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Traditionsbäcker verschwinden – doch Brot gibt’s im Supermarkt im Überfluss

Intuitivmedia (CC0), Pixabay

Während der Duft von frisch gebackenem Brot für viele zum morgendlichen Ritual gehört, müssen immer mehr traditionelle Bäckereien ihre Öfen für immer ausmachen. Stattdessen greifen die Deutschen immer häufiger zu Brot und Backwaren aus Supermärkten, Discountern und Großbäckereien.

Eine aktuelle Branchenanalyse, auf die sich die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bezieht, zeigt eine deutliche Verschiebung in der Backwarenbranche: Während der Umsatz der industriellen Brot- und Backwarenproduktion im Jahr 2023 auf 22 Milliarden Euro gestiegen ist, hat sich die Zahl der klassischen Bäckereien in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent verringert. Diese Entwicklung hat auch spürbare Folgen für den Arbeitsmarkt: 20.000 Arbeitsplätze sind in dieser Zeit verloren gegangen.

Warum sterben traditionelle Bäckereien aus?
Die Gründe für das Bäckereisterben sind vielfältig – und für viele kleine Betriebe existenzbedrohend.

Steigende Rohstoff- und Energiekosten: Die Preise für Mehl, Butter, Zucker und andere Grundzutaten sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Gleichzeitig treiben hohe Energiekosten für Backöfen und Kühlanlagen die Betriebsausgaben in die Höhe.
Wettbewerb mit Discountern und Supermärkten: In Supermärkten und Discountern gibt es frisch aufgebackene Brötchen und Brot rund um die Uhr – oft zu einem Bruchteil des Preises eines handwerklich hergestellten Produkts. Viele Verbraucher setzen auf Bequemlichkeit und den günstigen Preis anstatt auf Qualität und Handwerkskunst.
Fachkräftemangel und Arbeitsbelastung: Viele traditionelle Bäckerbetriebe haben große Schwierigkeiten, Nachwuchs und qualifizierte Fachkräfte zu finden. Der Beruf des Bäckers gilt als hart, die Arbeitszeiten beginnen oft frühmorgens, die körperliche Belastung ist hoch – während gleichzeitig die Löhne in anderen Branchen oft attraktiver sind.
Bürokratie und hohe Steuerlast: Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen kämpfen viele kleinere Bäckereien mit steigendem bürokratischen Aufwand, Vorschriften und Steuerbelastungen, die den Betrieb zusätzlich erschweren.
Die Gewinner: Die industrielle Brotproduktion boomt
Während kleine Handwerksbäckereien ums Überleben kämpfen, floriert die industrielle Brotproduktion. Großbäckereien können durch Massenproduktion, automatisierte Prozesse und günstigere Einkaufspreise deutlich effizienter wirtschaften.

Besonders die Selbstbedienungs-Bäckertheken in Supermärkten und Discountern haben die Gewohnheiten vieler Verbraucher verändert. Tiefgekühlte, vorgebackene Brötchen und Brote werden nach Bedarf im Geschäft fertiggebacken – ohne Bäcker, ohne lange Herstellungsprozesse und vor allem: deutlich günstiger. Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Umsatzzahlen: Die industrielle Backwarenproduktion verzeichnet stetiges Wachstum, während traditionelle Betriebe schließen müssen.

Qualitätsverlust oder einfach nur Zeitgeist?
Viele Kritiker sehen im Bäckereisterben eine kulturelle und geschmackliche Verarmung. In kleineren Betrieben wird Brot oft nach alten Rezepturen, mit natürlichen Zutaten und längeren Teigreifezeiten hergestellt – ein Unterschied, den viele Brotliebhaber im Geschmack deutlich erkennen können. Die industrielle Produktion setzt hingegen häufig auf Backmischungen, Konservierungsstoffe und Enzyme, um Brot und Brötchen schneller und günstiger herzustellen.

Für viele Verbraucher scheint dieser Qualitätsunterschied jedoch weniger entscheidend als der Preis und die Verfügbarkeit. Solange das Brot knusprig ist und gut schmeckt, scheint es egal zu sein, ob es von einem erfahrenen Bäcker oder aus einer Fabrik kommt.

Ist das traditionelle Bäckerhandwerk noch zu retten?
Ob sich der Trend noch umkehren lässt, ist fraglich. Die Zahl der selbstständigen Bäcker sinkt kontinuierlich, und viele Familienbetriebe finden keine Nachfolger mehr. Einige Bäckereien setzen auf neue Konzepte, wie Bio-Zutaten, handwerkliche Spezialprodukte oder Kooperationen mit regionalen Landwirten, um sich von der Massenware abzuheben. Doch ob das reicht, um gegen die übermächtige Konkurrenz aus dem Supermarkt zu bestehen, bleibt offen.

Eines ist sicher: Während die Industrie weiterwächst, verschwindet eine der ältesten Handwerkstraditionen Deutschlands nach und nach – und mit ihr vielleicht auch der Geschmack von echtem, handwerklich gebackenem Brot.

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