Verbraucherschutzforum: Herr Högel, die Verbraucherzentrale Sachsen hat kürzlich Notfall-Pakete aus dem Onlinehandel getestet – mit einem ernüchternden Ergebnis. Keine der Boxen war empfehlenswert. Was halten Sie von diesen Angeboten?
Maurice Högel: Die Testergebnisse zeigen ganz klar, dass viele dieser Pakete vor allem eines sind: ein teures Geschäft mit der Angst der Menschen. Die Zusammenstellungen sind oft unausgewogen, die Mengen nicht ausreichend, und die Preise teilweise absurd überhöht. Die Anbieter nutzen die wachsende Unsicherheit der Verbraucher gezielt aus, anstatt ihnen wirklich sinnvolle Produkte anzubieten.
Verbraucherschutzforum: Die Preise für diese Notfall-Pakete lagen zwischen 86,50 und 350 Euro. Ist das aus Ihrer Sicht Wucher?
Högel: Juristisch betrachtet ist Wucher ein enger Begriff, der eine extreme Übervorteilung voraussetzt. Aber aus Verbrauchersicht sind diese Preise in vielen Fällen schlichtweg überzogen. Wer sich die Mühe macht, selbst einen Vorrat anzulegen, bekommt dieselbe Menge an haltbaren Lebensmitteln für einen Bruchteil des Preises – und das oft in besserer Qualität.
Verbraucherschutzforum: Viele Anbieter werben mit einer „ausgewogenen Zusammenstellung“. Die Verbraucherzentrale stellte jedoch fest, dass wichtige Nährstoffe, insbesondere Eiweiß, fehlen. Kann das rechtliche Konsequenzen haben?
Högel: Ja, irreführende Werbung kann abgemahnt werden. Wenn ein Produkt nicht hält, was es verspricht, können Verbraucher ihr Geld zurückverlangen. Gerade bei der Ernährung geht es nicht nur um die Menge, sondern auch um eine sinnvolle Nährstoffverteilung. Fehlen essenzielle Bestandteile, könnte das als Täuschung gewertet werden.
Verbraucherschutzforum: Ein weiteres Problem sind laut Testberichten gesundheitsschädliche Stoffe in den Verpackungen. Welche Risiken sehen Sie hier?
Högel: Verpackungen, die hormonell wirksame Schadstoffe wie Bisphenole enthalten, sind eine ernsthafte Gefahr – besonders, wenn sie für Langzeitlagerung gedacht sind. Solche Stoffe können sich mit der Zeit aus der Verpackung lösen und in die Lebensmittel übergehen. Hier müssten dringend strengere Vorschriften greifen, um Verbraucher besser zu schützen.
Verbraucherschutzforum: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt, Notvorräte anzulegen. Was raten Sie Verbrauchern?
Högel: Die Empfehlung zur Vorsorge ist sinnvoll – aber Verbraucher sollten sich nicht auf überteuerte Fertiglösungen aus dem Internet verlassen. Wer selbst einkauft, spart nicht nur Geld, sondern kann auch gezielt Lebensmittel auswählen, die den eigenen Bedürfnissen entsprechen. Regionale und saisonale Produkte sind oft günstiger und gesünder.
Verbraucherschutzforum: Gibt es Möglichkeiten, sich gegen überteuerte oder mangelhafte Notfall-Pakete rechtlich zu wehren?
Högel: Wer sich getäuscht fühlt, sollte die Produktbeschreibung genau prüfen. Entspricht der Inhalt nicht der Werbung, kann eine Rückerstattung gefordert werden. In Zweifelsfällen helfen die Verbraucherzentralen oder eine juristische Beratung weiter. Auch Sammelklagen gegen Anbieter, die systematisch überhöhte Preise verlangen oder Mängel verschweigen, sind denkbar.
Verbraucherschutzforum: Ihr Fazit?
Högel: Verbraucher sollten sich nicht von Panikmache zu überteuerten Käufen verleiten lassen. Eigenständige Vorratshaltung ist die bessere Alternative – günstiger, gesünder und sicherer. Anbieter, die mit der Angst der Menschen Profit machen, gehören stärker kontrolliert.