zurückgeht. Hinzu kommt die Unsicherheit auf dem Weltmarkt – nicht zuletzt durch die Androhung von massiven US-Zöllen auf europäische Wein- und Schaumweinerzeugnisse.
Maßnahmen gegen Überproduktion und Marktverzerrung
Um der wachsenden Überproduktion entgegenzuwirken, sollen Mitgliedstaaten künftig gezielt Maßnahmen wie Rodungen oder die sogenannte „grüne Weinlese“ fördern dürfen. Dabei werden überschüssige oder unreife Trauben vor der eigentlichen Ernte entfernt – ein Mittel, um Qualität zu sichern und den Markt nicht mit billigem Überangebot zu überschwemmen.
Solche Strategien sind in einigen Ländern bereits Realität: Frankreich etwa hat bereits 2023 eine Rodungsprämie von 4.000 Euro pro Hektar eingeführt. Über 27.000 Hektar Rebfläche sollen dort bis 2029 nicht mehr neu bepflanzt werden. Die EU hat hierfür 120 Millionen Euro an staatlicher Unterstützung genehmigt – ein Schritt, der Schule machen könnte.
Tourismus, Kennzeichnung, Klimawandel – die EU denkt langfristig
Doch es geht der EU nicht nur ums Kürzen, sondern auch ums Fördern: So soll der Weintourismus gezielt gestärkt werden – als Chance für wirtschaftliche Belebung im ländlichen Raum. Gleichzeitig plant die Kommission eine harmonisierte EU-weite Kennzeichnung, um den Handel innerhalb und außerhalb der Union zu erleichtern und etwa auch alkoholreduzierte oder alkoholfreie Weine besser sichtbar zu machen.
Angesichts des Klimawandels sollen zudem die Förderrichtlinien für klimaresiliente Weinbauprojekte reformiert werden. Die finanzielle Unterstützung soll gezielter fließen – etwa in die Forschung an robusteren Rebsorten, in Wassermanagement oder in Schutzsysteme gegen extreme Wetterereignisse.
„Der Wein gehört zu unserer Kultur“
„Die EU ist weltweit führend in der Weinproduktion – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell“, erklärte EU-Agrarkommissar Christophe Hansen. „Weinberge prägen unsere Landschaften, unsere Lebensart und unsere Geschichte. Deshalb müssen wir sie mit Verantwortung in die Zukunft führen.“
Hansen zeigte sich überzeugt, dass das Maßnahmenpaket den Markt stabilisieren könne – vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament ziehen mit. Die neuen Regelungen sollen, sofern sie verabschiedet werden, Ende 2025 oder Anfang 2026 in Kraft treten.
Eine Branche im Umbruch – aber nicht ohne Hoffnung
Die Zeichen stehen auf Wandel. Die Steiermark etwa hat bereits Schritte gesetzt, wie sie die EU nun vorschlägt: Begrenzte Neuauspflanzungen, Förderung von Qualität statt Masse, und eine stärkere touristische Einbindung der Weingüter. „Die Winzerinnen und Winzer sind mit diesen Maßnahmen sehr zufrieden“, betonte Stefan Potzinger, Obmann von Wein Steiermark.
Auch wenn der weltweite Weinkonsum insgesamt zurückgeht, steigt zugleich das Interesse an Raritäten, biologischem Anbau und authentischer Herkunft. Der Weg der Zukunft könnte weniger Menge, aber mehr Qualität bedeuten – und eine Rückbesinnung auf das, was den europäischen Wein so einzigartig macht.