Die Diskussion über die Abschaffung der Zeitumstellung beschäftigt Europa schon seit vielen Jahren. Seit 1980 wird in den meisten EU-Ländern zweimal jährlich die Uhr umgestellt: Im März auf die Sommerzeit und im Oktober wieder zurück auf die Normalzeit, auch Winterzeit genannt. Dieses Ritual, das ursprünglich Energieeinsparungen fördern sollte, hat jedoch in den letzten Jahren zunehmend an Akzeptanz verloren, sowohl in der Bevölkerung als auch bei Experten aus den Bereichen Gesundheit und Wirtschaft.
Einer der Hauptgründe für die wachsende Kritik ist der gesundheitliche Aspekt. Studien zeigen, dass die Zeitumstellung den Biorhythmus des Menschen erheblich stört. Besonders die Umstellung auf die Sommerzeit führt bei vielen Menschen zu Schlafstörungen, verminderter Leistungsfähigkeit und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gerade in den ersten Tagen nach der Umstellung berichten viele Betroffene von Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, was auch die Unfallgefahr im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz erhöhen kann.
Zudem ist der ursprünglich angedachte Effekt der Energieeinsparung, der in Zeiten von Ölkrisen und fossilen Brennstoffen relevant erschien, in der modernen Zeit kaum noch messbar. Technologische Fortschritte wie energieeffiziente Beleuchtung und der Wandel hin zu erneuerbaren Energien haben den Energieverbrauch unabhängig von der Zeitumstellung optimiert.
Im Jahr 2018 gab die Europäische Kommission auf Initiative des damaligen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker eine Umfrage in Auftrag, bei der die EU-Bürgerinnen und -Bürger gefragt wurden, ob die Zeitumstellung beibehalten oder abgeschafft werden sollte. Über 80 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer sprachen sich für die Abschaffung aus, insbesondere in Deutschland war die Zustimmung besonders hoch. Daraufhin schlug die Kommission vor, die Umstellung ab 2021 zu beenden und jedem Mitgliedsstaat die Entscheidung zu überlassen, dauerhaft die Sommer- oder Winterzeit einzuführen.
Doch die Umsetzung dieses Vorhabens stockt. Bisher konnte sich die EU nicht auf eine einheitliche Regelung einigen, da die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Präferenzen haben. Einige Länder favorisieren die dauerhafte Sommerzeit, um von längeren Abenden zu profitieren, während andere Länder, insbesondere im Norden Europas, die Winterzeit bevorzugen, da sie dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus näherkommt. Die Befürchtung einer „Zeit-Flickenteppichs“ in Europa, bei dem die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Zeitregelungen einführen, hat die Verhandlungen zusätzlich verkompliziert.
Dennoch bleibt die Abschaffung der Zeitumstellung ein Thema, das weiterhin in der EU diskutiert wird. Viele Experten und Befürworter sehen darin einen wichtigen Schritt, um das Leben der Menschen zu erleichtern und die negativen gesundheitlichen Auswirkungen zu minimieren. Ob und wann eine endgültige Entscheidung getroffen wird, bleibt abzuwarten – doch der Druck aus der Bevölkerung wächst.