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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zum Thema „CFD-Trading und die Risiken für Privatanleger“

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Tumisu (CC0), Pixabay

AVATrade Angebot

Moderatorin: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich wieder die Zeit nehmen. Heute geht es um ein spezifisches Angebot, das den CFD-Handel und Schulungen für Anfänger bewirbt. Im Kleingedruckten des Anbieters wird darauf hingewiesen, dass 63% der Privatanleger-Konten beim Trading von CFDs Geld verlieren. Zudem werden in dem Text potenzielle Vorteile von Hebelprodukten hervorgehoben, wie die Möglichkeit, mit kleinen Einsätzen große Gewinne zu erzielen. Was ist Ihre erste Einschätzung zu diesem Angebot aus der Sicht eines Anlegers?

Jens Reime: Vielen Dank für die Einladung. Auf den ersten Blick fällt natürlich die sehr hohe Verlustquote von 63% auf, die der Anbieter selbst angibt. Das ist ein klarer Indikator dafür, dass der CFD-Handel für die meisten Privatanleger mit erheblichen Risiken verbunden ist. Leider werden solche Statistiken oft in den Hintergrund gestellt oder nur beiläufig erwähnt, während die potenziellen Gewinne und die Hebelwirkung stark in den Vordergrund gerückt werden. Diese Hebelprodukte können theoretisch große Gewinne bringen, aber in der Realität sind sie für die meisten Anleger äußerst riskant, da schon kleine Marktbewegungen zu erheblichen Verlusten führen können – oft über das investierte Kapital hinaus.

Moderatorin: Der Anbieter erwähnt auch, dass der Einsatz von Hebelwirkung potenziell höhere Gewinne ermöglichen kann, aber gleichzeitig das Risiko besteht, große Verluste zu erleiden. Wie bewerten Sie den Umgang mit diesen Informationen aus rechtlicher Sicht?

Jens Reime: Rechtlich gesehen muss ein Anbieter solche Risikohinweise klar und verständlich kommunizieren. In diesem Fall scheint das Unternehmen seiner Informationspflicht auf den ersten Blick nachzukommen, da es die Risiken der Hebelwirkung und die Verluste der meisten Privatanleger-Konten anspricht. Doch in der Praxis sehe ich oft, dass diese Warnhinweise nicht ausreichend beachtet werden, vor allem, weil sie für unerfahrene Trader oft nicht konkret genug sind. Viele Anleger verstehen nicht, dass der Einsatz von Hebelprodukten dazu führen kann, dass sie nicht nur das investierte Geld verlieren, sondern sogar nachzahlen müssen. Das Kleingedruckte wird oft überlesen oder nicht vollständig verstanden, und genau das macht den CFD-Handel für Privatpersonen so gefährlich.

Rechtlich betrachtet ist es außerdem problematisch, wenn die Plattform die Risiken nur oberflächlich darstellt und gleichzeitig die Vorteile von Hebelprodukten stark betont. Die Anbieter bewegen sich hier auf einer schmalen Linie zwischen legaler Werbung und potenziell irreführenden Aussagen, da viele Anfänger die wahre Tragweite dieser Risiken schlichtweg unterschätzen.

Moderatorin: Der Anbieter präsentiert auch eine Vielzahl von Schulungen und Tools, die darauf abzielen, Anfängern das Trading beizubringen, und betont, dass eine gute Ausbildung das Risiko reduzieren kann. Reicht das aus, um die Risiken des CFD-Tradings zu minimieren?

Jens Reime: Schulungen und Webinare können natürlich dazu beitragen, dass Trader ein besseres Verständnis für den Markt und die Funktionsweise von Produkten wie CFDs entwickeln. Allerdings besteht das Problem darin, dass selbst die beste Schulung nicht die inhärenten Risiken des CFD-Handels beseitigen kann. Es ist eine Sache, das theoretische Wissen zu erwerben, aber eine ganz andere, dieses Wissen in einem hochvolatilen und spekulativen Markt umzusetzen.

In der Praxis sehe ich häufig, dass gerade Anfänger sich nach solchen Schulungen in falscher Sicherheit wiegen. Sie glauben, durch das Erlernte seien sie gut auf den Markt vorbereitet, während die Realität zeigt, dass sie mit den emotionalen und psychologischen Herausforderungen des Tradings überfordert sind. Es gibt auch Studien, die darauf hinweisen, dass selbst erfahrene Trader Schwierigkeiten haben, auf lange Sicht profitabel zu handeln. Die angebotenen Schulungen können also nur bis zu einem gewissen Punkt helfen, das Risiko zu minimieren, aber sie beseitigen die grundlegenden Probleme von CFDs und anderen Hebelprodukten nicht.

Moderatorin: In dem Angebot wird ebenfalls betont, dass mit CFDs sowohl auf steigende als auch auf fallende Märkte gesetzt werden kann, was für viele Anleger attraktiv klingt. Sehen Sie darin ebenfalls Gefahren?

Jens Reime: Absolut. Die Möglichkeit, auf fallende Kurse zu setzen – also eine sogenannte Short-Position einzugehen – mag verlockend klingen, ist aber ebenfalls mit enormen Risiken verbunden. Im Gegensatz zu einer Long-Position, bei der der Verlust auf den Einsatz begrenzt ist, sind die Verluste bei Short-Positionen theoretisch unbegrenzt. Wenn der Markt entgegen den Erwartungen des Traders stark steigt, kann es zu extrem hohen Verlusten kommen. Viele Anfänger sind sich dieser Gefahr nicht bewusst und konzentrieren sich vor allem auf die potenziellen Gewinne.

Hinzu kommt, dass Short-Trading und der Einsatz von Hebelwirkung oft Hand in Hand gehen, was die Risiken zusätzlich verstärkt. Trader setzen also nicht nur auf eine riskante Marktbewegung, sondern tun dies auch noch mit geliehenem Kapital, was die Verluste exponentiell erhöhen kann. Diese Art von hochspekulativem Trading ist selbst für erfahrene Investoren gefährlich und für Anfänger schlicht nicht geeignet.

Moderatorin: Was halten Sie von der Unterscheidung zwischen „Trading“ und „Investieren“, die in dem Angebot gemacht wird? Ist das eine sinnvolle Unterscheidung für Privatanleger?

Jens Reime: Die Unterscheidung zwischen Trading und Investieren ist grundsätzlich korrekt und sinnvoll. Investieren ist ein langfristiger Ansatz, bei dem Anleger Vermögenswerte über Jahre oder sogar Jahrzehnte halten, um von deren allmählicher Wertsteigerung zu profitieren. Trading hingegen ist kurzfristiger und setzt darauf, von Marktvolatilität und schnellen Kursbewegungen zu profitieren.

Das Problem besteht jedoch darin, dass viele Privatanleger, die sich mit dem Trading beschäftigen, oft nicht wirklich verstehen, welche Risiken sie eingehen. Sie werden durch die Aussicht auf schnelle Gewinne angelockt und unterschätzen die Volatilität und die psychologischen Anforderungen des Tradings. In der Regel haben Privatanleger weder die Zeit noch das Wissen, um Märkte aktiv zu traden. Wenn sie es dennoch versuchen, laufen sie Gefahr, Geld zu verlieren, wie es die 63%-Verlustquote des Anbieters deutlich zeigt.

Für Privatanleger ist es meist besser, einen langfristigen Investitionsansatz zu verfolgen, statt zu versuchen, mit spekulativem Trading schnelle Gewinne zu erzielen. Langfristige Investments sind im Allgemeinen weniger volatil und mit geringeren Risiken verbunden.

Moderatorin: Zum Abschluss: Welchen Rat würden Sie Anfängern geben, die trotz der Risiken mit CFDs traden wollen?

Jens Reime: Mein erster Rat wäre, sich sehr genau zu überlegen, ob der CFD-Handel wirklich der richtige Weg ist. Wenn jemand dennoch mit CFDs traden möchte, sollte er oder sie unbedingt klein anfangen und nur Kapital investieren, das im schlimmsten Fall vollständig verloren werden kann. Es ist außerdem entscheidend, ein gutes Risikomanagement zu betreiben, zum Beispiel durch das Setzen von Stop-Loss-Limits, um Verluste zu begrenzen.

Darüber hinaus würde ich allen Anlegern empfehlen, sich eingehend mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Risikohinweisen der Plattformen auseinanderzusetzen. Es lohnt sich, im Vorfeld rechtlichen Rat einzuholen, um mögliche versteckte Fallstricke oder intransparente Regelungen zu vermeiden.

Letztendlich sollte sich jeder Trader bewusst machen, dass der Handel mit CFDs ein hochspekulatives Geschäft ist, bei dem die Chancen auf Gewinne geringer sind, als es oft den Anschein hat. Wenn 63% der Konten Verluste machen, spricht das für sich.

Moderatorin: Vielen Dank für diese wertvollen Einsichten, Herr Reime. Ich denke, unsere Leser haben nun einen klareren Überblick über die Risiken des CFD-Tradings und worauf sie achten sollten.

Jens Reime: Gern geschehen. Es ist wichtig, dass Anleger gut informiert und vorsichtig sind, bevor sie sich auf solche spekulativen Produkte einlassen.

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