Interviewer: Herr Reime, die BaFin hat die RZH Rechenzentrum für Heilberufe GmbH dazu verpflichtet, ihre Geschäftsorganisation zu verbessern. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus rechtlicher Sicht?
Rechtsanwalt Reime: Die Anordnung der BaFin ist ein klares Signal, dass die Finanzaufsicht Mängel in der Geschäftsorganisation der RZH festgestellt hat und diese als gravierend genug einstuft, um einzugreifen. Solche Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Finanzdienstleistungsinstitute die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die nach § 25a Kreditwesengesetz (KWG), einhalten. Der Eingriff der BaFin zeigt, dass diese Mängel nicht nur formeller Natur sind, sondern potenziell Risiken für die Stabilität und Rechtmäßigkeit der Unternehmensführung bergen könnten.
Interviewer: Die BaFin hat vor allem Defizite in den Bereichen Risikosteuerung, interne Revision und operationelle Risiken festgestellt. Welche Konsequenzen können solche Mängel für ein Unternehmen und seine Kunden haben?
Rechtsanwalt Reime: Defizite in diesen Bereichen sind problematisch, weil sie die Fähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen, Risiken zu erkennen, zu steuern und zu minimieren. Im Fall der RZH, die vermutlich sensible Daten von Kunden verarbeitet, könnten solche Mängel erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken bergen, etwa durch Datenschutzverletzungen oder fehlerhafte Abrechnungen. Für Kunden bedeutet das eine potenzielle Gefährdung der Vertraulichkeit ihrer Daten sowie Unsicherheiten in der Qualität der erbrachten Dienstleistungen.
Interviewer: Was genau bedeutet eine „ordnungsgemäße Geschäftsorganisation“ nach § 25a KWG, und warum ist sie so wichtig?
Rechtsanwalt Reime: Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation stellt sicher, dass ein Finanzdienstleistungsinstitut gesetzeskonform arbeitet und interne Abläufe so strukturiert sind, dass Risiken minimiert und gesetzliche Anforderungen eingehalten werden. Sie umfasst Bereiche wie Risikomanagement, interne Kontrollsysteme, Compliance und interne Revision. Ohne eine solche Organisation kann es schnell zu Gesetzesverstößen, ineffizienten Prozessen oder finanziellen Schäden kommen – mit möglichen Folgen für das Unternehmen und dessen Stakeholder.
Interviewer: Die BaFin hat ihren Bescheid auf § 25a Absatz 2 Satz 2 KWG gestützt. Können Sie kurz erläutern, welche Handhabe die Aufsicht auf dieser Grundlage hat?
Rechtsanwalt Reime: Gemäß § 25a Absatz 2 Satz 2 KWG kann die BaFin, wenn sie Mängel in der Geschäftsorganisation feststellt, gezielte Maßnahmen anordnen, um diese zu beseitigen. Das bedeutet, sie kann das betroffene Institut verpflichten, konkrete Änderungen vorzunehmen, etwa in der Risikosteuerung oder in der internen Revision. Dies ist ein wirksames Mittel, um Unternehmen zur Einhaltung der gesetzlichen Standards zu zwingen und Risiken für die Stabilität des Finanzmarkts vorzubeugen.
Interviewer: Der Bescheid der BaFin ist seit dem 2. Januar 2025 bestandskräftig. Welche Schritte muss die RZH nun einleiten, um den Anforderungen gerecht zu werden?
Rechtsanwalt Reime: Die RZH ist verpflichtet, die von der BaFin festgestellten Mängel fristgerecht und umfassend zu beheben. Das bedeutet, sie muss ihre internen Prozesse überprüfen und überarbeiten, etwa durch die Einführung eines effektiven Risikomanagementsystems, die Stärkung der internen Revision und die Überprüfung von Auslagerungsverträgen. Zudem muss das Unternehmen sicherstellen, dass alle Änderungen dokumentiert und der BaFin nachgewiesen werden. Sollte die RZH diese Anforderungen nicht erfüllen, könnten weitergehende Maßnahmen folgen, wie Bußgelder oder in schwerwiegenden Fällen sogar Einschränkungen der Geschäftstätigkeit.
Interviewer: Was bedeutet die Veröffentlichung dieser Maßnahme für die Reputation der RZH?
Rechtsanwalt Reime: Die Veröffentlichung solcher Maßnahmen ist gemäß § 60b KWG vorgeschrieben und soll Transparenz schaffen. Für die RZH bedeutet dies jedoch auch, dass ihre Defizite öffentlich bekannt sind, was das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern beeinträchtigen könnte. Es ist daher für das Unternehmen essenziell, nicht nur die Mängel zu beheben, sondern auch aktiv an der Wiederherstellung seines Ansehens zu arbeiten.
Interviewer: Welche Lehren können andere Finanzdienstleister aus diesem Fall ziehen?
Rechtsanwalt Reime: Der Fall RZH zeigt, wie wichtig es ist, eine robuste und gesetzeskonforme Geschäftsorganisation aufzubauen und regelmäßig zu überprüfen. Unternehmen sollten präventiv handeln, indem sie ihre internen Prozesse regelmäßig auditieren, Schwachstellen beheben und sicherstellen, dass sie den Anforderungen des KWG entsprechen. Eine proaktive Herangehensweise kann nicht nur rechtliche Probleme vermeiden, sondern auch das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern stärken.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen zu diesem Fall.
Rechtsanwalt Reime: Sehr gerne. Es ist wichtig, dass solche Fälle nicht nur als Warnung, sondern auch als Chance für Unternehmen gesehen werden, ihre Strukturen zu verbessern und langfristig erfolgreicher und sicherer zu arbeiten.