Im Wahlkampf ist es ein altbewährtes Thema: Der Spitzensteuersatz. Er wird gerne mal als Wahlkampfschlagwort benutzt – sei es, um ihn zu erhöhen und so mehr „Gerechtigkeit“ zu schaffen oder um ihn zu senken, damit „Leistung sich wieder lohnt“. Aber was bedeutet dieser ominöse Spitzensteuersatz eigentlich genau? Und warum sollte man sich überhaupt darum scheren, was die Parteien dazu sagen?
Was ist der Spitzensteuersatz?
Zuerst mal das Grundlegende: In Deutschland gilt das Prinzip – je mehr du verdienst, desto mehr zahlst du an Steuern. Nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch prozentual. Der Spitzensteuersatz ist dabei der höchste Steuersatz, der auf das Einkommen ab einer bestimmten Grenze angewendet wird. Aktuell liegt dieser Satz bei 42 Prozent und wird ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 68.461 Euro fällig. Aber halt – da gibt’s noch mehr! Für die ganz großen Verdiener gibt es noch den Höchststeuersatz von 45 Prozent, der ab einem Einkommen von 277.825 Euro greift.
Gestaffeltes Steuersystem – Was heißt das?
Das deutsche Steuersystem funktioniert wie eine Treppe – mit mehreren Stufen. Der erste Schritt ist der Grundfreibetrag, der aktuell bei 12.096 Euro liegt. Wer weniger verdient, zahlt keine Einkommenssteuer. Oberhalb dieses Freibetrags geht’s los: Der Steuersatz startet bei etwa 20 Prozent und klettert dann in mehreren Stufen nach oben, bis man irgendwann beim Spitzensteuersatz von 42 Prozent landet.
Aber hier kommt der Clou: Nur der Teil des Einkommens, der über der Grenze von 68.461 Euro liegt, wird mit 42 Prozent besteuert. Verdient man also 70.000 Euro im Jahr, zahlt man nicht auf das komplette Einkommen 42 Prozent, sondern nur auf die knapp 1.500 Euro, die über der Grenze liegen. Der Rest wird entsprechend der unteren Stufen besteuert. Das sorgt dafür, dass man nicht schlagartig viel mehr Steuern zahlt, wenn man ein paar Euro mehr verdient.
Spitzensteuersatz in der Geschichte – Ein Blick zurück
Falls jemand denkt, 42 Prozent seien schon das Ende der Fahnenstange: Der Spitzensteuersatz lag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon deutlich höher. Auch unter unionsgeführten Regierungen waren Sätze von über 50 Prozent keine Seltenheit. Erst seit 2005/2006 gelten die heutigen Sätze von 42 Prozent für den Spitzensteuersatz und 45 Prozent für den Höchststeuersatz.
Was wollen die Parteien?
Im Wahlkampf ist der Spitzensteuersatz ein echter Dauerbrenner. Alle Parteien sprechen von Entlastungen – die Frage ist nur, für wen.
CDU/CSU und FDP: Diese Parteien sehen die aktuellen Einkommensgrenzen für den Spitzensteuersatz als zu niedrig an. Sie argumentieren, dass ein Jahreseinkommen von 68.000 Euro den „oberen Mittelstand“ trifft und nicht als „Spitzenverdienst“ gilt. Die FDP fordert zum Beispiel, dass der Spitzensteuersatz erst ab 96.000 Euro fällig wird.
SPD und Die Linke: Diese Parteien wollen die „echten“ Spitzenverdiener stärker zur Kasse bitten. Die Linke schlägt vor, den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent anzuheben, und zwar ab einem Einkommen von 85.000 Euro. Für Millionenverdiener soll es sogar einen Maximalsteuersatz von 75 Prozent geben.
Grüne, AfD, Freie Wähler und BSW: Auch diese Parteien setzen auf Entlastungen – allerdings eher durch eine Erhöhung des Grundfreibetrags, der über die jährliche Anpassung hinaus steigen soll. Hier geht es vor allem darum, Gering- und Normalverdiener zu entlasten.
Warum ist das wichtig?
Selbst wenn du denkst, dass dich der Spitzensteuersatz nicht betrifft – indirekt tut er es doch. Die Steuergesetzgebung beeinflusst nicht nur dein Nettoeinkommen, sondern auch staatliche Leistungen, Investitionen in Infrastruktur und soziale Absicherung. Außerdem ist die Debatte ein Spiegelbild darüber, wie Gerechtigkeit in der Gesellschaft wahrgenommen wird: Sollen die Reichen mehr zahlen, um die Allgemeinheit zu entlasten? Oder sollte Leistung weniger stark besteuert werden, um Anreize für Erfolg zu schaffen?
Egal, wie man dazu steht – es lohnt sich, einen Blick auf die Positionen der Parteien zu werfen. Denn am Ende des Tages kann der Spitzensteuersatz mehr über die Richtung verraten, in die sich das Land bewegt, als viele andere Wahlkampfthemen.