In Deutschland sind derzeit rund 3,2 Millionen Menschen ab 65 Jahren von Armut bedroht. Das zeigen aktuelle Eurostat-Daten, die der dpa vorliegen und vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angefragt wurden. Konkret waren es im Jahr 2023 3,245 Millionen Betroffene, ein Anstieg im Vergleich zu den 3,157 Millionen im Jahr 2022. Im Jahr 2021 lag die Zahl mit etwa 3,3 Millionen leicht höher, doch die Entwicklung zeigt keine nachhaltige Entspannung der Lage.
Anstieg der Altersarmut trotz wachsender Bevölkerungsgruppe
Sarah Wagenknecht, Vorsitzende des BSW, bezeichnete die Situation als „dramatischen Anstieg der Altersarmut“. Sie betonte, dass insbesondere Rentner mit geringen Einkünften oder ohne ausreichende private Altersvorsorge zunehmend unter Druck geraten. Viele ältere Menschen seien auf zusätzliche Unterstützung angewiesen, etwa durch die Grundsicherung im Alter, um über die Runden zu kommen.
Das Statistische Bundesamt weist gleichzeitig darauf hin, dass die Zahl älterer Menschen in Deutschland kontinuierlich steigt. Dieser demografische Wandel beeinflusst die Statistik zur Altersarmut, da die wachsende Bevölkerungsgruppe ab 65 Jahren auch ein höheres Armutsrisiko mit sich bringt.
Ursachen der Altersarmut
Experten machen mehrere Faktoren für die Entwicklung verantwortlich:
Niedrige Renten: Viele ältere Menschen erhalten Rentenzahlungen, die unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegen, insbesondere Frauen, die aufgrund von Teilzeitarbeit oder familiären Auszeiten niedrigere Rentenansprüche haben.
Lücken in der Altersvorsorge: Menschen, die während ihres Arbeitslebens nicht ausreichend in die Rentenversicherung einzahlen konnten oder keine private Vorsorge getroffen haben, sind besonders betroffen.
Steigende Lebenshaltungskosten: Die anhaltende Inflation und steigende Kosten für Miete, Energie und Lebensmittel belasten vor allem Rentner mit geringem Einkommen.
Regionaler Unterschied: Besonders in Ostdeutschland und strukturschwachen Regionen ist die Gefahr der Altersarmut höher, da dort viele Menschen aufgrund niedriger Löhne und prekärer Arbeitsverhältnisse weniger Rentenansprüche erworben haben.
Politische Reaktionen und Forderungen
Sarah Wagenknecht und das BSW fordern eine grundlegende Reform des Rentensystems, um Altersarmut entgegenzuwirken. Dabei setzen sie sich für eine Erhöhung der Grundrente, eine stärkere Berücksichtigung von Pflege- und Erziehungszeiten sowie Maßnahmen zur Stabilisierung des Rentenniveaus ein. „Es darf nicht sein, dass Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter in Armut leben müssen,“ so Wagenknecht.
Auch Sozialverbände fordern gezielte Maßnahmen, wie etwa eine Anhebung der Grundsicherung im Alter, bezahlbaren Wohnraum für Senioren und eine bessere Absicherung für pflegende Angehörige.
Was bedeutet Armut im Alter?
Die Armutsgefährdungsschwelle liegt in Deutschland bei etwa 60 Prozent des mittleren Einkommens. Laut Statistischem Bundesamt bedeutet dies für einen Einpersonenhaushalt im Jahr 2023 etwa 1.250 Euro netto pro Monat. Viele Rentner, die unter dieser Schwelle liegen, müssen jeden Cent umdrehen, verzichten auf Freizeitaktivitäten oder medizinisch notwendige Ausgaben und leben in ständiger Sorge vor unerwarteten Kosten.
Fazit
Die Zahlen verdeutlichen, dass Altersarmut in Deutschland ein wachsendes Problem darstellt, das sich in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel noch verschärfen könnte. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind umfassende Reformen und gezielte politische Maßnahmen dringend notwendig, um allen Menschen ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen.