„Viele merken erst spät, dass sie für Betrüger arbeiten“
Ein Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über eine perfide Job-Betrugsmasche
Frau Bontschev, eine junge Frau wurde Opfer einer sogenannten „Kontotester“-Masche. Was steckt dahinter?
Kerstin Bontschev: Das ist ein typischer Fall von „Job-Scamming“. Die Betroffenen werden mit einem vermeintlich seriösen Nebenjob geködert – in diesem Fall als „Kontotesterin“. Die Täter wollen dabei nur eines: jemanden finden, der unter seinem eigenen Namen voll funktionsfähige Bankkonten eröffnet und ihnen dann die Zugangsdaten überlässt. Danach werden diese Konten für Betrug genutzt.
Hier wurde das Konto für Warenbetrug eingesetzt. Ist das ein gängiges Muster?
Bontschev: Ja, leider sehr. Solche Konten werden häufig für den Verkauf von Produkten genutzt, die es gar nicht gibt – zum Beispiel Heizöl, Elektronik oder auch Konzertkarten. Das Geld landet dann auf dem Konto der ahnungslosen „Tester“, bevor es von den Tätern schnell ins Ausland verschoben oder in Gutscheine umgewandelt wird.
Drohen den Opfern in solchen Fällen strafrechtliche Konsequenzen?
Bontschev: Strafrechtlich meist nicht, solange klar ist, dass die Betroffenen getäuscht wurden und keine Absicht hatten, sich an den Taten zu bereichern. Sie werden als Opfer eingestuft. Aber zivilrechtlich kann es teuer werden: Die Käufer, die auf den Warenbetrug hereingefallen sind, könnten versuchen, Schadensersatz von der Person zu fordern, auf deren Namen das Konto lief.
Warum fallen so viele Menschen auf solche Job-Angebote herein?
Bontschev: Weil sie professionell aufgemacht sind und oft über bekannte Plattformen oder per Messenger-Dienst auftauchen. Viele Menschen freuen sich über einen vermeintlich unkomplizierten Nebenjob und hinterfragen die Details nicht weiter. Dass sich dahinter ein kriminelles Netzwerk verbirgt, wird häufig erst dann klar, wenn bereits Schaden entstanden ist.
Wie kann man sich vor solchen Maschen schützen?
Bontschev: Ganz klar: Niemals Konten im Auftrag Dritter eröffnen. Auch keine persönlichen Ausweisdaten oder Video-Ident-Verfahren für Unbekannte durchführen. Sobald jemand Geldtransfers über fremde Konten verlangt, handelt es sich fast immer um einen Betrugsversuch. Und bei Unsicherheit lieber einmal zu viel einen Anwalt oder die Polizei fragen.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev.