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„Im Solarboom lauern rechtliche Fallen“

Tumisu (CC0), Pixabay

Rechtsanwalt Jens Reime im Interview über Insolvenzrisiken, Vorkasse und wie sich Verbraucher beim Solarmodul-Kauf schützen können

Herr Reime, der Fall aus Hünstetten zeigt es eindrucksvoll: Immer mehr Menschen investieren in Photovoltaik – und laufen dabei in große Probleme. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage auf dem Solarmarkt ein?

Jens Reime: Wir sehen im Moment eine klassische Marktsituation: Hohe Nachfrage trifft auf unübersichtliche Anbieterlandschaft. Viele Menschen wollen in die eigene Stromversorgung investieren, was grundsätzlich sehr positiv ist – doch leider ziehen solche Boom-Phasen auch Trittbrettfahrer und unseriöse Anbieter an. Die Fälle häufen sich, in denen Verbraucher auf halbfertigen Anlagen, Lieferverzögerungen oder gar leeren Versprechungen sitzen bleiben.

Im Fall LEDKon hat ein Kunde rund 17.000 Euro im Voraus bezahlt und bekam am Ende nur einen Teil der Leistung. Was lief hier rechtlich schief?

Genau das ist das Grundproblem vieler solcher Verträge: Vorkasse ohne ausreichende Absicherung. Dabei handelt es sich in der Regel um Werkverträge. Laut Gesetz darf der Unternehmer den Werklohn erst nach Abnahme der fertiggestellten und funktionstüchtigen Anlage verlangen – nicht vorher. Sobald jedoch hohe Summen im Voraus fließen, verlieren Verbraucher ihren wichtigsten Hebel. Kommt es dann zur Insolvenz, wie im genannten Fall, stehen die Chancen auf Rückzahlung meist sehr schlecht.

Wie können sich Verbraucher gegen solche Risiken schützen?

Erstens: Keine oder nur sehr begrenzte Vorauszahlungen leisten – idealerweise erst nach erfolgreicher Montage und Netzanschluss. Zweitens: Lieferfristen und Leistungen schriftlich festhalten, inklusive Pönalen oder Rücktrittsrecht bei Verzögerungen. Drittens: Anbieter genau prüfen – etwa durch Einblick ins Handelsregister, Bewertungen und die Frage: Ist das Unternehmen bei Handwerkskammer oder Innung gemeldet? Und schließlich sollte man immer Widerrufsbelehrungen kontrollieren – bei Haustürgeschäften oder Online-Verträgen muss eine 14-tägige Widerrufsfrist gewährt werden.

Was raten Sie, wenn ein Anbieter plötzlich nicht mehr reagiert oder die Leistung ausbleibt?

Dann sollte man rasch handeln: Mahnung mit Fristsetzung zur Leistung schicken – am besten schriftlich und nachweisbar. Bleibt das unbeantwortet, kann man vom Vertrag zurücktreten und im Idealfall die gezahlten Summen zurückfordern. Kommt es zur Insolvenz, sollte man die Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden, auch wenn die Aussichten auf Erstattung oft gering sind. Hier hilft es, sämtliche Unterlagen, E-Mails, Fotos und Zahlungsbelege zu sichern, um seine Ansprüche belegen zu können.

Viele Verbraucher berichten auch von Installationen mit technischen Mängeln – ist das ebenfalls ein juristischer Hebel?

Absolut. Wenn Module unsachgemäß verbaut werden, der Netzanschluss scheitert oder gravierende Baumängel auftreten, handelt es sich um Mängel im werkvertraglichen Sinn. Der Unternehmer ist dann zur Nachbesserung verpflichtet. Weigert er sich oder reagiert nicht, kann der Kunde Ersatzvornahme verlangen – also auf Kosten des ursprünglichen Anbieters eine andere Firma beauftragen. Aber auch hier ist gute Dokumentation entscheidend.

Was ist mit der staatlichen Förderung, wenn durch Verzögerung Fristen verpasst werden?

Das ist besonders ärgerlich. Fördermittel wie etwa vom BAFA oder der KfW sind oft an bestimmte Zeitpunkte gebunden, etwa den Nachweis der Inbetriebnahme. Verzögert sich diese, kann der Anspruch verfallen. Auch das kann ein vermittelbarer Schaden sein – allerdings ist der Beweis, dass der Anbieter daran schuld ist, nicht immer einfach. Umso wichtiger ist es, von Anfang an klare vertragliche Regeln und Fristen zu setzen.

Ihr Fazit: Wie sollten Verbraucher heute an den Solaranlagenkauf herangehen?

Mit Begeisterung für die Technik – aber mit gesunder Skepsis gegenüber vollmundigen Versprechen. Finger weg von Anbietern, die nur online präsent sind, nicht greifbar sind, oder mit „Rundum-sorglos“-Pauschalen werben. Lokale, etablierte Handwerksbetriebe mit Erfahrung und guten Referenzen sind oft die bessere Wahl, auch wenn man vielleicht ein paar Wochen länger warten muss.

Herr Reime, vielen Dank für das Gespräch.

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