Russland und die Ukraine haben sich am Dienstag in getrennten Gesprächen mit den USA auf eine Waffenruhe im Schwarzen Meer geeinigt. Die Vereinbarung erlaubt es kommerziellen Schiffen beider Länder, wieder sicher durch das strategisch wichtige Seegebiet zu fahren. Die Verhandlungen fanden unter Vermittlung der USA in Saudi-Arabien statt – mit der Ukraine am Sonntag und Russland am Montag.
Trump vermittelt – mit Zugeständnissen
US-Präsident Donald Trump, der bereits im Wahlkampf ein schnelles Ende des Kriegs in Aussicht gestellt hatte, spielt in der aktuellen Annäherung eine zentrale Rolle. Teil der neuen Einigung ist ein Verzicht Russlands auf Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur – ein persönliches Versprechen von Präsident Wladimir Putin an Trump, wie russische Stellen betonten.
Im Gegenzug sicherte die US-Regierung Russland Erleichterungen bei Exporten von Agrarprodukten und Düngemitteln zu. Dazu gehört offenbar auch die Wiederanbindung einer russischen Bank an das SWIFT-System und eine teilweise Lockerung westlicher Sanktionen – Maßnahmen, die nach der Invasion 2022 eingeführt worden waren.
Erinnerungen an frühere gescheiterte Abkommen
Internationale Beobachter reagieren vorsichtig auf die Einigung. Bereits 2022 hatte Russland einem Abkommen zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer zugestimmt – nur um sich ein Jahr später einseitig zurückzuziehen. Damals warf Moskau der Ukraine vor, das Abkommen militärisch auszunutzen, und klagte über US-Sanktionen, die russische Exporte behinderten.
Experten sehen Vorteil für Russland
Der US-Politikwissenschaftler Rajan Menon warnte, dass das aktuelle Abkommen vor allem Russland nützen könnte. Denn während beide Seiten Angriffe auf Energieinfrastruktur einstellen sollen, sei die Ukraine stärker auf eigene Energieanlagen angewiesen – und ihre Angriffe auf russische Ziele in diesem Bereich seien eine wichtige Komponente ihrer Verteidigungsstrategie.
„Das Abkommen wird als großer Schritt dargestellt, aber es könnte letztlich die Ukraine militärisch schwächen“, sagte Menon.
Russland ist laut der Internationalen Energieagentur der zweitgrößte Erdgasproduzent der Welt – es produziert mehr als das 27-Fache der ukrainischen Gasmenge.
Trumps Kurswechsel sorgt für Kritik
Die Vereinbarung markiert einen deutlichen Kurswechsel in der US-Außenpolitik gegenüber Russland und der Ukraine. Während der ehemalige Präsident Joe Biden klar an der Seite der Ukraine stand, bemüht sich Trump um diplomatische Deals mit Russland – auch um den Preis von Zugeständnissen, wie Kritiker bemängeln.
Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine, Steve Witkoff, hatte erst vergangene Woche in einem Interview mit dem rechtspopulistischen Moderator Tucker Carlson Putin gelobt und mehrfach Kreml-Narrative wiederholt, mit denen Moskau seine Invasion rechtfertigt.
Verhältnis zu Selenskyj belastet
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich zuletzt offen für Gespräche mit Trump gezeigt, obwohl dieser ihn bei einem Treffen im Weißen Haus öffentlich brüskierte und kurzzeitig US-Militärhilfe sowie Geheimdienstinformationen aussetzte. Zudem hatte Trump Selenskyj im Februar als „Diktator“ bezeichnet, Putin aber ausdrücklich nicht – was in Washington und bei US-Verbündeten für erhebliche Irritation sorgte.
Fazit: Fragile Einigung unter politischen Spannungen
Ob die neue Waffenruhe im Schwarzen Meer hält, ist fraglich. Die Vergangenheit zeigt, dass Russland ähnliche Abkommen bereits mehrfach gebrochen hat. Dennoch könnte der Schritt kurzfristig die humanitäre Lage verbessern – vor allem im Hinblick auf den weltweiten Getreideexport, auf den viele Länder, insbesondere in Afrika, dringend angewiesen sind.