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„Vorsicht vor unseriösen Anbietern“ – Ein Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime

Tumisu (CC0), Pixabay

Frage: Herr Reime, die BaFin hat kürzlich vor mehreren Anbietern gewarnt, darunter EmexFunding, Aktien Network, Smart Vision Finance und kapitaldepot-fd24.com. Was bedeuten diese Warnungen für Anleger?

Jens Reime: Die Warnungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind ein deutliches Signal an Verbraucher, besonders vorsichtig zu sein. Die genannten Plattformen bieten offenbar Finanz- und Wertpapierdienstleistungen sowie Kryptowerte-Dienstleistungen ohne die erforderliche Erlaubnis an. Das bedeutet, dass diese Anbieter nicht unter der Aufsicht der BaFin stehen und Anleger keinerlei Schutz genießen, etwa durch Einlagensicherungen oder eine Regulierung nach deutschen Finanzmarktstandards.

Frage: Was sind die typischen Risiken bei solchen Angeboten?

Jens Reime: Oft handelt es sich um hochriskante oder betrügerische Geschäftsmodelle. Anleger werden mit verlockenden Renditeversprechen oder sogenannten „Handelskreditverträgen“ geködert, wie es bei EmexFunding der Fall ist. Dabei sollen Verbraucher Darlehen aufnehmen, um in Finanzinstrumente oder Kryptowährungen zu investieren – ein äußerst gefährliches Modell, das oft in finanzieller Katastrophe endet.

In anderen Fällen, wie bei kapitaldepot-fd24.com, werden vermeintlich sichere Festgeldanlagen angeboten, um Kunden zu Einzahlungen zu bewegen. Oft existieren diese Anlagen gar nicht, und die Gelder verschwinden spurlos.

Frage: Was können betroffene Anleger tun, wenn sie bereits investiert haben?

Jens Reime: Zunächst sollten Anleger sofort alle weiteren Zahlungen stoppen und versuchen, bereits gezahlte Beträge zurückzuholen. Je nach Zahlungsmethode kann das durch ein Chargeback-Verfahren bei Kreditkartenzahlungen oder durch eine Rückbuchung bei Überweisungen an Banken innerhalb der EU möglich sein.

Zudem sollten Geschädigte:

  1. Beweise sichern – dazu gehören E-Mails, Verträge, Zahlungsbelege und Kommunikationsverläufe.
  2. Die BaFin oder die Polizei informieren – insbesondere, wenn ein Verdacht auf Betrug besteht.
  3. Einen spezialisierten Anwalt hinzuziehen, um rechtliche Schritte gegen die Betreiber oder mögliche Mittelsmänner einzuleiten.

Frage: Gibt es eine Möglichkeit, Geld zurückzubekommen?

Jens Reime: Das ist im Einzelfall unterschiedlich. Wenn Geld ins Ausland transferiert wurde, sind die Chancen auf eine Rückerstattung oft gering. Allerdings gibt es Möglichkeiten, Banken oder Zahlungsdienstleister in die Haftung zu nehmen, wenn diese Sorgfaltspflichten verletzt haben. In einigen Fällen können auch Musterverfahren gegen betrügerische Anbieter eingeleitet werden.

Frage: Wie kann man sich generell vor solchen unseriösen Anbietern schützen?

Jens Reime: Grundsätzlich gilt:

  • BaFin-Register prüfen: Jedes seriöse Finanzunternehmen muss in der BaFin-Datenbank gelistet sein. Ist ein Anbieter dort nicht zu finden, ist Vorsicht geboten.
  • Unrealistische Versprechen hinterfragen: Hohe Gewinne ohne Risiko gibt es nicht. Wer das verspricht, will meist nur an Ihr Geld.
  • Keine vorschnellen Entscheidungen treffen: Niemals unter Zeitdruck investieren oder auf aggressive Werbeanrufe reagieren.
  • Zahlungsmethoden beachten: Wenn nur Zahlungen per Kryptowährung oder an ausländische Konten möglich sind, ist das ein großes Warnsignal.

Frage: Was raten Sie Anlegern, die unsicher sind, ob ein Angebot seriös ist?

Jens Reime: Wer Zweifel hat, sollte sich unabhängig beraten lassen, bevor er Geld investiert. Finanzaufsichtsbehörden wie die BaFin oder ein erfahrener Rechtsanwalt für Kapitalmarktrecht können helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen.

Frage: Letzte Frage: Ist eine strafrechtliche Verfolgung der Betreiber möglich?

Jens Reime: Ja, insbesondere wenn ein Betrug nachweisbar ist. In solchen Fällen können Strafanzeigen erstattet und internationale Ermittlungen eingeleitet werden. Allerdings sind viele Betreiber im Ausland tätig, was eine Strafverfolgung erschwert. Dennoch: Je mehr Geschädigte sich melden, desto größer ist der Druck auf die Behörden, Ermittlungen einzuleiten.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime.

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