Start Allgemein CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG und die ratierlichen Einzahlungen laut Satzung

CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG und die ratierlichen Einzahlungen laut Satzung

794
Tumisu (CC0), Pixabay

Zu diesem Thema haben wir der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei aus Hamburg, die als Mandantenvertreter der CO.NET fungiert, eine Presseanfrage übermittelt, aber bisher keine Antwort erhalten. Also können wir hier nun eine allgemeine Einschätzung der Sachlage veröffentlichen, basierend auch auf den Erfahrungen, die wir aus der Insolvenz der Geno Wohnbaugenossenschaft eG gemacht haben. Deren Insolvenzverwalter hatte uns darauf aufmerksam gemacht, dass eine ratierliche Einzahlung von gezeichneten Genossenschaftsanteilen im Genossenschaftsgesetz nicht vorgesehen ist, sondern der Betrag sofort und in voller Höhe einzuzahlen ist.

Das hatte zur Folge, so der Insolvenzverwalter, dass er alle offenen ratierlichen Zahlungen sofort fällig stellen kann und wird. Das wird für manche Genossen schon ein recht hoher Betrag sein, den sie da aufbringen müssen. Bei der Geno Wohnbaugenossenschaft eG waren sich, so muss man im Nachhinein feststellen, die Genossen dieser Gefahr nicht bewusst und vom Handeln des Insolvenzverwalters völlig überrascht.

Die CO.NET Verbrauchergenossenschaft eG aus Drochtersen ist natürlich nicht in Insolvenz. Trotzdem wollten wir natürlich wissen, wie diese Genossenschaft die laut ihrer Satzung mögliche ratierliche Zahlung der Genossenschaftsanteile begründet. Hierzu ist zwar in § 38 Absatz 3 der AGO geregelt, dass der Pflichtanteil und ein eventueller Zuschuss sofort nach Annahme des Beitritts voll einzuzahlen sind, aber auch hier finden sich in den Absätzen 6 und 7 wiederum entsprechende Ratenzahlungsbestimmungen.

Wir haben dazu ein Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek von BEMK Rechtsanwälte geführt:

Redaktion: Herr Blazek, Sie sind Fachanwalt für Gesellschaftsrecht, haben schon früher etwas zu Anlegergenossenschaften und Widerrufsbelehrungen geschrieben und sind aktuell in einem großen Komplex um eine Wohnbaugenossenschaft tätig. Oftmals wird Verbrauchern ja gestattet, dass sie ihre Zahlungen auf den Genossenschaftsanteil in Raten leisten. Ist das rechtlich möglich?

Blazek: Ja, aber da gibt es einiges zu beachten. Vor allem die Vorschrift des § 15b Abs. 2 GenG. Demnach darf die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen, außer bei einer Pflichtbeteiligung, nicht zugelassen werden, bevor alle Geschäftsanteile des Mitglieds, bis auf den zuletzt neu übernommenen, voll eingezahlt sind.

Redaktion: Was ist eine Pflichtbeteiligung?

Blazek: Dazu muss man differenzieren. Bei Genossenschaften bestimmt die Satzung, mit welchem Betrag sich ein jedes Mitglied mindestens beteiligen muss (Pflichtanteil, § 7 Nr. 1 Hs. 1, 2. Fall GenG) und den Betrag, bis zu welchem sich das Mitglied freiwillig beteiligen kann (§ 7 Nr. 1 Hs. 1, 1. Fall GenG, „können“). Beides zusammen ist der „Geschäftsanteil“. Müssen die Mitglieder mehrere Geschäftsanteile übernehmen, was für alle satzungsgemäß gleich gelten würde, spricht man von „Pflichtbeteiligung“, § 7a Abs. 2 GenG.

Redaktion: Was bedeutet das jetzt wieder für Ratenzahlungen bei Genossenschaften?

Blazek: Das bedeutet grundsätzlich, dass man sich nur dann mit weiteren, freiwilligen Anteilen an einer Genossenschaft beteiligen kann, wenn alle vorherigen Zahlungen auf bereits übernommene Geschäftsanteile voll erbracht wurden – es sei denn, es handelt sich um eine Pflichtbeteiligung. Ist das nicht der Fall, so kann es Probleme mit einer Ratenzahlungsvereinbarung geben.

Redaktion: Das klingt kompliziert. Können Sie das vereinfachen?

Blazek: Das stimmt. Einfaches Beispiel – ein Mitglied muss sich laut Satzung mindestens mit 1.000,00 Euro beteiligen, was einem Anteil entspricht, zeichnet aber freiwillig 5.000,00 Euro. Vereinbart wird eine Ratenzahlung auf alles in Höhe von 100,00 Euro monatlich, also 50 Monate lang. Damit entsteht die Verpflichtung zur Übernahme weiterer Anteile bereits bei Zeichnung, ohne dass auch nur einer voll eingezahlt war. Das verstößt meiner Ansicht nach gegen § 15b Abs. 2 GenG.

Redaktion: Was wäre die Rechtsfolge?

Blazek: Die entsprechende Satzungsbestimmung und die Stundungsvereinbarung könnten nichtig bzw. unwirksam sein. Ein Mitglied hätte seine Einzahlungsverpflichtung dann in Gänze zu erbringen und nicht ratenweise.

Redaktion: Kann dann ein Mitglied nicht einwenden, darüber nicht aufgeklärt worden zu sein?

Blazek: Schon. Aber wir befinden uns im Gesellschaftsrecht, und eine etwaige darauf gestützte Kündigung wurde grundsätzlich nicht zu einer Rückabwicklung führen, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen können. Und bis dahin wäre die Zahlungsverpflichtung bereits in voller Höhe entstanden.

Redaktion: Gibt es dazu schon einschlägige Rechtsprechung?

Blazek: Ja, die sogenannten Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft wurden seinerzeit sogar in Anbetracht von Genossenschaften entwickelt. Für den Fall einer insolventen Genossenschaft ist zum Beispiel lesenswert der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2009 (BGH II ZR 138/08). Die Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft gelten selbst bei einem nichtigen Beitritt zur Genossenschaft. Der dortige Insolvenzverwalter konnte und musste alle rückständigen Einzahlungen fordern.

Redaktion: Wie beurteilen Sie die folgenden Regelungen aus einer Genossenschaftsatzung: „Mitglieder müssen mindestens vier und können beliebig viele Geschäftsanteile übernehmen, sofern die bereits gezeichneten Geschäftsanteile vollständig eingezahlt sind. Der Vorstand kann Ratenzahlung zulassen. Vom Beginn des auf den Beitritt folgenden Monats sind monatlich mindestens jeweils 25 € einzuzahlen, bis die Summe der gezeichneten Geschäftsanteile erreicht ist“?

Blazek: Das kann man so auslegen, dass die ersten vier Geschäftsanteile so genannte Pflichtanteile sind (§ 7 Nr. 1 Hs. 1, 2. Fall GenG, „müssen“) und die weiteren Geschäftsanteile freiwillige Anteile (§ 7 Nr. 1 Hs. 1, 1. Fall GenG, „können“). Eine Pflichtbeteiligung im Sinne des GenG sehe ich darin nicht. Des Weiteren verstehe ich die Formulierung so, als könne man von Anfang an die Einzahlungen auf den Geschäftsanteil in Raten leisten („Vom Beginn des auf den Beitritt folgenden Monats sind monatlich mindestens …“).

Redaktion: Wäre denn die Ratenzahlung korrekt?

Blazek: Das kann ich nicht abschließend beurteilen. Dafür müsste ich u.a. noch prüfen, wie die jeweilige Stundungsvereinbarung ausgestaltet ist, zum Beispiel auf dem Zeichnungsschein oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nach vorläufiger rechtlicher Würdigung kann ich aber nicht ausschließen, dass zumindest hinsichtlich der weiteren, freiwilligen Anteile („beliebig viele“) ein Verstoß der Satzung gegen § 15b Abs. 2 GenG vorliegen könnte, sofern je eine Ratenzahlung vereinbart wurde. Denn die Verpflichtung zur Übernahme wird bereits eingegangen, ohne dass wenigstens die Pflichtanteile voll oder die jeweiligen vorherigen freiwilligen Anteile voll eingezahlt sind.

Das würde aber zum Beispiel dann nicht gelten, wenn jemand seine Zahlung auf den Geschäftsanteil in einer Summe leistet oder sich dazu verpflichtet hat.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein