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Staatsanwaltschaft Hildesheim

qimono (CC0), Pixabay

Staatsanwaltschaft Hildesheim

Benachrichtigung gemäß § 459i StPO über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung

NZS 17 Js 29211/​19 VRs – 24.03.2022

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Amtsgerichts Peine wegen Betruges (Az. 04 Ls 17 Js 29211/​19) gegen N. Alkan. Diese ist rechtskräftig seit dem 16.02.2022. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.

Der Einziehungsanordnung liegt folgender Sachverhalt zugrunde

Dem Angeschuldigten gelang es, an die persönlichen Daten des Zeugen S. zu gelangen. Mit diesen Daten bestellte er am 18.11.2019 auf der Internetseite der Firma Vodafone ein Handy iPhone 11 im Wert von 799 € mit einem Mobilfunktarif. Der Angeschuldigte wollte das Handy für sich nutzen und war nicht bereit, den dafür monatlich anfallenden Beitrag zu zahlen.

Das so bestellte Handy iPhone 11 wurde dem Angeschuldigten am 20.11.2019 an dessen Anschrift in Ilsede durch die Deutsche Post zugestellt. Zur Auslieferung war die Vorlage eines gültigen Ausweisdokumentes erforderlich. Der Angeschuldigte oder ein unbekannt gebliebener Dritter hatte zuvor mit den Daten des Zeugen S. eine täuschend echt aussehende Ausweiskopie hergestellt. Bei Auslieferung des Telefons legte der Angeschuldigte dieses Ausweisdokument vor, damit ihm das Mobilfunkgerät ausgehändigt wird.

Während bei der Tat zu 1. die alleinige Bestellung auf der Internetseite der Firma Vodafone ausreichend war, um die Auslieferung des Mobilfunkgerätes zu ermöglichen, erfordert die Firma zur Finalisierung des Auftrages, dass der jeweilige Besteller das Auftragsformular eigenhändig unterschreibt und zurücksendet. Der Angeschuldigte unterzeichnete am 20.11.2019 mit dem Namenszug „M. S.“ dieses Schreiben, um so den Eindruck zu erwecken, dass der Zeuge S. das Dokument unterschrieben hat.

Der Angeschuldigte war auf den Internetseiten eBay Kleinanzeigen und quoka.de unterwegs. Beide Internetseiten erlauben es den Nutzern, Gegenstände zum Verkauf anzubieten. Der Angeschuldigte gab auf beiden Plattformen jeweils vor, dass er im Besitz eines Mobilfunkgerätes iPhone X sei und dass er in der Lage wäre, dieses Gerät auch zu versenden. Die jeweiligen Zeugen schlossen mit dem Angeschuldigten nunmehr Verträge über den Verkauf des vermeintlich vorhandenen Gerätes ab, obwohl dem Angeschuldigten bewusst war, dass er die Verträge nicht wird erfüllen können. Die Zeugen übersandten dann den vereinbarten Kaufpreis auf das Konto des Angeschuldigten. Dieser wiederum unterließ es, das Gerät zu versenden. Im Einzelnen:

Im Zeitraum vom 14. bis 15.05.2019 verkaufte er so das Gerät an die Zeugin S. F. über die Internetplattform eBay Kleinanzeigen für 450 €. Anstelle des Gerätes versandte er ein Paket mit Papierschnipseln.

Im Zeitraum vom 05. bis 06.06.2019 verkaufte er so das Gerät an die Zeugin Y. D. zu einem Preis von 300 € über die Internetplattform quoka.de.

An den Zeugen W. S. verkaufte er so im Zeitraum vom 11. bis 12.06.2019 über die Internetplattform quoka.de das Gerät für 500 €. Dieser leistete eine Anzahlung in Höhe von 250 €, um das Gerät zu erhalten.

Der Angeschuldigte schloss sich mit einer unbekannten Anzahl von unbekannten Personen zusammen, um so über verschiedenste Trickanrufe bei Bankkunden deren persönliche Daten zu erhalten. Ziel der Gruppierung war es, anschließend im Rahmen von Telefonbanking die so erhaltenen notwendigen Daten zu verwenden, um gegenüber den Banken vorzutäuschen, dass es sich tatsächlich um deren Kunden handeln würde. Der Tatbeitrag des Angeschuldigten war es, zunächst sein Konto zur Verfügung zu stellen, damit die Beträge seitens der betrogenen Banken in Empfang genommen werden konnten. Zu einem späteren Zeitpunkt war der Angeschuldigte jedoch damit betraut, dass er neue Kontoverbindungen zu beschaffen hat, auf die dann die betrügerisch erlangten Gelder fließen konnten. Der Angeschuldigte täuschte nunmehr zum einen gegenüber Bekannten vor, dass er über kein eigenes Konto verfügen würde, zum anderen spionierte er aber auch die Kontodaten bei einer passenden Gelegenheit aus. Anschließend sollte er die Kontoinhaber dazu bringen, dass sie ihm die Gelder auszahlen, damit er sie sich mit den weiteren Tatbeteiligten teilen könne. Im Einzelnen:

Am 04.07.2019 kontaktierte die Gruppierung die Kreissparkasse Tübingen, welche ein Konto für den Zeugen S. vorhält. Unter der Nutzung der vorher erlangten Daten initiierte die Gruppierung eine Überweisung in Höhe von 2465 € auf das Konto des Angeschuldigten bei der Sparkasse Hildesheim Peine Goslar.

In der Zwischenzeit gelang es dem Angeschuldigten, das Vertrauen der Zeugin R. zu erwerben. Daraufhin stellte sie ihm Ihre Kontoverbindung zur Verfügung. Dieses nutzte die Gruppierung, um am 04.12.2019 gegenüber der Sparkasse Neunkirchen, welche ein Konto für den Zeugen K. S. betreibt, eine Überweisung in Höhe von 1530 € auf das Konto der Zeugin R. zu initiieren.

Die Sparkasse Neunkirchen unterhält auch ein Konto für die Zeugin A. S. Die Daten der Zeugin wurden nunmehr benutzt, um am 05.12.2019 eine Überweisung in Höhe von 2164,05 € auf das Konto der Zeugin R. zu initiieren.

Die Gruppierung um den Angeschuldigten gelangte auch in den Besitz der Daten des Zeugen M. B. Mit diesen Daten erreichte die Gruppierung die Durchführung von Überweisungen durch die Sparkasse Hildesheim Peine Goslar an die Zeugin R. am 12.12.2019 in Höhe von 494,35 €, am 13.12.2019 in Höhe von 494,35 €, am 16.12.2019 in Höhe von 497,50 € und am 17.12.2019 in Höhe von 491,30 €.

Ebenfalls gelangte man an die Daten des Kontos der Karl Brennecke Tischlerei GmbH, welche ebenfalls ein Konto bei der Sparkasse Hildesheim Peine Goslar unterhält. Man ließ wiederum auf das Konto der Zeugin R. am 12.12.2019 ein Betrag in Höhe von 495,70 €, am 13.12.2019 einen Betrag in Höhe von 495,20 €, am 16.12.2019 einen Betrag in Höhe von 496,45 € und am 17.12.2019 einen Betrag in Höhe von 496 € überweisen.

Schlussendlich gelangte man an die Kontodaten des Zeugen B. bei der Sparkasse Südwestpfalz. Man initiierte so am 31.03.2020 eine Überweisung in Höhe von 1990 € und am 01.04.2020 in Höhe von 1895 € auf das Konto des Zeugen A., der durch den Angeschuldigten dazu gebracht werden sollte, das Geld später auszuzahlen.

Der Angeschuldigte schloss sich weiterhin mit einer unbekannten Anzahl von Personen zusammen, um so über verschiedenste Trickanrufe bei Bankkunden deren persönlichen Daten zu erhalten. Ziel der Gruppierung war es anschließend im Rahmen von Telefonbanking die so erhaltenen notwendigen Daten zu verwenden, um gegenüber den Banken vorzutäuschen, dass es sich tatsächlich um deren Kunden handeln würde. Der Tatbeitrag des Angeschuldigten bestand darin Konten zu Verfügung zu stellen, auf denen die so erlangten Gelder überwiesen werden konnten.

Die Gruppierung nahm so am 15.01.2020 Kontakt zu dem Zeugen A. in Meiningen auf, der dort ein Optikergeschäft betreibt. Aufgrund der Gesprächsführung war es den Tätern nunmehr möglich, die persönlichen Daten des Zeugen in Erfahrung zu bringen.

Mit diesen Daten initiierten sie am 16.01.2020 gegenüber der Hausbank des Zeugen A. unter anderem eine Überweisung in Höhe von 2465 € auf das Konto des Zeugen C., bei dem es sich um einen alten Schulfreund des Angeschuldigten handelt. Der Angeschuldigte brachte den Zeugen zuvor dazu, dass er sein Konto ihm zur Verfügung stellte, da der Angeschuldigte ihm gegenüber vorgab, dass der Sohn des Zeugen A. bei ihm noch Schulden habe und er kein eigenes Konto habe. Der so überwiesene Betrag wurde unter dem Beisein des Angeschuldigten von den Zeugen abgeholt und diesen übergeben.

Auf Grund dieser Entscheidung steht den Verletzten der vorstehenden Straftaten ein Anspruch auf Auskehrung eines Betrages zu, der nunmehr angemeldet werden kann.

Bitte beachten Sie folgende Hinweise zum weiteren Verfahrensablauf:

Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO).

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO).

Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459k Abs. 3 StPO).

In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen.

Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/​oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO).

Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzten zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459h Abs. 2 i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111i Abs. 1 StPO).

Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO).

Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.

 

Höppner
Rechtspflegerin

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