Die WSB Windpark Reußen GmbH & Co. KG hat ihren Jahresabschluss für 2023 vorgelegt. Die Bilanzsumme hat sich mit 4,34 Millionen Euro mehr als verdoppelt, verglichen mit 1,63 Millionen Euro im Vorjahr. Dies deutet auf eine deutliche Veränderung der finanziellen Lage hin. Die zentrale Frage ist, ob dies ein nachhaltiges Wachstum oder eine vorübergehende Liquiditätsverschiebung ist.
1. Eigenkapitalentwicklung und finanzielle Stabilität
Das Eigenkapital hat sich auf 2,96 Millionen Euro mehr als verdreifacht (Vorjahr: 898.309 Euro). Dies ist grundsätzlich positiv, da eine höhere Eigenkapitalquote die finanzielle Stabilität verbessert.
Allerdings ist auffällig, dass das Eigenkapital nicht durch Gewinne, sondern durch eine deutliche Erhöhung der Kapitalanteile der Kommanditisten aufgestockt wurde. Die Bilanz weist weiterhin keinen Bilanzgewinn aus, was darauf hinweist, dass das Unternehmen keine nennenswerten operativen Erträge erzielt hat.
Die Kapitalstruktur zeigt auch, dass das Kapitalkonto III, das vorher mit -4,00 Millionen Euro negativ war, nun auf -1,94 Millionen Euro reduziert wurde. Dies könnte auf eine Restrukturierung oder Kapitalzufuhr durch die Kommanditisten hindeuten, bleibt aber ohne weitere Erläuterungen unklar.
2. Entwicklung von Anlage- und Umlaufvermögen
Das Anlagevermögen bleibt mit nur 1 Euro konstant, was darauf hindeutet, dass keine materiellen Sachwerte wie Windkraftanlagen bilanziert sind.
Das Umlaufvermögen ist stark gestiegen, von 1,63 Millionen Euro auf 4,30 Millionen Euro, hauptsächlich durch:
Erhöhte Forderungen (1,73 Millionen Euro, Vorjahr: 590.948 Euro), was darauf hindeutet, dass das Unternehmen Forderungen aus Stromerlösen verbucht hat.
Höhere Bankguthaben (2,56 Millionen Euro, Vorjahr: 1,03 Millionen Euro), was auf eine verbesserte Liquidität hinweist.
Diese Liquiditätssteigerung ist jedoch nicht durch operative Gewinne entstanden, sondern möglicherweise durch neue Kapitaleinlagen oder eine Umschichtung von Mitteln.
3. Schuldenlast und Finanzierungsrisiken
Die Verbindlichkeiten sind von 151.274 Euro auf 654.065 Euro angestiegen, was einer Vervierfachung der Schulden entspricht.
Besonders auffällig:
126.168 Euro der Verbindlichkeiten bestehen gegenüber Gesellschaftern (Vorjahr: 24.605 Euro), was darauf hinweist, dass das Unternehmen kurzfristig von den eigenen Gesellschaftern finanziert wird.
Die kurzfristigen Verbindlichkeiten haben sich massiv erhöht, was darauf hindeutet, dass finanzielle Verpflichtungen innerhalb eines Jahres beglichen werden müssen.
Die langfristigen Schulden bleiben jedoch niedrig, da alle Verbindlichkeiten innerhalb eines Jahres fällig sind. Dies bedeutet, dass das Unternehmen aktuell keine langfristige Finanzierungsstrategie verfolgt und möglicherweise auf Kapitalnachschüsse angewiesen bleibt.
4. Operative Erträge und Risiken
Ein kritischer Punkt ist, dass kein Bilanzgewinn ausgewiesen wird, trotz der verbesserten Liquidität.
Die offenen Forderungen aus Stromerlösen für Dezember 2023 sind ein Zeichen dafür, dass das Unternehmen Einnahmen generiert, aber:
Es bleibt unklar, ob diese Einnahmen nachhaltig und ausreichend sind, um die Verbindlichkeiten zu decken.
Es gibt keine Angaben zu laufenden Betriebskosten oder potenziellen Abschreibungen, was für Anleger wichtig wäre, um die Ertragskraft des Unternehmens realistisch einzuschätzen.
Ein weiteres Risiko sind die finanziellen Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen, darunter:
81.000 Euro aus Wartungs- und Betriebsführungsverträgen
30.100 Euro aus Pacht- und Nutzungsverträgen
55.100 Euro aus sonstigen Dauerschuldverhältnissen
Diese laufenden Verpflichtungen müssen gedeckt werden, und es bleibt fraglich, ob die Liquidität dafür ausreicht.
5. Unternehmensführung und Transparenz
Das Unternehmen wird von der WSB Erste Verwaltungs GmbH geführt, die über ein gezeichnetes Kapital von nur 25.000 Euro verfügt. Dies bedeutet, dass keine wesentliche finanzielle Haftungsmasse der Geschäftsführung vorhanden ist, falls es zu finanziellen Problemen kommt.
Die Geschäftsführung wechselte zum 01.01.2024 von Dr. Mathias Harnack zu Andreas Kiß, was auf eine mögliche Neuausrichtung der Unternehmensstrategie hindeutet.
Allerdings fehlt es im Bericht an klaren Aussagen zur weiteren Unternehmensentwicklung oder geplanten Investitionen.
6. Fazit: Starke Liquidität, aber unklare Nachhaltigkeit
Die finanzielle Situation der WSB Windpark Reußen GmbH & Co. KG hat sich 2023 deutlich verändert, mit einer massiven Erhöhung der Bilanzsumme und der Liquidität.
Positiv:
✅ Eigenkapital hat sich verdreifacht, was die finanzielle Stabilität erhöht.
✅ Liquidität deutlich gestiegen, mit hohen Bankguthaben.
✅ Forderungen aus Stromerlösen deuten auf laufende Einnahmen hin.
Negativ:
❌ Kein Bilanzgewinn, was auf eine unklare Ertragslage hinweist.
❌ Anstieg der Verbindlichkeiten um mehr als 400 %, größtenteils kurzfristige Schulden.
❌ Keine langfristige Finanzierungsstrategie, hohe Abhängigkeit von Kapitalnachschüssen.
❌ Fehlende Angaben zur Profitabilität des Geschäftsmodells, keine klaren Investitionspläne.
Empfehlung für Anleger
Anleger sollten kritisch prüfen, ob die steigende Liquidität tatsächlich durch nachhaltige operative Erträge gedeckt ist oder ob es sich um eine vorübergehende Kapitalzufuhr der Gesellschafter handelt.
Wichtige Fragen, die geklärt werden sollten:
Wie hoch sind die tatsächlichen Einnahmen aus dem Windparkbetrieb?
Wird das Unternehmen langfristig Gewinne erzielen oder bleibt es auf Kapitalnachschüsse angewiesen?
Welche Investitionen oder strategischen Maßnahmen sind für die kommenden Jahre geplant?
Da das Unternehmen trotz steigender Liquidität keinen Gewinn ausweist, bleibt es ein spekulatives Investment mit unsicheren Zukunftsaussichten. Anleger sollten daher weitere Transparenz über die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Geschäftsmodells einfordern, bevor sie eine Investition in Betracht ziehen.