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Interview mit Maurice Högel zu ESG-Datenanforderungen für KMU-Kredite

ClickerHappy (CC0), Pixabay

Frage: Herr Högel, Banken verlangen zunehmend ESG-Daten von ihren Kreditnehmern. Wie groß ist die Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen?

Maurice Högel: Die Herausforderung ist erheblich. Viele KMU haben weder eigene Nachhaltigkeitsabteilungen noch die Kapazitäten, um umfangreiche Berichte zu erstellen. Sie stehen vor dem Problem, dass jede Bank andere Anforderungen hat und es keine einheitlichen Standards gibt. Das führt zu Unsicherheiten und kann dazu führen, dass Unternehmen nicht an dringend benötigte Kredite kommen, nur weil ihnen bestimmte Daten fehlen.

Frage: Die BaFin argumentiert, dass Banken Umwelt- und Klimarisiken in ihr Risikomanagement einbeziehen müssen. Ist das aus Ihrer Sicht nachvollziehbar?

Maurice Högel: Grundsätzlich ja, denn Banken müssen sicherstellen, dass ihre Kredite langfristig abgesichert sind. Klimarisiken können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, sei es durch Extremwetterereignisse oder veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen. Allerdings müssen wir aufpassen, dass KMU nicht unverhältnismäßig belastet werden. Es darf nicht dazu führen, dass kleine Unternehmen aufgrund fehlender ESG-Daten schlechtere Finanzierungskonditionen bekommen oder ganz aus der Kreditvergabe herausfallen.

Frage: Gibt es Lösungen, die KMU helfen könnten, die ESG-Anforderungen zu erfüllen?

Maurice Högel: Einheitliche und praxisnahe ESG-Berichtsvorlagen wären ein großer Fortschritt. Ein Unternehmen sollte nicht für jede Bank andere Angaben machen müssen. Auch digitale Tools, die Unternehmen helfen, ESG-Daten effizient zu erfassen, könnten eine Erleichterung sein. Die freiwilligen Standards der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) sind ein erster Schritt, aber sie müssen so angepasst werden, dass sie auch wirklich den Bedürfnissen der Banken entsprechen.

Frage: Die BaFin schlägt vor, dass Banken auch auf öffentlich verfügbare Daten zurückgreifen oder Schätzungen vornehmen. Reicht das aus?

Maurice Högel: Das kann in einigen Fällen helfen, etwa wenn es um Klimarisiken wie Hochwasser oder Hitzewellen geht. Aber es ersetzt keine fundierten Unternehmensdaten, wenn es um branchenspezifische ESG-Risiken geht. Hier muss ein Mittelweg gefunden werden: Kreditinstitute müssen sinnvolle ESG-Daten verlangen, aber KMU dürfen nicht mit überzogenen Anforderungen überfordert werden.

Frage: Wie sehen Sie die Zukunft der ESG-Integration in die Kreditvergabe?

Maurice Högel: ESG wird ein fester Bestandteil der Finanzwelt bleiben, aber der Umgang damit muss sich weiterentwickeln. Wir brauchen realistische, pragmatische Lösungen für KMU, um ihnen den Zugang zu Krediten nicht zu erschweren. Wenn Nachhaltigkeit zum Finanzierungshindernis wird, dann ist das kontraproduktiv. Banken müssen weiterhin gefordert bleiben, praktikable Wege zu finden, um ESG-Risiken einzuschätzen, ohne den Mittelstand abzuhängen.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Högel.

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