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Parkinson als Berufskrankheit: Landwirte zahlen die Zeche – auch Biobauern betroffen

PicsbyAnnyk (CC0), Pixabay

Seit 2024 wird Parkinson als Berufskrankheit für Landwirte anerkannt – ein längst überfälliger Schritt, denn Studien belegen einen klaren Zusammenhang zwischen Pflanzenschutzmitteln und einem erhöhten Parkinson-Risiko. Doch statt gezielt jene zur Kasse zu bitten, die tatsächlich betroffen sind oder von Pflanzenschutzmitteln profitieren, trifft die Beitragsanpassung der Berufsgenossenschaft alle Landwirte gleichermaßen – auch Biobetriebe, die nie chemische Pestizide eingesetzt haben.

Erhöhte Beiträge für alle: Das Solidarprinzip in der Kritik
Mit der neuen Regelung steigen die Beiträge der landwirtschaftlichen Sozialversicherung um 20 %, wobei 12 % der Erhöhung explizit mit den erwarteten Kosten durch Parkinson-Patienten begründet werden. Das Problem: Biolandwirte wie Helmut Steber, die nachweislich keine Pflanzenschutzmittel verwenden, müssen ebenfalls zahlen.

Die Berufsgenossenschaft argumentiert mit dem Solidarprinzip – ein übliches Modell in der Sozialversicherung, bei dem Risiken auf alle verteilt werden. Doch Landwirte, die nie mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet haben, sehen das anders: Warum sollten sie für ein Gesundheitsrisiko haften, das sie nicht verursacht haben?

Parkinson-Risiko durch Pestizide wissenschaftlich belegt
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim Bundesarbeitsministerium kam nach einer umfangreichen Auswertung von Studien zu einem klaren Ergebnis:

✅ Ein Zusammenhang zwischen Pestiziden und der Entstehung von Parkinson ist wissenschaftlich bewiesen
✅ Das Risiko für ein „pestizidbedingtes Parkinson-Syndrom“ kann sich bis zu verdoppeln
✅ Mindestens 100 Tage beruflicher Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln reichen über ein gesamtes Berufsleben hinweg aus, um Parkinson als Berufskrankheit geltend zu machen

Tausende Betroffene, aber strenge Hürden für Anerkennung
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) prüft aktuell rund 8.000 Verdachtsfälle. Doch nur etwa 3.000 Fälle befinden sich noch in Prüfung, während viele Anträge abgelehnt wurden – oft wegen fehlender Nachweise. Wer keine Spritzpläne oder Quittungen mehr hat, muss sich auf eine langwierige Einzelfallprüfung einstellen.

Protest aus der Landwirtschaft: „Nicht wir, sondern die Chemiekonzerne sollten zahlen!“
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft e.V. (AbL) hält die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit zwar für richtig, kritisiert aber scharf, dass die Kosten von allen Landwirten getragen werden müssen. Die Forderung lautet:

💡 Verursacherprinzip statt Solidarprinzip:
Nicht alle Landwirte sollten die Last tragen, sondern die Hersteller der Pflanzenschutzmittel oder die Zulassungsbehörden, die diese Stoffe genehmigt haben.

Biolandwirt Helmut Steber überlegt, rechtliche Schritte einzuleiten, sollte die Beitragserhöhung dauerhaft bestehen bleiben. Er sieht nicht ein, dass er für eine Gefahr mitbezahlen muss, mit der er nie zu tun hatte.

Fazit: Eine dringend notwendige, aber schlecht umgesetzte Reform
Die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit ist ein wichtiger Schritt für Landwirte, die über Jahre gesundheitlichen Risiken ausgesetzt waren. Doch die Finanzierung der Berufsgenossenschaft über eine pauschale Beitragserhöhung ist ungerecht – insbesondere für Biolandwirte, die nachweislich ohne Pestizide arbeiten.

Das Problem ist nicht nur finanzieller Natur: Noch immer gibt es hohe Hürden für betroffene Landwirte, Parkinson als Berufskrankheit anerkannt zu bekommen. Hier braucht es klare, transparente Verfahren – und eine gerechtere Verteilung der Kosten, die die Verursacher stärker in die Pflicht nimmt.

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