Die Staatsanwaltschaften in Deutschland stehen vor einer wachsenden Belastungsprobe: Laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Richterbundes türmen sich inzwischen fast 933.000 unerledigte Fälle auf. Das bedeutet einen Anstieg von knapp 30 Prozent im Vergleich zu 2021 – mit gravierenden Folgen für die Strafverfolgung.
Überlastung der Justiz: Lange Verfahren, weniger Anklagen
Der massive Anstieg der unerledigten Verfahren führt nicht nur zu längeren Ermittlungszeiten, sondern erschwert auch die Durchsetzung des Strafrechts. „Die Justiz droht zum Flaschenhals der Kriminalitätsbekämpfung zu werden“, warnt Sven Rebehn, Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes. Ein Hauptgrund für die angespannte Lage ist der akute Personalmangel bei den Strafverfolgungsbehörden, der in vielen Bundesländern bereits zu spürbaren Verzögerungen führt.
Besonders betroffen: Nordrhein-Westfalen und der Norden
Die Statistik zeigt deutliche regionale Unterschiede: Die meisten offenen Verfahren gibt es mit 255.245 Fällen in Nordrhein-Westfalen. Ein Lichtblick zeigt sich jedoch in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Zahl unerledigter Verfahren gegen den Bundestrend um 13 Prozent gesunken ist. Berlin bildet eine Ausnahme: Dort gab es als einziges Bundesland sogar weniger offene Fälle als zuvor.
Forderung nach einem Sofortprogramm
Angesichts der besorgniserregenden Entwicklung fordert der Deutsche Richterbund ein dringendes Sofortprogramm, um die Strafjustiz personell und strukturell zu entlasten. Ohne eine rasche Aufstockung von Richter:innen und Staatsanwält:innen drohe eine weitere Erosion des Rechtsstaats – mit der Gefahr, dass Ermittlungsverfahren immer länger dauern oder gar eingestellt werden müssen.
Ob die Politik auf diese Warnrufe reagiert, bleibt abzuwarten. Fest steht: Ohne zusätzliche Ressourcen könnte die Justiz bald an ihre Belastungsgrenze stoßen – mit fatalen Folgen für die Kriminalitätsbekämpfung in Deutschland.