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Staatsanwaltschaft Hildesheim

qimono (CC0), Pixabay

Staatsanwaltschaft Hildesheim

Benachrichtigung gemäß § 459i StPO über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung

15 Js 38055/​20

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Amtsgerichts Lehrte wegen Betruges (Az. 4 Ds 15 Js 38055/​20) gegen F. – I. Vasile und L. Vasile. Diese ist rechtskräftig seit dem 29.04.2021. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.

Der Einziehungsanordnung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 30.06.2020 befand sich die Zeugin B. gegen 12:40 Uhr auf dem Rückweg vom Einkaufen im Rewe Markt in Sehnde. Auf der Straße vor ihrem Haus in Sehnde sprach sie die Angeschuldigte an und gab entgegen der Realität an, hilflos zu sein und ein Glas Wasser zu benötigen. Die Zeugin B. lehnte dies zunächst ab. Sodann begab sich die Zeugin B. in ihre Wohnung, in der ihr die Angeschuldigte ohne Aufforderung folgte und am Wohnzimmertisch Platz nahm und nach Wasser verlangte. Auf nochmalige Aufforderung überreichte die Zeugin B. ihr ein Glas Wasser. Aufgrund eines Vorwands der Angeschuldigten, noch mehr Wasser zu benötigen, begab sich die Zeugin B. aus dem Wohnzimmer heraus in den Flurbereich der Wohnung. Diesen Moment nutzte die Angeschuldigte wie von Anfang an geplant aus und nahm die auf dem Esstisch im Wohnzimmer abgelegte Geldbörse der Zeugin B. mitsamt der EC-Karte und 40 Euro Bargeld an sich und verließ fluchtartig die Wohnung, um dem Angeschuldigten die EC-Karte gemäß dem vorab gefassten Tatplan zu übergeben. Die Angeschuldigten handelten dabei bewusst und gewollt zusammen.

Entsprechend des Tatplanes übergab die Angeschuldigte dem vor der Wohnung wartenden Angeschuldigten gegen 12:50 Uhr die EC-Karte der Zeugin B.. Sodann begab sich der Angeschuldigte zum rund 500 Meter von der Wohnung der Zeugin B. entfernten Geldautomaten der Volksbank Hildesheim-Lehrte-Pattensen in der Mittelstraße 11 in Sehnde und hob – nachdem sie die PIN zuvor im Rewe Markt ausgespäht hatten – um 13:00 Uhr 1.955 Euro vom Konto der Zeugin B. ab, um das Geld für sich zu verwenden. Die Angeschuldigten handelten dabei bewusst und gewollt zusammen.

Die Angeschuldigte hielt sich am 22.09.2020 gegen 12:20 Uhr auf dem Edeka Parkplatz in Schwülper, Meerweg 2, auf. Dort sprach sie den Geschädigten B. an, bat diesen zunächst um eine Spende für Behinderte, woraufhin ihr dieser 10 Euro übergab. Sodann fragte die Angeschuldigte den Zeugen B., ob dieser alleinstehend sei, was dieser bejahte. Die Angeschuldigte bot dem Zeugen B. an, für 100 Euro mit ihm den Geschlechtsverkehr durchzuführen, was dieser annahm und die Angeschuldigte mit in seine Wohnung in Wendeburg nahm. Dort angekommen, legte sich die Angeschuldigte auf sein Bett im Gästezimmer. Der Zeuge B. übergab ihr 100 Euro aus einer mit einem Schloss versehenen und im Gästezimmer befindlichen Geldkassette. Sodann forderte die Angeschuldigte den Zeugen B. auf, vor Durchführung des Geschlechtsverkehrs noch einmal duschen zu gehen, woraufhin sich dieser in das Obergeschoss begab. Tatsächlich hatte die Angeschuldigte zu keinem Zeitpunkt vor, mit dem Zeugen B. den Geschlechtsverkehr auszuüben, sondern sie plante von vornherein, nach Übergabe des vereinbarten Entgeltes die Wohnung zu verlassen, was sie auch tat.

Vor dem endgültigen Verlassen der Wohnung schloss die Angeschuldigte die Geldkassette mit dem im Gästezimmer abgelegten Schlüssel auf und nahm, während sich der Zeuge B. zum Duschen im Obergeschoss der Wohnung befand, ohne dessen Wissen drei weitere, in der Geldkassette befindliche 50-Euro-Banknoten an sich, um diese für sich zu behalten.

Die Angeschuldigten hielten sich am 28.09.2020 gemeinsam gegen 15 Uhr auf dem Rewe Parkplatz in Lehrte Hämelerwald, Fortunastr. 1 auf. Dort sprach die Angeschuldigte die Geschädigte I. an und bat sie um eine Spende. Sie zeigte der Geschädigten zu diesem Zweck ein Klemmbrett mit einer Spendenliste und teilte ihr mit, dass sie Spenden für Behinderte sammle. Die Spendenliste wies dabei auf den „Landesverband für Behinderte und Taubstumme“ sowie „Handicap International“ hin. In der festen Überzeugung, tatsächlich eine gemeinnützige Organisation zu unterstützen, übergab die Geschädigte I. der Angeschuldigten 70 Euro. Tatsächlich wollten die Angeschuldigte den Betrag, wie von Anfang geplant, für sich behalten. Dabei wusste die Angeschuldigte, dass die Geschädigte I. ihr den Betrag nicht übergeben hätte, wenn ihr der fehlende gemeinnützige Zweck bewusst gewesen wäre.

Anschließend folgten die Angeschuldigten der Geschädigten I. unbemerkt bis zu deren Wohnadresse. Dort bat die Angeschuldigte die Geschädigte I. um ein Glas Wasser, sowie um die Benutzung der Toilette. Nachdem die Geschädigte I. dies zunächst verneint hatte, entschloss sie sich, der Angeschuldigten doch ein Glas Wasser zu holen, bat diese, draußen zu warten und begab sich ins Haus. Die Angeschuldigte betrat gleichwohl hinter der Geschädigten I. die Wohnung und begab sich in das Wohnzimmer, um die Geschädigte abzulenken. Währenddessen betrat der Angeschuldigte entsprechend des vorab gefassten Tatplanes ebenfalls die Wohnung. Abgelenkt durch die Angeschuldigte, begab sich der Angeschuldigte zunächst unbemerkt in das Schlafzimmer der Geschädigten und öffnete die dort befindliche Schmuckschatulle, um wertvolle Schmuckstücke zu entwenden. Als der Angeschuldigte feststellte, dass die Geschädigte ihn bemerkt hatte, ließ er von seinem Vorhaben ab und beide Angeschuldigte verließen die Wohnung. Die Angeschuldigten handelten dabei bewusst und gewollt zusammen.

Auf Grund dieser Entscheidung ist den Verletzten der vorstehenden Straftaten ein Anspruch auf Auskehrung eines Betrages entstanden, der nunmehr geltend gemacht werden kann.

Bitte beachten Sie folgende Hinweise zum weiteren Verfahrensablauf:

Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO).

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO).

Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459k Abs. 3 StPO).

In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen.

Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/​oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO).

Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzten zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459h Abs. 2 i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111i Abs. 1 StPO).

Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO).

Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.

 

Höppner
Rechtspflegerin

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