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BaFin zu Telefonaufzeichnungen („taping“)

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Als zuständige Aufsichtsbehörde überprüfte die BaFin Anfang des Jahres, wie die neuen Vorgaben umgesetzt wurden. In den Telefonaufzeichnungen, die sie dazu stichprobenartig angefordert hatte, war teilweise ein deutliches Unbehagen der Kunden über die mitlaufende Aufnahme zu spüren. Die Reaktionen reichten von launigen Bemerkungen à la „Grüße an die Aufsicht“ bis zu deutlich geäußerter Kritik. Doch sowohl Kunden als auch Institute beginnen allmählich, auch die Vorteile der neuen Dokumentationspflichten wahrzunehmen.

Rückblick – Marktuntersuchung MiFID II

Im ersten Quartal 2018 hat die BaFin eine großangelegte Untersuchung durchgeführt, um sich einen ersten Eindruck von der Umsetzung der neuen Vorschriften zu verschaffen. Im Mittelpunkt standen dabei die Themen Taping, Geeignetheitserklärung und Kostentransparenz. Trotz einiger anfänglicher Umsetzungsschwierigkeiten war der Gesamteindruck positiv. Angesichts des Umfangs der Änderungen hat die Umsetzung gut funktioniert. Die in den ersten Monaten aufgetretenen Probleme wurden von den Instituten erkannt und werden nach und nach behoben. Die Ergebnisse der Marktuntersuchung finden sich in der Mai-Ausgabe des BaFinJournals.

Wechselvolle Vorgeschichte

Doch eines nach dem anderen: Was ist überhaupt „Taping“? Was und wie viel muss aufgezeichnet werden? Und was hat sich der Gesetzgeber dabei gedacht?
Um diese Fragen zu beantworten, muss man kurz in die wechselvolle Geschichte der Kapitalmärkte und des Verbraucherschutzes eintauchen. Seit Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 wurden mehrere Skandale publik, bei denen viele Anleger ihr angespartes Vermögen verloren. Seien es konservative Immobilienfonds, die aufgrund von Marktentwicklungen in die Krise gerieten, oder die berüchtigten Lehman-Zertifikate – häufig war die Beratung zum Kauf dieser Finanzinstrumente ein zentrales Thema sowohl in der Presseberichterstattung als auch vor den Zivilgerichten. In der Regel stand dabei Aussage gegen Aussage: Die Kunden behaupteten, nicht über die Risiken der Papiere aufgeklärt worden zu sein. Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen behaupteten das Gegenteil. Wenn keine Seite über handfeste Beweise verfügte, gingen solche Unklarheiten oft zu Lasten der klagenden Anleger.

Um die Position der Verbraucher zu stärken, entwickelte der Gesetzgeber Dokumentationspflichten, die Anfang 2010 in Kraft traten. Mit einem schriftlichen Protokoll musste fortan der Inhalt der Beratungsgespräche dokumentiert werden. Das Beratungsprotokoll wurde über sieben Jahre lang zu einem zentralen Bestandteil der Anlageberatung. Doch auch diese Form der schriftlichen Gesprächsdokumentation hatte ihre Schwächen, so dass die Pflicht zur reinen Protokollierung letztlich abgeschafft wurde.

Die nächste Stufe des Anlegerschutzes

Mit Inkrafttreten der MiFID II wurde daher ein weiterer Schritt in Richtung Verbraucherschutz eingeleitet. Im Wertpapiergeschäft wird seit Anfang dieses Jahres bei Telefongesprächen anstatt einer schriftlichen Zusammenfassung nun das tatsächlich gesprochene Wort aufgezeichnet. Diese Aufzeichnungspflicht wird als „Taping“ bezeichnet. Auch die Kommunikation über moderne elektronische Kanäle, etwa Online-Chats oder Videotelefonie, müssen die Banken nun aufzeichnen. So ist etwa die klassische E-Mail ebenfalls von der Regelung erfasst.

Doch Taping beinhaltet noch mehr. Die Aufzeichnungspflicht bezieht sich nicht nur auf Beratungsgespräche, sondern auf jegliche telefonische und elektronische Kommunikation, die einen Bezug zur Verarbeitung von Kundenaufträgen im Wertpapierbereich hat. Es werden also nicht nur Gespräche mit Kunden dokumentiert. Auch wenn die Bankmitarbeiter im „Backoffice“ Kundenaufträge über die genannten Kommunikationswege besprechen, etwa von Brokern Preisinformationen einholen oder Aufträge telefonisch an Handelsplätze weiterleiten, muss das Band mitlaufen.

Exkurs – Aufzeichnungspflicht auch bei Handel für eigene Rechnung

Neben Gesprächen mit Bezug zu Kundenaufträgen sieht das Gesetz auch Aufzeichnungspflichten bei Geschäften für eigene Rechnung vor. Damit sind alle Vorgänge mit Bezug zu Eigenhandelsgeschäften gemeint, von Verhandlungen zur Anschaffung oder Emission großer institutioneller Tranchen über Käufe und Verkäufe für das eigene Buch bis hin zu Handelsentscheidungen im Investment-Banking. Zwar zeichnen viele Banken diese Art der Kommunikation bereits seit längerem auf, um sich selbst abzusichern. Für die Aufsichtsbehörden war es jedoch oft schwierig, an diese Aufnahmen heranzukommen. Dies wird mit den neuen Regelungen deutlich einfacher.

Die Aufzeichnung soll in erster Linie dokumentieren, ob und wie der Kunde über die Chancen und Risiken des empfohlenen Geschäfts beziehungsweise über die Eigenschaften der empfohlenen Finanzinstrumente informiert wurde. In der Regel wissen aber weder Kunde noch Berater zu Beginn eines Telefonats, in welche Richtung sich dieses entwickeln wird. Gerade dieser Prozess, die Entwicklung einer geeigneten Empfehlung aus den Anliegen des Kunden, ist aber von entscheidender Bedeutung für die spätere Rekonstruktion der Beratung.

Deswegen sollte die Aufnahme grundsätzlich sofort gestartet werden, sobald sich das Gespräch in Richtung Wertpapierdienstleistung entwickelt. Bei spezialisierten Wertpapier-Hotlines muss der Mitschnitt sogar das gesamte Gespräch von Beginn an umfassen. Die Aufzeichnungspflicht wirkt damit der besonderen Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes in einem Telefongespräch entgegen.

Auch wenn keine Beratung stattfindet, sondern der Kunde auf eigenen Wunsch beratungsfrei handelt, erfüllen die Aufzeichnungen eine wichtige Beweisfunktion. Sie sind zwar im beratungsfreien Geschäft auf eine Zusammenfassung des Geschäftsabschlusses und einen Hinweis auf die Beratungsfreiheit beschränkt. Dennoch ist damit nachvollziehbar, was genau der Kunde kaufen oder verkaufen wollte – und ob die Bank den Auftrag richtig und vollständig erfasst hat.

Zugriff auf Aufzeichnungen und Datenschutz

Die Aufzeichnung soll in erster Linie dokumentieren, ob und wie der Kunde über die Chancen und Risiken des empfohlenen Geschäfts beziehungsweise über die Eigenschaften der empfohlenen Finanzinstrumente informiert wurde. In der Regel wissen aber weder Kunde noch Berater zu Beginn eines Telefonats, in welche Richtung sich dieses entwickeln wird. Gerade dieser Prozess, die Entwicklung einer geeigneten Empfehlung aus den Anliegen des Kunden, ist aber von entscheidender Bedeutung für die spätere Rekonstruktion der Beratung.

Deswegen sollte die Aufnahme grundsätzlich sofort gestartet werden, sobald sich das Gespräch in Richtung Wertpapierdienstleistung entwickelt. Bei spezialisierten Wertpapier-Hotlines muss der Mitschnitt sogar das gesamte Gespräch von Beginn an umfassen. Die Aufzeichnungspflicht wirkt damit der besonderen Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes in einem Telefongespräch entgegen.

Auch wenn keine Beratung stattfindet, sondern der Kunde auf eigenen Wunsch beratungsfrei handelt, erfüllen die Aufzeichnungen eine wichtige Beweisfunktion. Sie sind zwar im beratungsfreien Geschäft auf eine Zusammenfassung des Geschäftsabschlusses und einen Hinweis auf die Beratungsfreiheit beschränkt. Dennoch ist damit nachvollziehbar, was genau der Kunde kaufen oder verkaufen wollte – und ob die Bank den Auftrag richtig und vollständig erfasst hat.

Möchte der Kunde nicht, dass seine privaten Geldangelegenheiten auf Telefonmitschnitten hörbar sind, kann er der Aufzeichnung widersprechen. Dann darf die Bank für ihn aber auch keine Wertpapierdienstleistungen am Telefon erbringen. Damit wird vermieden, dass einige Kunden ein höheres Schutzniveau genießen als andere.

Oft sind es gerade diejenigen persönlichen Umstände, die außerhalb des Rahmens „Risikobereitschaft – Anlagehorizont – Kenntnisse und Erfahrungen“ liegen, die maßgeblich über die Qualität einer Anlageempfehlung bestimmen: Stehen außergewöhnliche Ausgaben an, etwa für die Pflege naher Angehöriger? Haben die Kinder finanzielle Probleme und benötigen Unterstützung? Solche privaten Details können für die Auswahl der richtigen Kapitalanlage entscheidend sein. Im Streitfall ist es daher ungemein wichtig, ob der Kunde solche Anliegen geäußert und der Berater sie bei seiner Empfehlung berücksichtigt hat.

Läuft aber – wie in der überwältigenden Mehrheit der Fälle – alles reibungslos, sollten solche Informationen im geschützten Vertrauensraum zwischen Berater und Kunde verbleiben. Aus diesem Grund sehen die gesetzlichen Regelungen sehr hohe Standards zum Schutz der Aufzeichnungen vor.

Die Aufnahmen sind vor jeglichem unbefugtem Zugriff zu schützen und dürfen nur zu bestimmten Zwecken, etwa auf Anforderung der BaFin oder zur Bearbeitung von Kundenbeschwerden, und nur durch zuvor eindeutig bestimmte Mitarbeiter ausgewertet werden. Außerdem dürfen die Compliance– oder Revisionsabteilung der Banken die Aufnahmen in eingeschränktem Umfang für interne Prüfungen nutzen.

Auch die Aufbewahrungsdauer ist gesetzlich geregelt. Spätestens nach fünf Jahren sind die Aufnahmen grundsätzlich zu löschen, wobei die BaFin diesen Zeitraum im Einzelfall auf sieben Jahre verlängern kann. Selbstverständlich kann der Kunde während dieser Zeit jederzeit verlangen, dass ihm eine Kopie der Aufzeichnungen ausgehändigt wird.

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