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Bausparen

neelam279 (CC0), Pixabay

Bausparen in Deutschland: Tradition mit Tücken – lohnt sich der Klassiker noch?

Bausparen ist in Deutschland eine echte Institution. Seit Jahrzehnten gilt es als solider Weg, um sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen – oder zumindest eine größere Renovierung zu finanzieren. Fast jeder zweite Haushalt besitzt einen Bausparvertrag, insgesamt gibt es rund 22 Millionen laufende Verträge. Eltern schließen sie für ihre Kinder ab, Großeltern verschenken sie zur Geburt, und so mancher unterschreibt einen Vertrag, ohne genau zu wissen, worauf er sich da eigentlich einlässt.

Doch lohnt sich das Bausparen heute noch? Verbraucherschützer sehen das skeptisch: Die Zinsen sind oft enttäuschend niedrig, die Gebühren vergleichsweise hoch. Trotzdem hält sich das Modell hartnäckig – ein Blick auf die Geschichte zeigt, warum.

Bausparen: Ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte

Das Prinzip des Bausparens ist tief in der deutschen Finanzwelt verwurzelt und hat seinen Ursprung im frühen 20. Jahrhundert. In den 1920er Jahren, als Wohnraum knapp und Kreditvergaben schwierig waren, entstand die Idee eines kollektiven Sparens für den Wohnungsbau. 1921 wurde mit der „Bausparkasse für Jedermann“ in Wüstenrot die erste deutsche Bausparkasse gegründet. Das Konzept war simpel: Viele Menschen sparen gemeinsam, um sich später mit Hilfe des angesammelten Kapitals den Bau eines Eigenheims zu finanzieren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland vor der Mammutaufgabe des Wiederaufbaus stand, wurde das Bausparen zum zentralen Baustein der Wohnraumförderung. Staatliche Zuschüsse und steuerliche Vorteile machten es besonders attraktiv. In den Wirtschaftswunderjahren war ein Bausparvertrag fast so selbstverständlich wie ein Sparbuch – schließlich wollte jeder möglichst bald in den eigenen vier Wänden wohnen.

Bis in die 2000er Jahre hinein blieb Bausparen ein fester Bestandteil deutscher Finanzplanung. Doch in Zeiten von Niedrigzinsen und flexibleren Finanzierungsmodellen geriet das Konzept zunehmend unter Druck. Heute ist Bausparen eine Wette auf die Zukunft – mit ungewissem Ausgang.

Wie funktioniert Bausparen?

Ein Bausparvertrag besteht aus zwei Phasen:

1️⃣ Die Sparphase: Man zahlt regelmäßig Geld ein, bis ein gewisser Prozentsatz der vereinbarten Bausparsumme erreicht ist.
2️⃣ Die Darlehensphase: Sobald der Vertrag „zuteilungsreif“ ist, kann man das zinsgünstige Darlehen in Anspruch nehmen – oder sich das Ersparte auszahlen lassen.

Die Bausparsumme setzt sich aus dem Eigenkapital und dem möglichen Darlehen zusammen. Im Schnitt liegt sie in Deutschland bei knapp 50.000 Euro. Davon spart man etwa 20.000 bis 25.000 Euro an, der Rest kann als Kredit aufgenommen werden.

Doch Vorsicht: Das Darlehen ist zweckgebunden! Es darf nur für wohnwirtschaftliche Maßnahmen verwendet werden – also für den Kauf, Bau oder die Sanierung einer Immobilie. Die Finanzierung einer Weltreise oder eines schicken Sportwagens ist damit leider nicht drin.

Die großen Kritikpunkte: Niedrige Zinsen und hohe Gebühren

Die größten Nachteile des Bausparens sind seit Jahren bekannt:

📉 Minizinsen: In der Sparphase gibt es oft kaum Verzinsung – in vielen Fällen liegen die Zinsen unter 0,1 Prozent. Damit verliert das Ersparte durch Inflation eher an Wert, als dass es wächst.

💰 Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten: Viele Bausparkassen verlangen eine Abschlussgebühr von bis zu 1,6 Prozent der Bausparsumme. Zusätzlich können jährliche Kontoführungsgebühren anfallen. Verbraucherschützer warnen daher, dass die Sparphase oft ein reines Verlustgeschäft ist.

💡 Was bringt es trotzdem?

Der entscheidende Vorteil liegt in der Darlehensphase: Die Zinsen für das spätere Darlehen stehen von Anfang an fest. Wer also mit steigenden Zinsen rechnet, kann sich heute günstige Konditionen sichern.

Zurzeit liegt der effektive Zinssatz bei den klassischen Tarifen großer Bausparkassen wie der LBS bei etwa 2,74 Prozent – das kann in zehn Jahren ein Schnäppchen sein, oder auch nicht. Bausparen bleibt eine Wette auf die Zinsentwicklung.

Lohnt sich Bausparen noch? Die staatliche Förderung hilft

Ganz verloren hat das Bausparen seine Attraktivität nicht – vor allem dank staatlicher Zuschüsse.

🏠 Wohnungsbauprämie:
✔ Bis zu 70 Euro pro Jahr für Alleinstehende, 140 Euro für Ehepaare.
✔ Einkommensgrenzen: 35.000 Euro (Alleinstehend) / 70.000 Euro (Ehepaar)

🏢 Arbeitnehmersparzulage:
✔ Bonus für vermögenswirksame Leistungen (VL), sofern der Arbeitgeber diese zahlt.
✔ Einkommensgrenzen: 17.900 Euro / 35.800 Euro

Zugegeben, 70 Euro im Jahr sind kein Vermögen – aber immerhin besser als nichts. Wer die Förderung mitnimmt, kann den niedrigen Sparzins zumindest ein wenig aufbessern.

Fazit: Für wen lohnt sich Bausparen?

🔹 Ja, wenn…
✔ man sicher sein will, später einen festen Darlehenszins zu haben.
✔ man staatliche Prämien mitnimmt.
✔ man ohnehin in Zukunft eine Immobilie kaufen oder modernisieren will.

🔹 Nein, wenn…
❌ man flexibel bleiben möchte.
❌ man bessere Renditen mit anderen Anlageformen sucht.
❌ man hohe Gebühren vermeiden will.

Bausparen ist und bleibt ein traditionsreiches, aber nicht immer zeitgemäßes Finanzprodukt. Wer eine Immobilie fest plant und langfristig denkt, kann von stabilen Darlehenszinsen profitieren. Für reine Sparer hingegen gibt es oft bessere Alternativen.

Aber hey – in Deutschland wird Bausparen wohl nie ganz aus der Mode kommen. Schließlich gehört es hier fast schon zur finanziellen Grundausstattung, direkt nach Sparbuch und Riester-Rente.

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