Die Supermärkte hierzulande setzen auf Nachhaltigkeit – zumindest ein bisschen. Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau im Auftrag des Umweltbundesamtes engagiert sich der deutsche Lebensmitteleinzelhandel durchaus, doch das ist offenbar nur die halbe Miete. „Die Firmen könnten ihren Einfluss und Handlungsspielraum stärker nutzen“, sagt Christian Schader vom Institut. Klingt fast so, als würde der Handel zwar gern auf der Nachhaltigkeitswelle mitschwimmen, aber dabei keine nassen Füße bekommen wollen.
Wo hapert es?
Es gibt reichlich Baustellen: die Produktauswahl, die Verpackungen und der Umgang mit Lebensmittelabfällen – nur um die prominentesten zu nennen. Natürlich, es gibt Bio-Äpfel und Fair-Trade-Kaffee. Doch die exotische Mango, eingeflogen aus Übersee, und die Biogurke in Plastikfolie lassen grüßen. Der Handel hat also noch einiges an Stellschrauben, an denen er drehen könnte. Aber wer hat schon Lust, an all den kleinen Schräubchen zu drehen, wenn der Kunde sowieso nur das nimmt, was billig und bequem ist?
Plastikfreie Träume und Realität im Einkaufswagen
Ja, es gibt erste Ansätze: Mehrweggläser für Joghurt, Papiertüten an der Gemüsetheke und Recyclingverpackungen für Nudeln. Doch dann schaut man genauer hin: Pappschachteln mit Plastikdeckeln, Salatköpfe in durchsichtiger Folie und Obst im stylischen, aber wenig umweltfreundlichen Netz – Nachhaltigkeit sieht manchmal aus wie eine gut gemachte PR-Kampagne. Und dann wäre da noch die Sache mit den „losen“ Lebensmitteln. Die klingen in der Theorie super, bis man realisiert, dass sie oft teurer sind als ihre verpackten Gegenstücke. Der Kunde wird also vor die Wahl gestellt: Spare ich Geld oder rette ich die Welt?
Lebensmittelabfälle: Ein endloses Drama
Auch der Umgang mit Lebensmittelabfällen bleibt ein Dauerproblem. Immer wieder landen noch genießbare Produkte im Müll, weil sie nicht den makellosen Standards entsprechen oder das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Klar, einige Supermärkte arbeiten an Kooperationen mit Foodsharing-Initiativen, aber das Problem wird damit nicht ansatzweise gelöst. Stattdessen bleiben tonnenweise Lebensmittel ungenutzt – und das in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit eigentlich ganz oben auf der Agenda stehen sollte.
Nachhaltigkeit: Trend oder echtes Engagement?
Die große Frage bleibt: Will der Handel wirklich nachhaltiger werden, oder ist das Ganze nur eine schicke PR-Strategie, um das Gewissen der Konsumenten zu beruhigen? Schließlich hängt der Erfolg von nachhaltigen Konzepten auch davon ab, ob Kunden bereit sind, mitzumachen – und dafür möglicherweise auch mehr zu zahlen. Doch wer die Verantwortung allein auf die Verbraucher abschiebt, macht es sich ein bisschen zu einfach.
Ein Aufruf an den Handel: Macht mehr draus!
Der Lebensmitteleinzelhandel hat zweifellos Macht. Er entscheidet, welche Produkte ins Regal kommen und welche nicht. Er legt fest, welche Verpackungen verwendet werden und welche Mengen an Lebensmitteln „aussortiert“ werden. Die Möglichkeiten sind riesig, die Herausforderungen aber auch. Es wäre an der Zeit, dass die Unternehmen nicht nur auf halber Strecke stehenbleiben, sondern echte, durchdachte und konsequente Lösungen umsetzen – auch wenn das manchmal unbequem sein könnte.
Fazit: Luft nach oben – und zwar reichlich
Nachhaltigkeit im Handel ist keine Mission Impossible, aber auch kein Selbstläufer. Es braucht mehr als ein paar Bio-Siegel und Papierverpackungen, um wirklich etwas zu bewegen. Der Handel muss erkennen, dass Nachhaltigkeit nicht nur gut fürs Image ist, sondern auch eine Verantwortung gegenüber der Umwelt und den zukünftigen Generationen. Also, liebe Supermärkte: Ran an die Schrauben! Es gibt viel zu tun, und die Zeit läuft.