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Fünf Erkenntnisse aus dem durchgesickerten Chat der US-Führung zur Jemen-Operation

Ronile (CC0), Pixabay

Washington, DC – Der jüngste Leck in der Trump-Administration sorgt für Unruhe bis in die höchsten Ränge von Regierung und Militär.

Ein äußerst brisanter Vorfall erschüttert derzeit die politische Landschaft in Washington: Der Journalist Jeffrey Goldberg vom Magazin The Atlantic wurde – offenbar versehentlich – in eine Signal-Chatgruppe eingeladen, in der einige der ranghöchsten Regierungsmitglieder der Trump-Administration über geplante Luftschläge gegen die Huthi-Rebellen im Jemen diskutierten.

Die Gruppe soll unter anderem US-Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth sowie Sicherheitsberater Mike Waltz umfasst haben. Und ja – die Gespräche beinhalteten offenbar konkrete, hochsensible Informationen zu Zielen, Waffenpaketen und Zeitplan – zwei Stunden vor Beginn der Bombardierung.

Was lässt sich aus dem Skandal ableiten? Hier sind die fünf wichtigsten Punkte:


1. Vizepräsident Vance zweifelt an der Mission – und am Präsidenten

Laut Goldberg äußerte sich Vance in der Gruppe kritisch zur Operation:

„Ich glaube, wir machen einen Fehler.“

Er argumentierte, dass ein Angriff auf die Huthis, die Schiffe im Suezkanal attackieren, eher europäischen als amerikanischen Interessen diene. Er sei sich zudem nicht sicher, ob Präsident Trump überhaupt wisse, wie widersprüchlich diese Aktion zur aktuellen Rhetorik gegenüber Europa sei.
Vance warnte vor einem möglichen Anstieg der Ölpreise und plädierte dafür, die Operation um einen Monat zu verschieben – unterstützte letztlich aber den Konsens.

Wenig später ließ ein Sprecher Vances mitteilen, dass der Vizepräsident und Trump inzwischen „vollständig übereinstimmten“.


2. Altbekannte Feindbilder: Europa als „Trittbrettfahrer“

In der Gruppe wurde nicht nur über Strategie gesprochen, sondern auch über Frust gegenüber Europa.
Vance schrieb sinngemäß:

„Ich hasse es, Europa schon wieder aus der Patsche zu helfen.“
Woraufhin Hegseth zustimmte:
„Ich teile deine Abscheu gegenüber Europas Schmarotzertum. Es ist ERBÄRMLICH.“

Ein anderes Gruppenmitglied forderte sogar, man solle Europa und Ägypten nach dem Angriff deutlich machen, was man im Gegenzug erwarte – wirtschaftlich, versteht sich.


3. Nach dem Angriff: Emojis und Gebete statt Protokoll

Nach Ausführung der Luftschläge postete Sicherheitsberater Waltz laut Goldberg drei Emojis: eine Faust, eine US-Flagge und Feuer.
Der Nahost-Sondergesandte antwortete mit zwei betenden Händen, einem Bizeps und zwei weiteren US-Flaggen.
Auch Außenminister Marco Rubio und Trumps Stabschefin Susie Wiles gaben ihren Beifall.
Vance selbst schrieb:

„Ich bete für den Sieg.“
Zwei andere Mitglieder antworteten ebenfalls – mit weiteren Gebets-Emojis.


4. Die mediale Strategie: Schuld ist Biden

Um die Aktion innenpolitisch zu verkaufen, schlug Verteidigungsminister Hegseth laut Chat vor, die Kommunikation auf zwei Punkte zu konzentrieren:

  1. „Biden hat versagt“
  2. „Der Iran hat’s bezahlt“

Die Huthis? Niemand kenne sie. Also sei es strategisch besser, die Aktion als eine Art Rache für Bidens Schwäche gegenüber dem Iran zu verkaufen. Problem gelöst – zumindest in der PR-Abteilung.


5. Wie kam ein Journalist in diese Gruppe? Waltz unter Druck

Jeffrey Goldberg erklärte, er sei am 11. März von einem Account unter dem Namen Michael Waltz ungefragt zur Signal-Gruppe eingeladen worden. Zwei Tage später erhielt er Zugriff auf die Inhalte.
Zunächst hielt er das Ganze für einen Scherz – doch schnell wurde ihm klar: Das ist echt.

Obwohl Präsident Trump nicht direkt an der Unterhaltung teilnahm, waren alle seine engsten Vertrauten beteiligt.

Die Enthüllung bringt vor allem Sicherheitsberater Waltz unter Druck. Demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus und Senat fordern eine umgehende Untersuchung. Trump selbst gab sich ahnungslos und erklärte, er wisse „nichts von einem Journalisten in der Gruppe“ – stellte sich aber demonstrativ hinter Waltz.

Hegseth wiegelte ebenfalls ab:

„Niemand hat Kriegspläne getextet.“


Fazit:
Was als technischer Ausrutscher begann, könnte sich zu einem handfesten Sicherheits- und Regierungsskandal entwickeln – mit politischen und möglicherweise strafrechtlichen Konsequenzen.

Und einmal mehr stellt sich die Frage: Wer schützt die nationale Sicherheit – wenn der Feind bereits im Gruppenchat sitzt?

 

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