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Verlust des Reisegepäcks bei Flugreisen

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Wer sein Reisegepäck unverschuldet verliert, steht nicht rechtlos da. Wann es Ersatzkleidung gibt, wer was beweisen muss und welche Fristen gelten sind nur ein Teil der sich stellenden Fragen. Gepäckschein wichtig, aber kein Muss
Nach dem MÜ ist Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück ein Gepäckschein zu übergeben. Dieser dient später zum Beweis der Gepäckaufgabe. Außerdem hilft er dabei, es später wieder zu identifizieren und berechtigt zum Herausfordern der jeweiligen Gepäckstücke.

Der Gepäckschein ist kein absolutes Muss für den Schadensersatzanspruch. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall, in dem ein Flugreisender seine Golfsachen im Golf Bag seiner Lebensgefährtin aufgeben ließ. Beides ging verloren. Über einen Gepäckschein verfügte er nicht. Das Flugunternehmen wollte den Schaden des Mannes deshalb nicht ersetzen.
Laut BGH richtet sich die Haftung jedoch nicht nach dem Gepäckschein, sondern nach dem Flugbeförderungsvertrag. Schadensersatz bei Gepäckverlust ist daher pro Passagier zu leisten.

Ersatzkleidung von der Kulanz abhängig
Kein Koffer mehr heißt meist auch keine Kleidung mehr. Ärgerlich ist das besonders auf dem Weg zum Urlaubsort. Einen direkten Anspruch auf Ersatzkleidung gibt das MÜ nicht. Es sieht bei Gepäckverlust nur späteren Schadensersatz vor.

Nach dem erfolglosen Gang zum Lost & Found-Schalter am Flughafen sollte man daher die Gepäckermittlung der jeweiligen Fluggesellschaft kontaktieren. Einerseits sollte diese einen sogenannten „Property Irregularity Report“ (PRI) aushändigen. Dieser hilft, wenn das Gepäck später nicht mehr auftaucht.

Zum anderen bieten relativ viele Fluglinien zunächst sogenannte „Overnight Kits“ mit Unterwäsche und Toilettenartikeln an. Ist das Gepäck am nächsten Tag immer noch nicht da, wird der Kauf neuer Kleidung meist mit einem Barvorschuss unterstützt. Dessen oft bescheidene Höhe richtet sich wiederum nach der Buchungsklasse und liegt zwischen 20 und 200 Euro. Findet sich das Gepäck später wieder, wird ein Teil des Vorschusses nicht selten zurückgefordert. Die Ersatzkleidung darf man behalten.

Schadensersatz auch bei unverschuldetem Verlust
Die gute Nachricht lautet: Für einen Schadensersatzanspruch kommt es nicht auf ein Verschulden der Fluglinie an. Allerdings gibt es in diesem Fall Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen nur bis zu einer Haftungshöchstgrenze von derzeit sogenannten 1131 Sonderziehungsrechten (SZR).

Der Kurs eines SZR ist tagesabhängig. Im September 2017 ist ein SZR etwa 1,19 Euro wert. Das ergibt eine Schadensobergrenze von etwa 1345 Euro. Bei Flugreisen, die noch dem älteren Warschauer Übereinkommen unterliegen, sind es umgerechnet sogar nur 27,35 Euro pro Kilogramm Reisegepäck. Nicht gerade viel.

Wer wertvollere Gegenstände mit auf die Reise nimmt, dem empfiehlt sich deshalb eine Reisegepäckversicherung. Ansonsten gibt es vollen Schadensersatz nur, wenn der Reisende beweisen kann, dass der Verlust aufseiten des Flugunternehmens vorsätzlich oder fahrlässig erfolgte. Dieser Beweis ist auch erforderlich, wenn man Schadensersatz für nicht aufgegebenes Gepäck haben will. Wegen fehlender Einblicke gestaltet sich die Beweisführung jedoch meist schwierig. Ersetzt wird in jedem Fall nur der Zeit- und nicht der Neuwert der Gegenstände.

Fristen: 21 Tage bei Verlust, 7 Tage bei Beschädigung
Tauchen Koffer & Co. nicht mehr auf, sollte man unbedingt Kontakt mit der Fluggesellschaft aufnehmen, den PRI vorlegen, sich den Verlust schriftlich bestätigen lassen und Ansprüche gelten machen.

Die Frist dafür beträgt nach dem MÜ 21 Tage ab dem Zeitpunkt, in dem das Gepäck hätte eintreffen sollen. Bei Gepäckbeschädigung sind es sogar nur sieben Tage. Vom Flugunternehmen erhält man sodann in der Regel einen Fragebogen zu Art und Inhalt des Gepäcks. Den Schaden muss der Reisende nachweisen, was wegen der eher wenig freigiebigen Fluggesellschaften nicht immer leicht ist. Das Aufheben von Belegen insbesondere wertvollerer Gegenstände lohnt sich daher.

Noch eine gute Nachricht zum Schluss. Mehr als 95 Prozent aller Gepäckstücke tauchen nach fünf Tagen wieder auf.

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/flugreise-was-tun-beim-gepaeckverlust_029191.html

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