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Grönlands Premierminister kritisiert „hochaggressiven“ Besuch von US-Delegation

jorono (CC0), Pixabay

Die Beziehungen zwischen den USA und Grönland haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Der grönländische Premierminister Mute B. Egede verurteilte den Besuch einer hochrangigen US-Delegation, zu der auch die zweite Dame der USA, Usha Vance, gehört, als „hochaggressiv“ und warf der US-Regierung mangelnden Respekt gegenüber der grönländischen Bevölkerung vor.

Besuch oder Machtdemonstration?

Laut einer Erklärung des Weißen Hauses soll Vance, die Ehefrau von US-Vizepräsident JD Vance, in dieser Woche nach Grönland reisen, um das nationale Hundeschlittenrennen Avannaata Qimussersu zu besuchen und die grönländische Kultur zu feiern. Doch Egede zeigte sich wenig überzeugt von den Absichten der Amerikaner.

Besonders der ebenfalls angekündigte Besuch von Mike Waltz, dem nationalen Sicherheitsberater der USA, sorgte für Unmut:

„Was macht der nationale Sicherheitsberater in Grönland? Der einzige Zweck ist es, Macht über uns zu demonstrieren“, sagte Egede in einem Interview mit der Zeitung Sermitsiaq.

Seine Befürchtung: Allein die Anwesenheit eines solchen US-Beamten werde den Eindruck verstärken, dass Donald Trump mit seinem Vorhaben, Grönland zu übernehmen, ernst mache.

Trump hält an Annexionsplänen fest

Die USA haben in der Vergangenheit immer wieder Interesse an Grönland bekundet. Bereits während seiner ersten Amtszeit 2019 sorgte Donald Trump mit der Idee, die autonome dänische Insel zu kaufen, für internationale Irritationen. Damals bezeichnete Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen die Idee als „absurd“. Doch Trump ließ sich davon nicht beirren.

Seit seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus hat er mehrfach erklärt, dass die USA Grönland „so oder so bekommen werden“. In einer Rede vor dem US-Kongress sagte er kürzlich:

„Ich denke, wir werden es bekommen – auf die eine oder andere Weise.“

Die geostrategische Bedeutung Grönlands ist enorm: Die Insel verfügt über wertvolle Seltene Erden, die für Hightech-Industrien essenziell sind, und liegt strategisch günstig in der arktischen Region, die zunehmend zum Schauplatz geopolitischer Spannungen zwischen den USA, Russland und China wird.

Grönland zwischen Diplomatie und Druck

Egede, der sich selbst für eine vollständige Unabhängigkeit Grönlands von Dänemark einsetzt, kritisierte, dass seine diplomatischen Bemühungen bei Trump und seinem Team auf taube Ohren stoßen:

„Unser Versuch, diplomatisch zu bleiben, prallt einfach an Donald Trump und seiner Regierung ab. Sie wollen Grönland besitzen und kontrollieren.“

Doch Egede ist nicht mehr lange im Amt. Seine linke Partei Inuit Ataqatigiit verlor kürzlich die Parlamentswahl, und sein Nachfolger Jens-Frederik Nielsen dürfte bald das Ruder übernehmen. Doch auch er äußerte sich kritisch über das US-Vorgehen und nannte den Zeitpunkt des Besuchs „respektlos“:

„Die Amerikaner wissen genau, dass wir uns noch in Koalitionsverhandlungen befinden. Und dennoch nutzen sie diesen Moment, um erneut nach Grönland zu kommen. Das zeigt einen Mangel an Respekt für unser Volk.“

Dänemark bleibt diplomatisch – doch die Sorgen wachsen

Dänemark, das offiziell für die Außen- und Sicherheitspolitik Grönlands zuständig ist, reagierte vorsichtig auf den Streit. Premierministerin Mette Frederiksen erklärte gegenüber Reuters, dass man die US-Delegation ernst nehme, betonte aber gleichzeitig:

„Wir möchten mit den USA kooperieren, doch das muss auf Basis der fundamentalen Prinzipien der Souveränität geschehen.“

Während grönländische Politiker eine klare Ablehnung der US-Pläne signalisieren, sind sie dennoch offen für wirtschaftliche Kooperationen mit den USA. Es gibt bereits Gespräche über Seltene-Erden-Minen, Tourismusförderung und stärkere diplomatische Verbindungen. Doch eine Übernahme Grönlands durch die USA lehnt die Bevölkerung klar ab:

Eine Umfrage vom Januar 2025 ergab, dass 85 % der Grönländer nicht Teil der USA werden wollen. Fast die Hälfte der Befragten sieht Trumps Interesse sogar als direkte Bedrohung.

Trump Jr. wirbt für „Make Greenland Great Again“

Zusätzliche Brisanz erhielt die Debatte im Januar, als Donald Trump Jr. Grönlands Hauptstadt Nuuk besuchte und erklärte:

„Grönland ist ein unglaublicher Ort, und die Menschen werden enorm davon profitieren, wenn – und nicht falls – es Teil unserer Nation wird. Wir werden es beschützen und vor der grausamen Welt da draußen bewahren. Make Greenland Great Again!“

Seine Worte sorgten in Dänemark und Grönland für Entrüstung, viele empfanden sie als Bevormundung und einen erneuten Versuch, die Insel mit wirtschaftlichem Druck gefügig zu machen.

Ein fragiler Balanceakt für Grönland

Grönland befindet sich in einem Dilemma: Einerseits ist es auf wirtschaftliche Kooperation mit den USA angewiesen, andererseits will es seine Unabhängigkeit und kulturelle Identität wahren. Der wachsende Druck aus Washington zeigt, dass die Insel immer stärker in den geopolitischen Machtkampf zwischen den USA, China und Russland gerät.

Ob Grönland diesen Balanceakt langfristig aufrechterhalten kann oder ob Trump mit seiner Taktik aus politischem Druck und wirtschaftlichen Versprechen am Ende Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Doch die Reaktionen aus Nuuk zeigen: Die Grönländer sind entschlossen, über ihre Zukunft selbst zu entscheiden.

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