Die Kindertagespflege in Mitteldeutschland verzeichnet einen dramatischen Rückgang. Laut einer aktuellen MDR-Umfrage wurden in Thüringen in diesem Jahr rund 45 Prozent weniger Kinder von Tageseltern betreut als noch vor fünf Jahren. In Sachsen liegt der Rückgang bei 40 Prozent, in Sachsen-Anhalt immerhin bei 20 Prozent.
Die Zahlen zeigen eine deutliche Entwicklung, die nicht nur Auswirkungen auf das Angebot der Kindertagespflege hat, sondern auch Fragen nach den Ursachen und den langfristigen Konsequenzen aufwirft.
Geburtenrückgang als Hauptgrund
Der Leipziger Tageseltern-Verein sieht den Geburtenrückgang als entscheidenden Faktor für die sinkende Nachfrage. „Es werden einfach weniger Kinder geboren, und das wirkt sich direkt auf den Bedarf an Kindertagespflege aus“, erklärte eine Sprecherin des Vereins. Besonders in ländlichen Regionen, wo ohnehin weniger Kinderbetreuungsangebote existieren, mache sich diese Entwicklung stark bemerkbar.
Konkurrenz durch Kitas
Neben dem Geburtenrückgang konkurrieren Tageseltern zunehmend mit staatlichen Kindertagesstätten, die in den letzten Jahren massiv ausgebaut wurden. „Viele Eltern entscheiden sich für eine Kita, weil sie feste Betreuungszeiten und eine größere Infrastruktur bieten“, so eine Expertin für frühkindliche Bildung. Zudem würden staatliche Förderungen oft eher den Kitas zugutekommen als der privaten Kindertagespflege, was die Attraktivität des Berufs als Tageseltern zusätzlich schmälere.
Folgen für die Kindertagespflege
Die rückläufige Nachfrage setzt die Tageseltern in Mitteldeutschland unter Druck. Viele von ihnen kämpfen mit finanziellen Unsicherheiten, da die Betreuungszahlen für viele nicht mehr ausreichen, um wirtschaftlich tragfähig zu arbeiten.
Zudem könnten durch den Rückgang wertvolle Betreuungsalternativen für Eltern verloren gehen. Die Kindertagespflege bietet vor allem kleinere Gruppen und eine individuellere Betreuung, die für viele Kinder – insbesondere für sehr junge – von Vorteil ist. Wenn diese Möglichkeit wegfällt, wird die Betreuung vielerorts einheitlicher und weniger flexibel.
Regionaler Vergleich: Thüringen besonders betroffen
Thüringen verzeichnet mit einem Rückgang von 45 Prozent den stärksten Einbruch. Gründe hierfür könnten neben dem Geburtenrückgang auch Abwanderung und veränderte Lebensumstände in den ländlichen Regionen sein.
In Sachsen ist der Rückgang mit 40 Prozent ebenfalls erheblich, während Sachsen-Anhalt mit 20 Prozent den geringsten Rückgang verzeichnet. Hier scheint die Nachfrage nach Kindertagespflege stabiler zu bleiben, möglicherweise durch eine stärkere regionale Verankerung oder geringere Konkurrenz durch Kitas.
Appell an die Politik
Der Leipziger Tageseltern-Verein und andere Verbände fordern mehr Unterstützung für die Kindertagespflege, um dieser Betreuungsform eine Zukunft zu sichern. Konkret wird gefordert:
- Bessere finanzielle Förderung: Tageseltern benötigen höhere Zuschüsse, um wirtschaftlich arbeiten zu können.
- Imagekampagnen: Die Bedeutung der Kindertagespflege als individuelle Alternative zur Kita sollte stärker betont werden.
- Flexiblere Betreuungsmodelle: Gerade in ländlichen Regionen könnten flexible Angebote durch Tageseltern eine Lösung für die Betreuungskrise sein.
Ausblick
Der Rückgang in der Kindertagespflege zeigt, wie stark demografische Entwicklungen und politische Entscheidungen den Alltag prägen. Ob und wie es gelingen kann, die Kindertagespflege als wichtige Alternative zur Kita zu erhalten, bleibt abzuwarten.
Für viele Eltern bleibt die Kindertagespflege eine unverzichtbare Betreuungsform, die Flexibilität und individuelle Betreuung bietet. Doch ohne gezielte Maßnahmen könnte diese Option in Mitteldeutschland bald weiter an Bedeutung verlieren – mit weitreichenden Folgen für Eltern, Kinder und die Tageseltern selbst.