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Kritische Analyse des Jahresabschlusses der Windpark Bratberg GmbH aus Anlegersicht

geralt (CC0), Pixabay

Die Windpark Bratberg GmbH (WPB) präsentiert mit ihrem ersten Jahresabschluss nach der Gründung am 28. Juni 2023 ein Bild, das sowohl Stabilität als auch potenzielle Risiken für Investoren offenbart. Der Bericht beleuchtet die Entwicklung des Unternehmens im Rumpfgeschäftsjahr 2023, in dem vor allem die Gründung und der Aufbau der organisatorischen Strukturen im Fokus standen. Die kritische Betrachtung dieser Zahlen aus der Perspektive eines potenziellen Anlegers ergibt folgendes Bild:
1. Vermögens- und Finanzlage: Starke Eigenkapitalbasis, aber hohe Abhängigkeit vom Mutterkonzern

Eigenkapitalquote: Mit 14.072.225,62 € Eigenkapital bei einer Bilanzsumme von 14.236.302,11 € weist die WPB eine beeindruckende Eigenkapitalquote von fast 99 % auf. Dies signalisiert auf den ersten Blick finanzielle Stabilität und eine geringe Verschuldung. Der Löwenanteil dieses Eigenkapitals stammt jedoch aus einer Kapitalrücklage von 14 Mio. €, die vom Mutterunternehmen EAM Natur Energie GmbH (EAMP) eingebracht wurde.

Kritikpunkt: Die starke Kapitalbasis ist vor allem durch die Muttergesellschaft gesichert. Dies lässt die Frage offen, wie unabhängig und nachhaltig das Geschäftsmodell der WPB langfristig ist. Sollte sich die Muttergesellschaft strategisch umorientieren, könnte die WPB finanziell unter Druck geraten.

Liquidität: Mit einem Umlaufvermögen von 9,59 Mio. €, das fast vollständig aus Forderungen gegenüber der EAMP (Cash-Pooling) besteht, ist die Liquidität der WPB eng mit der Muttergesellschaft verbunden. Dies birgt das Risiko von Liquiditätsengpässen, wenn die EAMP in Zahlungsschwierigkeiten gerät.

2. Ertragslage: Solider Start, aber noch keine nachhaltige Rentabilität

Jahresüberschuss: Im Rumpfgeschäftsjahr wurde ein Jahresüberschuss von 47.225,62 € erzielt. Dieser positive Start ist erfreulich, sollte jedoch im Kontext gesehen werden: Der Gewinn resultiert hauptsächlich aus Zinserträgen (79.720,38 €) aus dem Cash-Pooling mit der Muttergesellschaft, während die betrieblichen Aufwendungen relativ gering blieben.

Kritikpunkt: Der erzielte Überschuss basiert nicht auf der eigentlichen Geschäftstätigkeit, da der Windpark erst 2024 in Betrieb geht. Dies bedeutet, dass der Überschuss keine verlässliche Aussage über die zukünftige Profitabilität des operativen Geschäfts zulässt.

Steuerbelastung: Die Steuern vom Einkommen und Ertrag in Höhe von 18.934,82 € erscheinen angesichts des relativ geringen Gewinns hoch. Dies könnte auf die Struktur des Unternehmens oder steuerliche Verpflichtungen durch die Muttergesellschaft hindeuten, die Anleger im Auge behalten sollten.

3. Investitions- und Kostenstruktur: Hohe geplante Ausgaben, aber Risiken im Bauprozess

Investitionen: Für das Jahr 2024 plant die WPB Investitionen von rund 14,8 Mio. €. Dies deutet auf ein ambitioniertes Wachstum hin, birgt aber auch das Risiko von Kostenüberschreitungen oder Verzögerungen, insbesondere im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld mit steigenden Baukosten und Lieferkettenproblemen.

Risikopositionen: Die Geschäftsführung hat Kostensteigerungen im Budget einkalkuliert, aber unvorhergesehene Ereignisse wie ungünstige Wetterbedingungen oder Verzögerungen bei Zulieferern könnten dennoch zu Budgetüberschreitungen führen.

4. Prognose und Zukunftsaussichten: Positiver Ausblick, aber mit Unsicherheiten

Prognostizierter Überschuss: Für 2024 wird ein Jahresüberschuss von über 180.000 € erwartet. Dies entspricht einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Rumpfjahr, ist jedoch stark von der rechtzeitigen Inbetriebnahme und den Windverhältnissen abhängig.

Branchentypische Risiken: Nach der Inbetriebnahme des Windparks könnten wechselhafte Windverhältnisse die Erträge beeinflussen. Auch ungeplante Wartungskosten, vor allem in windstarken Monaten, könnten die Rentabilität belasten. Hinzu kommen regulatorische Risiken durch Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder andere politische Eingriffe.

5. Chancen: Wachsender Markt für erneuerbare Energien

Marktentwicklung: Der Markt für erneuerbare Energien wächst stetig, und politische Vorgaben, wie die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien bis 2030, bieten der WPB Wachstumspotenzial. Sollte der Windpark effizient arbeiten und stabile Einspeisevergütungen erhalten, könnten langfristig attraktive Renditen erzielt werden.

Langfristige Perspektive: Die enge Verzahnung mit der EAMP und die kommunale Beteiligung können als stabilisierende Faktoren angesehen werden, da kommunale Unternehmen in der Regel langfristig denken und weniger volatil auf Marktänderungen reagieren.

Fazit:

Die Windpark Bratberg GmbH bietet aus Anlegersicht sowohl Chancen als auch Risiken. Die starke Eigenkapitalbasis und die Unterstützung durch die Muttergesellschaft EAMP sind positive Faktoren, die das Unternehmen stabil erscheinen lassen. Kritisch zu hinterfragen ist jedoch die Abhängigkeit von der Muttergesellschaft, sowohl in finanzieller Hinsicht (Cash-Pooling) als auch in Bezug auf die Investitions- und Wachstumsstrategie.

Der operative Erfolg des Unternehmens wird sich erst nach der Inbetriebnahme des Windparks im Jahr 2024 zeigen. Anleger sollten daher die Umsetzung der Bauprojekte und die Entwicklung der Einspeisevergütungen im Auge behalten. Langfristig könnte sich die Investition auszahlen, wenn der Windpark effizient arbeitet und die politischen Rahmenbedingungen stabil bleiben. Kurzfristig bestehen jedoch Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Rentabilität.

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