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Interview: Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über ETFs und den Schutz von Anlegern

viarami (CC0), Pixabay

Moderatorin: Frau Bontschev, Exchange Traded Funds (ETFs) werden zunehmend beliebter, wie die aktuellen Berichte über „die besten ETFs“ in den Medien zeigen. Viele Anleger sehen darin eine einfache Möglichkeit, ihr Geld zu investieren. Welche Risiken bestehen aus Ihrer Sicht, und wie können sich Verbraucher schützen?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: ETFs sind zweifellos ein effektives Instrument, um breit gestreut zu investieren und von verschiedenen Marktsektoren zu profitieren. Doch wie bei jeder Finanzanlage gibt es auch hier Risiken, die Anleger kennen und verstehen sollten. Ein Hauptproblem ist, dass viele Investoren nur die potenziellen Gewinne sehen und die damit verbundenen Risiken unterschätzen – insbesondere, wenn sie aufgrund von Werbung oder Trends investieren, ohne ihre individuelle Situation zu berücksichtigen.

Moderatorin: Was sollten Anleger beachten, bevor sie in ETFs investieren?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Zunächst einmal sollte man sich bewusst sein, dass die Vielzahl der beworbenen ETFs – sei es auf Technologie, Kryptowährungen oder Nachhaltigkeit – nicht automatisch bedeutet, dass sie für jeden geeignet sind. Anleger sollten folgende Punkte beachten:

Eigene Ziele definieren:
Was ist das Anlageziel? Geht es um langfristige Vermögensbildung, kurzfristige Gewinne oder Absicherung?

Kosten und Struktur der ETFs:
Nicht alle ETFs sind günstig. Es gibt erhebliche Unterschiede in den Gebührenstrukturen, und komplexe Produkte wie synthetische ETFs können zusätzliche Risiken bergen.

Marktrisiken:
Wie bei jeder Investition können die Kurse fallen, insbesondere bei spezialisierten oder volatilen Märkten wie Kryptowährungen oder Technologie.

Vertrauenswürdige Informationen:
Anleger sollten nicht nur auf „Top-Listen“ vertrauen, sondern die Quellen kritisch hinterfragen und unabhängige Analysen einholen.

Moderatorin: Welche rechtlichen Aspekte sollten Anleger berücksichtigen?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Anleger müssen wissen, dass Finanzprodukte wie ETFs keine Garantie auf Gewinne bieten und Verluste möglich sind. Rechtlich gibt es einige Aspekte, die man beachten sollte:

Transparenz:
Anbieter sind verpflichtet, transparente Informationen über die Funktionsweise und die Risiken eines ETFs bereitzustellen. Lesen Sie das KID (Key Information Document) genau durch.

Beratungsprotokolle:
Falls ein ETF über einen Berater empfohlen wird, sollten Anleger darauf achten, dass ein Beratungsprotokoll erstellt wird. Dieses kann im Streitfall wichtig sein.

Warnung vor unseriösen Anbietern:
Gerade im Bereich Kryptowährungen und spekulativer ETFs gibt es Anbieter, die fragwürdige Versprechen machen. Anleger sollten überprüfen, ob der Anbieter reguliert ist.

Moderatorin: Was raten Sie Verbrauchern, die sich nicht sicher sind, ob ein ETF für sie geeignet ist?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Ich empfehle dringend, unabhängigen Rat einzuholen – etwa von einem Honorarberater oder einer Verbraucherzentrale. Viele Anleger lassen sich von Trends oder Hypes beeinflussen, wie es derzeit bei KI- oder Kryptowährungs-ETFs der Fall ist. Unabhängige Beratung hilft, die Risiken besser zu verstehen und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Moderatorin: Welche typischen Fehler machen Anleger bei ETFs?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Ein häufiger Fehler ist der Glaube, dass ETFs risikolos seien, nur weil sie breit gestreut sind. Viele vergessen, dass sie immer noch den Schwankungen des Marktes unterliegen. Ein weiterer Fehler ist die blinde Nachahmung von Trends – etwa, wenn man in ETFs investiert, die in „Top-Listen“ auftauchen, ohne die dahinterstehenden Märkte oder die eigenen Bedürfnisse zu analysieren.

Moderatorin: Ihr Fazit für Anleger?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: ETFs sind ein wertvolles Instrument, aber sie sind kein Allheilmittel. Anleger sollten stets wachsam sein, ihre Hausaufgaben machen und sich nicht von Hypes oder Werbung leiten lassen. Wer informiert und kritisch bleibt, kann ETFs sinnvoll in seine Anlagestrategie integrieren – ohne unangenehme Überraschungen.

Moderatorin: Vielen Dank für Ihre wertvollen Einblicke, Frau Bontschev!

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Sehr gerne. Denken Sie daran: Wissen ist der beste Schutz vor finanziellen Fehlentscheidungen.

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