Nach jahrelangen Verhandlungen haben die Europäische Union (EU) und die Schweiz ein umfassendes Kooperationsabkommen abgeschlossen, das die Grundlage für die zukünftigen Beziehungen bilden soll. Vertreter der Schweizer Regierung und der EU-Kommission zeigten sich bei einer Pressekonferenz in Bern äußerst zufrieden mit dem erzielten Ergebnis.
„Heute haben wir die letzten Fragen geklärt“, erklärte die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd. Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte sie die Bedeutung des Abkommens. Von der Leyen sprach von einem „historischen Kraftpaket“, während Amherd die Einigung als „Meilenstein“ für die bilateralen Beziehungen bezeichnete.
Einheitlicher Rahmen ersetzt über 120 Einzelvereinbarungen
Bislang basierten die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU auf über 120 Einzelvereinbarungen, die im Laufe der Jahre abgeschlossen wurden. Das neue Kooperationsabkommen soll diese ersetzen und die Zusammenarbeit in zentralen Bereichen wie freies Reisen, Lebensmittelsicherheit und Gesundheitsstandards regeln.
Die Schweiz erhält durch das Abkommen besseren Zugang zum EU-Binnenmarkt und Zugang zu Förderprogrammen wie dem europäischen Forschungsprogramm Horizon. Im Gegenzug verpflichtet sich die Schweiz, dauerhaft in die EU-Fonds für wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt einzuzahlen. Diese Zahlungen sollen insbesondere strukturschwache Regionen in der EU unterstützen.
Herausforderungen und Kritik
Trotz der Einigung gibt es Widerstand, insbesondere in der Schweiz. Die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) kritisierte das Abkommen scharf und bezeichnete es als „Unterwerfungsvertrag“. Gewerkschaften äußerten Bedenken, dass eine stärkere Öffnung des Arbeitsmarktes für EU-Bürgerinnen und -Bürger zu Lohndumping führen könnte. Diese Befürchtungen hatten bereits 2021 zu einem vorläufigen Scheitern der Verhandlungen geführt.
Auch in der EU gab es vereinzelt kritische Stimmen, insbesondere aus Ländern, die auf eine strengere Anbindung der Schweiz an europäische Standards gedrängt hatten.
Volksabstimmung in der Schweiz notwendig
Das Abkommen muss auf beiden Seiten ratifiziert werden. Während auf EU-Seite die Zustimmung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten erforderlich ist, ist in der Schweiz eine Volksabstimmung notwendig. Dies ist ein entscheidender Schritt, da die direkte Demokratie in der Schweiz eine Schlüsselrolle spielt und wichtige politische Entscheidungen stets von der Bevölkerung abgesegnet werden müssen.
Wegweisend für die Zukunft
Das Abkommen gilt als richtungsweisend für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Es soll die bilaterale Zusammenarbeit langfristig vereinfachen und modernisieren, gleichzeitig aber auch die Eigenständigkeit der Schweiz respektieren. „Mit dieser Vereinbarung stärken wir Stabilität, Vertrauen und den Austausch zwischen unseren Regionen“, erklärte von der Leyen.
Die Einigung wird als wichtiger Schritt gewertet, um die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU auf eine stabile Grundlage zu stellen. Ob die Vereinbarung jedoch Bestand haben wird, hängt maßgeblich vom Ausgang der Volksbefragung in der Schweiz ab, die in den kommenden Monaten stattfinden soll.