Interviewer: Herr Reime, die BaFin hat gegen die Nexi Germany GmbH ein Bußgeld in Höhe von 30.000 Euro verhängt. Grund waren Mängel in der Geldwäscheprävention. Wie ordnen Sie diesen Fall ein?
Rechtsanwalt Reime: Solche Verstöße sind grundsätzlich ernst zu nehmen. Die Höhe des Bußgelds mag im Verhältnis zur Größe des Unternehmens gering erscheinen, aber entscheidend ist: Hier geht es um die Kernpflicht eines Zahlungsdienstleisters, nämlich verdächtige Transaktionen zu erkennen und zu melden. Wenn ein Unternehmen über Monate hinweg kein funktionierendes EDV-Monitoring zur Verfügung hat, kann das massive Lücken im Aufspürsystem für Geldwäsche bedeuten – und das ist in hohem Maße aufsichtsrelevant.
Interviewer: Die BaFin spricht davon, dass die IT-Systeme zur Überwachung von Transaktionen nur eingeschränkt funktioniert haben. Wie problematisch ist das aus Ihrer Sicht?
Rechtsanwalt Reime: Sehr problematisch. Gerade im Zahlungsverkehr ist die Masse der Transaktionen so hoch, dass manuelle Kontrolle schlicht unmöglich ist. Ohne ein voll funktionierendes Monitoring-System besteht das Risiko, dass kriminelle Geldflüsse unbemerkt durch das System laufen. Es geht hier nicht nur um technische Details, sondern um die Verantwortung des Instituts, kriminelle Strukturen frühzeitig zu erkennen – insbesondere bei möglichen Verbindungen zur Terrorismusfinanzierung.
Interviewer: Welche rechtlichen Vorgaben greifen hier konkret?
Rechtsanwalt Reime: Grundlage für den Bußgeldbescheid ist § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG). Diese Vorschrift verpflichtet Unternehmen, über geeignete organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung der Anforderungen des Geldwäschegesetzes zu verfügen. Dazu zählen auch verlässliche IT-Systeme, die Transaktionen automatisch prüfen und im Verdachtsfall eine manuelle Überprüfung auslösen. Das scheint bei Nexi über einen langen Zeitraum nicht gesichert gewesen zu sein.
Interviewer: Welche Folgen hat so etwas für Kunden, Partner – oder auch Anleger?
Rechtsanwalt Reime: Anlegerinnen und Anleger stellen sich bei solchen Fällen natürlich die Frage: Wie robust ist das interne Kontrollsystem insgesamt? Wenn ein so zentraler Bereich wie Geldwäscheprävention über viele Monate nicht zuverlässig funktioniert, dann entsteht automatisch ein Vertrauensproblem – nicht nur gegenüber der Aufsicht, sondern auch auf dem Markt. Geschäftsbeziehungen, insbesondere mit institutionellen Kunden, können dadurch belastet werden. Bei wiederholten Fällen wäre auch eine Verschärfung der regulatorischen Auflagen denkbar.
Interviewer: Der Bußgeldbescheid ist nun rechtskräftig. Ist die Sache damit vom Tisch?
Rechtsanwalt Reime: Juristisch: ja. Aber die BaFin veröffentlicht solche Bescheide bewusst öffentlich, um für Transparenz zu sorgen – und das aus gutem Grund. Die Geschäftsführung wird das intern sicherlich noch länger aufarbeiten müssen. Auch aus Compliance-Sicht sollte jetzt eine kritische Bestandsaufnahme erfolgen: Welche internen Kontrollmechanismen haben versagt? Warum wurde das Monitoring-Problem nicht früher gelöst? Und wie kann man sicherstellen, dass sich das nicht wiederholt?
Interviewer: Welche Lehren können andere Finanzunternehmen aus dem Fall ziehen?
Rechtsanwalt Reime: Dass Geldwäscheprävention kein rein technisches Thema ist, sondern eine unternehmerische Kernverantwortung. Ein funktionierendes EDV-System ist nur die Grundlage – entscheidend ist, wie schnell auffällige Transaktionen erkannt, bewertet und gemeldet werden. Und wenn ein technisches System ausfällt, müssen sofort Übergangslösungen greifen. Denn eines ist sicher: Die Aufsicht schaut heute genauer hin denn je – und Verstöße werden konsequent sanktioniert, selbst wenn sie „nur“ in der EDV liegen.