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Stresstest zeigt: Betriebliche Altersversorgung steht vor Problemen

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Die BaFin hat in einem aktuellen Fachartikel die Ergebnisse eines Stresstests veröffentlicht, der sich mit den Kapitalanlagen europäischer Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) beschäftigte. Nach Mitteilung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) können diese möglicherweise in Zukunft nicht mehr die Verpflichtungen vollumfänglich bedienen. In Deutschland zählen zu diesen Einrichtungen Pensionskassen und -fonds.

Sollte das Niedrigzinsumfeld weiter bestehen, könnten auf einen Teil der Arbeitgeber, die EbAV für die betriebliche Altersversorgung ihrer Beschäftigten nutzen, höhere finanzielle Aufwendungen zukommen. Dadurch könnten sich unter Umständen negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft ergeben.

Niedrigzinsumfeld als Hauptfaktor

Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor der Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin, urteilt: „Der EIOPA-Stresstest hat gezeigt, dass Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung nicht nur in Deutschland, sondern auch in zahlreichen anderen Mitgliedstaaten vor erheblichen Herausforderungen stehen, die insbesondere auf das Niedrigzinsumfeld zurückzuführen sind. Viele EbAV und ihre Trägerunternehmen stellen sich bereits diesen Herausforderungen.“

Die EIOPA hat in ihrem Bericht erstmals die Namen der am Stresstest teilnehmenden EbAV veröffentlicht. Sie möchte damit die Transparenz fördern.

Allerdings nennt der Bericht weder Einzelergebnisse, noch lassen sich auf dieser Grundlage Schlussfolgerungen über einzelne EbAV ziehen. Ein Grund dafür ist die Verschiedenartigkeit der EbAV auf europäischer, aber auch auf nationaler Ebene.

Ziel des Stresstests war es, die Widerstandsfähigkeit des europäischen EbAV-Sektors gegen mögliche negative Entwicklungen am Kapitalmarkt zu testen. Dazu wurde ein Szenario unterstellt, das einen Wertverfall der Kapitalanlagen sowie einen leichten Anstieg der risikolosen Zinsen beinhaltet. Der unterstellte Anstieg der risikolosen Zinsen führte im Szenario zu einem leichten Rückgang des ökonomischen Werts der Verpflichtungen, der aber durch den Wertverfall der Kapitalanlagen überkompensiert wurde.

Der Stresstest hat auch untersucht, wie die EbAV mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen. Das Ergebnis: Ein Großteil der Einrichtungen verfügt über Informationen, inwieweit ihre Kapitalanlagen solchen Risiken ausgesetzt sind. Es ist davon auszugehen, dass die EIOPA dieses Thema weiter untersuchen wird.

Gestaltung des Stresstests

Der Stresstest umfasste zum einen Leistungszusagen, bei denen die EbAV oder die Arbeitgeber Versorgungsberechtigten Leistungen garantieren. Zum anderen berücksichtigte er reine Beitragszusagen, bei denen den Versorgungsberechtigten keine Leistungen garantiert werden. Reine Beitragszusagen sind in Deutschland zwar seit dem 1. Januar 2018 zulässig. Zum Stichtag, 31. Dezember 2018, auf den sich der Stresstest bezog, gab es sie in der Praxis in Deutschland aber nicht. Deshalb war dieser Teil des Stresstests für deutsche EbAV nicht relevant.

Der Stresstest für Leistungszusagen wurde sowohl auf Grundlage der jeweiligen nationalen Rechnungslegungsstandards – in Deutschland also des Handelsgesetzbuchs (HGB) – als auch auf Basis eines von der EIOPA entwickelten einheitlichen europäischen Bewertungsstandards durchgeführt.

Im Rahmen des einheitlichen Bewertungsstandards wurden Aktiva und Passiva marktkonsistent bewertet. Die technischen Rückstellungen wurden mit risikolosen Zinssätzen berechnet. Sicherheitsmechanismen wurden als Aktiva bewertet. Dazu zählten Verpflichtungen des Arbeitgebers zu zusätzlichen Zahlungen, aber auch der Schutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein bei Pensionsfonds. Überstiegen im Rahmen des einheitlichen Bewertungsstandards die Passiva die Aktiva einschließlich Sicherheitsmechanismen, wurde der Wert der technischen Rückstellungen so verringert, dass der Wert der Passiva mit dem der Aktiva übereinstimmte. Dies berücksichtigt die Möglichkeit von Leistungskürzungen.

Gegenüber dem vergangenen Stresstest hat die europäische Behörde die Analyse der Zahlungsströme erweitert. So fragte die EIOPA auch Zahlungsströme von Sicherheitsmechanismen und möglichen Leistungskürzungen ab. Dabei zeigte sich, dass im Fall eines Stress-Ereignisses zusätzliche Zahlungen der Arbeitgeber tendenziell eher in den ersten Jahren danach besonders hoch wären, während Leistungskürzungen sich über einen längeren Zeitraum auswirkten.

Die EIOPA hat in ihrem Stresstest eine Marktabdeckung von 60 Prozent der nationalen EbAV-Sektoren angestrebt. In Deutschland wurde diese mit einer für den heimischen Markt repräsentativen Auswahl von Pensionskassen und -fonds erreicht.

Quelle: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/fa_bj_1912_EbAV_Stresstest.html

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