Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier macht Druck: Er fordert eine schnelle und umfassende Aufarbeitung der Corona-Politik – und das möglichst bald nach der Bundestagswahl. In einem Interview mit dem Magazin Stern betonte Steinmeier, dass die Pandemie tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen habe. Nur durch eine kritische und ehrliche Auseinandersetzung mit den politischen Entscheidungen könne es gelingen, das Vertrauen vieler Menschen in die Demokratie wiederherzustellen.
Der Bundespräsident zeigte sich besorgt über die bislang ausgebliebene Einigung zwischen Regierung und Opposition auf eine institutionelle Aufarbeitung der Pandemie und ihrer Folgen. Sollte weiterhin keine Einigung erzielt werden, kündigte Steinmeier an, eine eigene Kommission ins Leben zu rufen – ein ungewöhnlich deutlicher Vorstoß für das Staatsoberhaupt.
„Wir müssen aus den Erfahrungen der Pandemie lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Eine ehrliche Aufarbeitung bietet die Chance, jene Menschen zurückzugewinnen, die sich von der Demokratie entfremdet haben“, so Steinmeier.
Die Forderung des Bundespräsidenten kommt zu einem symbolträchtigen Zeitpunkt: Vor genau fünf Jahren wurden die ersten Corona-Infektionen in Deutschland bestätigt. Seitdem haben die Pandemie-Maßnahmen das gesellschaftliche Leben tiefgreifend verändert – von Lockdowns über Kontaktbeschränkungen bis hin zu hitzig geführten Debatten über Impfpflichten und Grundrechtseinschränkungen.
Ob es tatsächlich zu einer überparteilichen Aufarbeitung kommt oder ob Steinmeier seine angekündigte Eigeninitiative ergreifen muss, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die Vergangenheit aufzuarbeiten ist eine Sache – das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen, eine weitaus größere Herausforderung.