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Interview mit Rechtsanwältin Bontschev zur Insolvenz des Bankhaus Obotritia und den Folgen für Anleger

popmelon (CC0), Pixabay

Frage: Frau Bontschev, die BaFin hat den Entschädigungsfall für die Bankhaus Obotritia GmbH festgestellt. Was bedeutet das konkret für die Kunden der Bank?

Rechtsanwältin Bontschev: Die Feststellung eines Entschädigungsfalls durch die BaFin ist ein bedeutender Schritt im Insolvenzverfahren eines Finanzinstituts. Das bedeutet, dass die Bank nicht mehr in der Lage ist, die Einlagen ihrer Kunden vollständig zurückzuzahlen. In der Praxis heißt das für die rund 1.300 betroffenen Einleger, dass sie sich nun auf die Einlagensicherung verlassen müssen.

Glücklicherweise sind Einlagen bis zu 100.000 Euro pro Kunde durch die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) geschützt. In bestimmten Ausnahmefällen kann der Schutz auch höher ausfallen. Das bedeutet, dass viele private Anleger und Sparer keine vollständigen Verluste erleiden werden. Allerdings müssen sie nun auf die Abwicklung der Entschädigungsansprüche durch die EdB warten, was je nach Fall einige Wochen oder Monate dauern kann.

Frage: Wie kam es überhaupt zur Insolvenz der Bankhaus Obotritia GmbH?

Rechtsanwältin Bontschev: Bereits am 3. März 2025 hatte die BaFin beim Amtsgericht München einen Insolvenzantrag gegen das Institut gestellt, da offenbar Liquiditätsprobleme bestanden. Das Gericht hat daraufhin einen Sachverständigen mit der Prüfung der Insolvenzgründe beauftragt. Am 10. März 2025 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Michael Jaffé als Insolvenzverwalter eingesetzt.

Das bedeutet, dass die Bankhaus Obotritia GmbH offenbar schwerwiegende finanzielle Probleme hatte, die nicht mehr durch reguläre Maßnahmen zu lösen waren. Es könnte sich um Missmanagement, zu hohe Kreditrisiken oder andere wirtschaftliche Schwierigkeiten gehandelt haben. Die genaue Ursache wird sich vermutlich erst im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens zeigen.

Frage: Was sollten betroffene Kunden jetzt tun?

Rechtsanwältin Bontschev: Die wichtigste Nachricht für Kunden ist: Nicht in Panik geraten. Die Einlagensicherung wird automatisch aktiv, das bedeutet, dass betroffene Kunden keinen Antrag stellen müssen. Die EdB wird sich von selbst mit den Kunden in Verbindung setzen und über die nächsten Schritte informieren.

Allerdings sollten Betroffene ihre Kontoauszüge, Verträge und andere relevante Unterlagen bereithalten, falls es zu Rückfragen kommt. Wer Beträge über 100.000 Euro bei der Bankhaus Obotritia GmbH hatte, sollte sich dringend rechtlich beraten lassen, um zu prüfen, ob zusätzliche Rückforderungsmöglichkeiten bestehen.

Frage: Gibt es für Anleger, deren Guthaben über der Einlagensicherungsgrenze liegt, noch weitere Möglichkeiten, ihr Geld zurückzubekommen?

Rechtsanwältin Bontschev: Das hängt stark vom Insolvenzverfahren ab. Einlagen über 100.000 Euro fallen in die Insolvenzmasse, das heißt, diese Kunden müssen ihre Ansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen. In der Regel bedeutet das, dass sie sich als Gläubiger im Insolvenzverfahren anmelden müssen, um eventuell aus der Verwertung der Bankvermögen noch eine Teilrückzahlung zu erhalten.

Da Bankeninsolvenzen oft komplex sind und sich über Jahre hinziehen können, ist es für Betroffene mit höheren Einlagen ratsam, rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Frage: Welche Rolle spielt die BaFin in diesem Verfahren?

Rechtsanwältin Bontschev: Die BaFin ist seit dem 1. Januar 2022 die alleinige Behörde für die Bilanzkontrolle und die Überwachung kapitalmarktorientierter Unternehmen. Im Falle der Bankhaus Obotritia GmbH hat sie das Insolvenzverfahren aktiv mit angestoßen, indem sie den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens gestellt hat.

Zudem hat die BaFin durch die Feststellung des Entschädigungsfalls sichergestellt, dass die Einlagensicherung greift und Anleger so schnell wie möglich entschädigt werden. Ihr Ziel ist es, das Vertrauen in das Finanzsystem zu wahren und zu verhindern, dass Kunden großer finanzieller Schaden entsteht.

Frage: Welche Lehren können Anleger aus diesem Fall ziehen?

Rechtsanwältin Bontschev: Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, bei der Wahl einer Bank auch auf deren finanzielle Stabilität zu achten. Selbst wenn Einlagen bis 100.000 Euro gesichert sind, kann eine Bankeninsolvenz erhebliche Unannehmlichkeiten und finanzielle Risiken mit sich bringen – insbesondere für größere Anleger.

Anleger sollten darauf achten, dass ihre Einlagen im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung abgesichert sind und bei höheren Summen möglicherweise auf mehrere Banken verteilt werden, um das Risiko zu minimieren. Zudem sollten sie sich bewusst sein, dass höhere Zinsen oft mit höheren Risiken verbunden sind – eine Bank, die überdurchschnittlich hohe Zinsen auf Einlagen bietet, könnte in finanziellen Schwierigkeiten stecken.

Frage: Was bedeutet diese Insolvenz für das Finanzsystem in Deutschland?

Rechtsanwältin Bontschev: Einzelne Bankenpleiten sind im Finanzsystem nicht ungewöhnlich, da es immer wieder zu wirtschaftlichen Fehlentwicklungen kommen kann. Entscheidend ist jedoch, dass die Einlagensicherung funktioniert und Kunden nicht ihr gesamtes Vermögen verlieren.

Allerdings zeigt die Insolvenz der Bankhaus Obotritia GmbH, dass selbst regulierte Banken nicht vor wirtschaftlichen Problemen gefeit sind. Es ist daher wichtig, dass die Finanzaufsicht weiterhin konsequent handelt, um frühzeitig Risiken zu identifizieren und Kunden zu schützen. Anleger sollten sich ebenfalls nicht nur auf staatliche Mechanismen verlassen, sondern ihr Geld breit diversifizieren und auf etablierte Banken setzen.

Frage: Abschließend: Was empfehlen Sie betroffenen Kunden, die unsicher sind, wie sie weiter vorgehen sollen?

Rechtsanwältin Bontschev: Betroffene Kunden sollten zunächst die Mitteilungen der EdB abwarten, da die Entschädigungseinrichtung automatisch tätig wird. Wer Beträge über 100.000 Euro angelegt hatte, sollte sich jedoch schnellstmöglich rechtlich beraten lassen, um die besten Möglichkeiten zur Geltendmachung seiner Forderungen im Insolvenzverfahren zu prüfen.

Zudem sollten Kunden prüfen, ob sie weitere Finanzmittel auf nur eine Bank konzentrieren oder diversifizieren sollten, um zukünftige Risiken zu minimieren. Wer Fragen zur eigenen Situation hat, sollte nicht zögern, eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um seine Ansprüche bestmöglich zu schützen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev.

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