Shell bleibt von einer drastischen Reduzierung seines CO₂-Ausstoßes vorerst verschont. Ein Zivilgericht in Den Haag hob das Urteil der ersten Instanz auf, das dem Konzern vor zwei Jahren auferlegt hatte, seinen CO₂-Ausstoß bis 2030 um netto 45 Prozent zu senken. Die Klage gegen Shell wurde 2018 von der Umweltschutzorganisation Milieudefensie eingereicht, die sich auf das Pariser Klimaabkommen berief und argumentierte, dass der Öl- und Gaskonzern zur Einhaltung der Klimaziele verpflichtet sei.
In der ersten Instanz hatte das Gericht den Klägern recht gegeben und Shell zur Reduzierung seines Ausstoßes verpflichtet. Das Urteil galt als wegweisend, da es sich um eine der ersten erfolgreichen Klimaklagen gegen einen großen Konzern handelte. Das Gericht stellte damals fest, dass Shell in der Verantwortung stehe, die Emissionen entlang seiner gesamten Lieferkette – also auch die seiner Kunden – zu senken.
Shell argumentierte jedoch, dass das Unternehmen nicht für die Emissionen seiner Kunden verantwortlich gemacht werden könne. Der Konzern legte Berufung ein und erhielt nun vor dem Zivilgericht in Den Haag recht. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass Shell die Emissionen aus der Nutzung seiner Produkte durch Endkunden nicht in gleichem Maße kontrollieren könne wie die direkten Emissionen aus der eigenen Produktion.
Die Entscheidung löste bei Umweltschutzorganisationen Enttäuschung aus, da sie einen Rückschlag für die Klimabewegung darstellt. Sie betonen, dass Unternehmen wie Shell eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen und dass auch indirekte Emissionen berücksichtigt werden müssten, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Shell hat mittlerweile angekündigt, weiterhin in grüne Technologien und nachhaltige Energiequellen zu investieren, aber das Ziel einer verpflichtenden Reduktion bleibt für den Konzern vorerst ausgesetzt. Das Urteil könnte richtungsweisend für weitere Klimaklagen gegen Konzerne in anderen Ländern sein und zeigt, wie komplex die Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette juristisch betrachtet wird.
Umweltschutzorganisationen haben bereits angekündigt, die Entscheidung erneut überprüfen zu lassen, um mehr Rechtssicherheit darüber zu schaffen, inwieweit Großkonzerne ihre Lieferketten klimafreundlicher gestalten müssen.