Start Allgemein Dr. Christoph Sieprath zu den Fehlern der IG Lombard

Dr. Christoph Sieprath zu den Fehlern der IG Lombard

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In einem Schriftsatz seiner Kanzlei hat der Rechtsanwalt der IG Lombard, Dr, Christoph Sieprath Klartext gesprochen. Was wir natürlich befürworten, dürfte bei den Vermittlern sicher nicht gut ankommen. Lesen Sie selber, wir zitieren aus dem der Redaktion vorliegenden Schreiben:

II.    Schadensersatzansprüche

Neben den vorgenannten vertraglichen Ansprüchen machen wir für unsere Mandanten auch Schadensersatzansprüche gegenüber der Insolvenzschuldnerin aus §§ 280, 311, 278 BGB  bzw. aus§ 826 BGB und§§ 823 II  BGB, 264a StGB  iVm. § 831 BGB geltend.

Dies möchten wir wie folgt erläutern.

1.        Schadensersatzansprüche aus §§ 280, 311, 278  BGB

Aufgrund zahlreicher Pflichtverletzungen der Fondsgeschäftsführung stehen unseren Mandanten Schadensersatzansprüche gegen die Insolvenzschuldnerin zu. So ist der gegenüber unseren Mandanten verwendete Fondsprospekt in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Ungeachtet dessen wurden durch die Fondsgeschäftsführung auch weitere, schwere Pflichtverletzungen begangen.

Im Einzelnen:

a)    Prospekthaftung

Der zugrundeliegende Fondsprospekt ist in mehrfacher Hinsicht unvollständig und irreführend. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermittelt der Prospekt den Anlegern kein zutreffendes Bild von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten. Für diese Prospektfehler haftet die Insolvenzschuldnerin – da es  sich vorliegend um eine zweigliedrige stille Gesellschaft handelt – unmittelbar bzw. in Verbindung mit § 31 BGB analog/§ 278  BGB (vgl. nur BGH, II ZR 354/02; II  ZR 320/12).

Im  Einzelnen:

aa) Verstöße gegen  das KWG

Die Lombardium Hamburg sollte nach dem Fondskonzept die Darlehn in der Regel über einen körperlichen Gegenstand, ein sog. ,,Faustpfand“, besichern (vgl. die Beleihungsgrundsätze im Fondsprospekt). Tatsächlich wurden  durch die Lombardium Hamburg aber in ganz erheblichem Umfang Inhabergrundschuldbriefe als Sicherheit entgegengenommen, obwohl eine entsprechende Erlaubnis nach§ 32  KWG nicht vorlag.

So werden in einer auf den 07.10.2013 datierten  Pfandliste der Lombardium Hamburg die folgenden  Pfandgegenstände (sortiert nach „Warengruppe“) aufgeführt:

 

Warengruppe Darlehn
Uhren 3.965.764,30 €
Schmuck 1.040.536,03 €
Steine 418.054,20 €
Kunst 14.678.175,87 €
Kfz 1.357.287,88 €
Boote/Schiffe 7.857.745,00 €
Immobilien 44.592.981,30
Sonstiges 6.356.381,49 €
Accessoires 285.131,17€
Textilien 189.024,65 €

 

Beweis:    Pfandliste vom  07.10.2013 in  Kopie als

Diese Übersicht zeigt, dass der mit Abstand größte Teil der „Pfandkredite“ von der Lombardium Hamburg über Inhaberbriefgrundschulden besichert wurde und sich damit außerhalb des klassischen Faustpfandgeschäfts abspielte. Mit 44,5 Mio.€ machte  diese Position im Oktober 2013 mehr als die Hälfte des Kreditvolumens der Lombardium Hamburg  aus, und das,  obwohl die Lombardium Hamburg über keine Erlaubnis  gem. 32 KWG verfügte.

Pfandgeschäfte, die nicht über körperliche Gegenstände besichert wurden, konnten von der Lombardium Hamburg nur durch Mitwirkung des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin und des Mittelverwendungskontrolleurs durchgeführt werden. So heißt es hierzu auf S.  105 f:  des  Fondsprospekts:

„8. Sonderfälle

Sollte es während der Laufzeit des Darlehensvertrages LC 3 zu Sonderfällen kommen, die von dem vorstehenden Katalog nicht erfasst sind, wird sich der Kreditnehmer über die Kriterien mit dem Darlehnsverwendungsprüfer und dem Kreditgeber im  Einzelfall abstimmen.“ 

Die zuvor beschriebenen Pfandgeschäfte waren der Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin aufgrund dieser „Abstimmung“ hinreichend bekannt.

Nachdem die Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Laufe des Jahres 2015 Kenntnis von den verbotenen Kreditgeschäften der Lombardium Hamburg erlangt hatte, verfügte sie im Dezember 2015 eine sofortige Einstellung  dieses  Geschäfts. Eine gegen diese Verfügung gerichtete Klage der Lombardium  scheiterte. Mit Urteil vom 22.06.2016 – Az.: 7 K 642/16.F – stellte das Verwaltungsgericht Frankfurt – wenig überraschend – fest,  dass es sich bei Inhabergrundschuldbriefen nicht um ein ,,Faustpfand“ handele.

Beweis:     Urteil  des VG  Frankfurt vom  22.06.2016 – 7 K 642/16.F – in  Kopie als

Allein im Jahre 2013 hat  die Lombardium Hamburg also nahezu 50% ihres Umsatzes mit einem verbotenen Kreditgeschäft im Sinne der§§ 32, 54  KWG erwirtschaftet. Dies war, wie dargestellt, nur unter Mitwirkung der Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin möglich.

Ein fahrlässiges Handeln der Verantwortlichen auf Seiten der Lombardium Hamburg und der Insolvenzschuldnerin kann man insofern ausschließen. Denn in dem bereits vorgelegten und zitierten Billigungsbescheid vom 22.10.2013 wurde der Fondsprospekt der Insolvenzschuldnerin von der BaFin nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt genehmigt,  dass später eine  Prüfung der KWG-Erlaubnispflicht noch folgen  werde.

Mit Schreiben vom 07.08.2015 wies die BaFin die Verantwortlichen nochmals darauf hin, dass die KWG-Erlaubnispflicht noch nicht geklärt sei.

Beweis:    Schreiben  der BaFin  vom  07.08.2015 in  Kopie als

Die häufig geäußerte Behauptung der Verantwortlichen, man habe von der Rechtsauffassung der BaFin erst im Dezember 2015 Kenntnis erlangt, hat also nichts mit den Tatsachen zu tun. Tatsächlich war Herrn Lars Wüstemann, dem Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, bereits ab dem Billigungsbescheid der BaFin vom 22.10.2013 bekannt,  dass die Prüfung der KWG-Erlaubnis noch ausstand.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass hier von allen Beteiligten, insbesondere von Herrn Lars Wüstemann, in Kenntnis der ungeklärten Rechtslage gehandelt wurde.

Jedenfalls wurde durch Herrn Lars Wüstemann als Prospektherausgeber und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin billigend in Kauf genommen, dass hier massiv gegen das  KWG verstoßen wurde.

Der Fondsprospekt ist daher insofern fehlerhaft. Auf Seite 26 des Prospekts findet sich lediglich ein Hinweis auf die „Möglichkeit“, dass hier ein Erlaubnisvorbehalt bestand. Richtigerweise hätte man die Anleger stattdessen darüber aufklären müssen,  dass hier ,,auf gut Glück“ ein verbotenes Kreditgeschäft betrieben wurde, obwohl die BaFin unmissverständlich darauf hingewiesen hatte, dass die KWG-Erlaubnispflicht noch geprüft werde.

Anmerkung der Redaktion: Wir finden es gut, dass Rechtsanwalt Dr. Chistoph Sieprath hier auch erkannt hat, dass es wichtige Prospektfehler gab, und er hat auch die Unstimmigkeit mit den „Inhabergrundschuldbriefen“ zum Thema gemacht. Alle diese Dinge waren aber schon zu den Zeiten des aktiven Vertriebes bekannt. Auch nach intensivster Recherche konnten wir aber nicht feststellen, dass sich zu einem früheren Zeitpunkt Vermittler zu diesen Pfandgeschäften kritisch geäußert hätten bei der GF in Hamburg. Es ist eine unschöne, aber durchaus verständliche Art, immer Anderen die Schuld zu geben und sich nicht an die eigene Nase zu packen. So versucht die IG auch die geschädigten Anleger hinzuhalten bzw. zu beruhigen. Verklagen Sie ihren Vermittler dann, wenn er sie unkorrekt bzw. unvollständig beraten hat. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist. Machen Sie dem “ Spuk IG Lombard“ ein Ende und holen Sie sich Ihr Geld zurück.

1 Kommentar

  1. Ich kenne den hier zitierten Fondsprospekt nicht, muss aber drei Punkte richtigstellen, zumal ich bis 2013 in den Dialog von Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG mit der BaFin involviert war.
    1: Bereits ab Anfang 2011 bestand ein konstruktiver Dialog zwischen BaFin/Bundesbank und Lombardium. Die BaFin stellte viele kritische Fragen und erhielt umfassende Antworten. Seit 2011 war der BaFin bekannt, dass Lombardium Inhaberpapiere belieh, und sie hat das jahrelang nie verboten. Lebendig wurde die BaFin erst im Herbst 2015. Was für ein Zufall: Ende Oktober 2015 schrieb der (bisherige) Hamburger Staatsanwalt Dr. von Schenck, der über Folter promovierte, einen brutalen Folter-Brief an die BaFin (mit Drohung von Verhaftung, Vorführung und Bußgeld-Sanktionierung der BaFin-Beamten!), und schon fünf Wochen später fand die BaFin die Beleihung von Inhaberpapieren verbotswürdig, die sie vier Jahre lang akzeptiert hatte!!!! Alle Investoren, die zwischen 2011 und 2015 Geld in Richtung Lombardium schickten, sollten also eine Schadenersatzforderung Richtung BaFin prüfen, denn wenn sie 2015 feststellte, dass die Inhaberpapier-Beleihungen rechtswidrig waren, dann galt das schon 2011, und sie hat vier Jahre gepennt – zum Schaden der Anleger in diesen Jahren.
    2: Ein Unternehmen kann entweder eine Bank oder ein Pfandhaus sein. Bank nach BaFin-Genehmigung, Grundlage: KWG. Pfandhaus durch Konzession der lokalen Behörde, Grundlage: § 34 GewO, Nirgends in Deutschland hat die BaFin mit irgendeinem Pfandhaus zu tun! Aber bei Lombardium versucht die Behörde, ihren Kompetenzbereich auszuweiten. Obwohl zwei Oberlandesgerichte (Köln und Hamburg!) entschieden, dass Lombardium als Pfandhaus selbstverständlich Inhaberpapiere als Pfänder nehmen darf (!). § 1293 BGB: „Für das Pfandrecht an einem Inhaberpapier gelten die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen.“ (!) Richtig ist, dass das Verwaltungsgericht Frankfurt sich auf die Seite der BaFin stellte, in erster Instanz, und dass Lombardium wegen Insolvenz nicht mehr in Berufung gehen und eine höherinstanzliche Richtigstellung erreichen konnte (aber siehe unten die BGH-Entscheidung!).
    3: Und immer wieder dieser KWG-Unsinn! § 2 Abs. 1 Ziff. 5 KWG: „Als Kreditinstitut gelten… nicht Unternehmen des Pfandleihgewerbes, soweit sie dieses durch Gewährung von Darlehen gegen Faustpfand betreiben.“ Und was sagt das „Handwörterbuch für das Bank- und Sparkassenwesen“ von Gabler: „Faustpfandkredit: ein Lombardkredit, bei dem als Sicherheit bewegliche Sachen (Waren, Wertpapiere) dem Kreditgeber aus Faustpfand übertragen werden.“ Noch deutlicher wurde der Bundesgerichtshof im Urteil IX ZR 272/13 vom 24.9.2015: „Inhaberaktien, die in einer bei einer Wertpapiersammelbank verwahrten Sammelurkunde verbrieft sind, können nach den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen verpfändet werden.“ Nach den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen! Dass sich der kleine Verwaltungsrichter in Frankfurt von den kleinen Beamten der BaFin und ihrer absurden, egomanischen Rechtsauffassung beeindrucken ließ, tut der klaren Position der Gesetze und des BGH keinen Abbruch. Damit sind §§ 32, 54 KWG auf Lombardium ganz einfach nicht einschlägig.

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