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Staatsanwaltschaft Hildesheim

qimono / Pixabay

Staatsanwaltschaft Hildesheim

Benachrichtigung gemäß § 459i StPO über
die Rechtskraft der Einziehungsanordnung

21 Js 5929/​18 VRs – 10.03.2023

Die Staatsanwaltschaft vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Landgerichts Hildesheim wegen Betruges (Az. 26 KLs 21 Js 5929/​18) gegen K. Bagillan, geb. am 04.03.1964. Diese ist rechtskräftig seit dem 02.10.2021. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.

Auf Grund dieser Entscheidung sind den Tatverletzten Ansprüche auf Auskehrung von Beträgen in Höhe von insgesamt 8.291,50 € entstanden, die sie nun geltend machen können.

Der Einziehungsanordnung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeschuldigte unterhielt zwischen 2015 und 2018 ein Geschäftsmodell, welches darin bestand, sich überregional und insbesondere gegenüber Asylbewerbern und Flüchtlingen wahrheitswidrig als Rechtsanwalt auszugeben oder wahrheitswidrig zu behaupten, die Vermittlung eines Rechtsanwalts zu besorgen. Nach Zahlung einer Anwaltsgebühr bzw. eines Vorschusses erfolgte jedoch keine Rechtsberatung. Dem Angeschuldigten kam es stets darauf an, sich durch die Taten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu schaffen. Eine qualifizierte Gegenleistung erhielten die Geschädigten nicht.

Im Einzelnen kam es zu den folgenden Taten:

1. Am 26.06.2015 zahlte der Zeuge W. K. 2.000,00 Euro in bar an den Angeschuldigten, sowie einige Zeit später 500,00 Euro in drei Raten. Die Zahlung erfolgte aufgrund der Aussage des Angeschuldigten, dass er Rechtsanwalt sei und dem Zeugen sowie dessen Ehefrau innerhalb von drei Monaten deutsche Pässe besorge könne, obwohl der Angeschuldigte wusste, dass ihm dies nicht möglich war. Weiterhin versprach er dem Zeugen, Übersetzungen für ihn zu tätigen, die er lediglich teilweise erbrachte.

2. Ebenfalls am 26.06.2015 verlangte der Angeschuldigte von dem Zeugen H.S. 2.500,00 Euro, um für diesen rechtsberatend tätig zu werden. Der Zeuge ging aufgrund der Empfehlung seines Freundes W.K. bereits vor seiner Ankunft in Deutschland davon aus, dass es sich bei dem Angeschuldigten um einen Rechtsanwalt mit dem Namen Haider Al-Khfaji handelte. Diesen Irrtum klärte der Angeschuldigte nicht auf, sondern gab an, er könne dem Zeugen einen Aufenthaltstitel beschaffen, obwohl er wusste, dass dies nicht der Realität entsprach. Der Zeuge zahlte im Glauben an die Angaben des Angeschuldigten an diesen den geforderten Betrag in bar.

3. In der Zeit kurz nach dem 26.06.2015 schrieb der Angeschuldigte dem Zeugen H.S. eine WhatsApp-Nachricht, in der er ihn mit „Sohn der Hure“ und „schmutzige Person“ ansprach, wodurch der Zeuge sich in seiner Ehre verletzt fühlte.

4. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Juli und August 2015 gab der Angeschuldigte in einem Facebook-Post vor, Personen bei der Flucht nach Deutschland helfen zu können. Der Zeuge K. A. B. trat sodann mit dem Angeschuldigten über das Internet in Kontakt und hielt diesen Kontakt – im weiteren Verlauf auch telefonisch – bis zu seiner Ankunft in Deutschland im September 2015. Ende September 2015 verlangte der Angeschuldigte von dem Zeugen 3.000,00 Euro für die Beschaffung eines Aufenthaltstitels, von denen der Zeuge dem Angeschuldigten im Glauben an die Richtigkeit von dessen Aussage schließlich 1.000,00 Euro in bar in dessen Wohnung, übergab.

5. Ebenfalls zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Juli und August 2015 trat der Zeuge K.A. mit dem Angeschuldigten, der sich als Rechtsanwalt Dr. Haider Al-Khfaji ausgegeben hatte, über Facebook in Kontakt und hielt diesen Kontakt – im weiteren Verlauf auch telefonisch – bis zu seiner Ankunft in Deutschland im September 2015. Der Angeschuldigte gab dem Zeugen telefonische Anweisungen und lotste ihn schließlich über Wien nach Hildesheim. Kurz nach der Ankunft des Zeugen in Hildesheim verlangte der Angeschuldigte von diesem eine Anzahlung in Höhe von 1.000,00 Euro zur Beschaffung von Papieren sowie zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels. Im Vertrauen darauf, dass der Angeschuldigte für ein dauerhaftes Bleiberecht sorgen würde, händigte der Zeuge dem Angeschuldigten 1.000,00 Euro in bar aus. Im weiteren Verlauf gab der Angeschuldigte dem Zeugen lediglich allgemeine Ratschläge u.a. für dessen Verhalten bei Behördengängen.

6. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen September und Oktober 2015 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen A.S.A. als Rechtsanwalt Abu Billal aus und gab vor, dass er dem Zeugen eine Wohnung sowie einen Aufenthaltstitel beschaffen könne, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht zutraf. Hierfür verlangte der Angeschuldigte einen nicht näher bestimmbaren Betrag zwischen 2.000,00 und 2.500,00 Euro von dem Zeugen, den dieser allerdings nicht bezahlte. Im weiteren Verlauf erlangte der Angeschuldigte von der Familie des Zeugen im Irak einen Betrag in Höhe von 3.000,00 $, indem er dieser durch eine namentlich nicht bekannte Kontaktperson ausrichten ließ, er habe dem Zeugen einen Aufenthaltstitel und eine Wohnung beschafft.

7. Mitte Dezember 2015 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen T. L. bei Facebook als Rechtsanwalt Abou Bilal aus und bot ihm seine anwaltlichen Dienste an. Er bestellte den Zeugen in eine Kanzlei und gab vor, dass ihm diese Kanzlei gehöre und der Zeuge B. sein Angestellter sei. Bei dem dort stattfindenden Gespräch fungierte der Angeschuldigte lediglich als Übersetzer. Nachdem der Zeuge L. bereits die angefallene Rechtsanwaltsgebühr gegen Quittung bei dem Zeugen B. gezahlt hatte, verlangte der Angeschuldigte in der darauffolgenden Woche von dem Zeugen T. L. über die Rechtsanwaltsgebühr des Zeugen B. hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 500,00 Euro, den der Zeuge T. L. im Glauben daran, dass der Angeschuldigte der Vorgesetzte des Zeugen B. war, bezahlte.

8. Als der Angeschuldigte Anfang des Jahres 2016 erfuhr, dass der Zeuge T. L. gemeinsam mit dem Zeugen B. den ersten Anhörungstermin beim LAB Braunschweig wahrgenommen hatte, verlangte er von dem Zeugen T. L. weitere 1.000,00 Euro, die dieser wiederum im Glauben daran, dass dem Angeschuldigte die Kanzlei gehörte, in bar übergab.

9. Anfang 2016 gab sich der Angeschuldigte bei einer in Berlin stattfindenden Demonstration gegen Abschiebung gegenüber duzenden von Flüchtlingen als Rechtsanwalt Haider Al-Khfaji aus und verteilte seine Visitenkarten.

10. Mit Datum vom 03.10.2015 sowie 18.02.2016 übersandte der Angeschuldigte der Zeugin C.E. Zahlungsaufforderungen für angeblich erbrachte Übersetzungsleistungen, obwohl er wusste, dass die geltend gemachte Forderung ungerechtfertigt war, da die Zeugin keinen Vertrag mit ihm geschlossen und der Angeschuldigte keinerlei Leistungen erbracht hatte. Unter Fristsetzung bis zum 31.10.2016 verlangte er mit einer dritten Mahnung die Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.595,00 Euro nebst Mahngebühren in Höhe von 5,99 Euro. Um die Zeugin zur Zahlung zu bewegen, drohte er der Zeugin damit, deren Tochter im Irak zu entführen. Zu einer Zahlung durch die Zeugin kam es in der Folge jedoch nicht.

11. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2016 kontaktierte der Angeschuldigte den Zeugen A.Q.M.M. über die Facebook-Gruppe „Irakische Flüchtlinge in Deutschland“ unter dem Namen Dr. Haider Alkhfaji, gab sich diesem gegenüber als Rechtsanwalt aus und spiegelte dem Zeugen im Anschluss über einen Zeitraum von drei Monaten vor, für diesen als Rechtsanwalt tätig zu sein, obwohl er wusste, dass dies nicht der Realität entsprach und verlangte schließlich die Zahlung eines Betrages in Höhe von 500,00 Euro für seine Dienste, die er nicht beabsichtigte zu erbringen. Der Zeuge tätigte keinerlei Zahlungen.

12. Um den Zeugen A.Q.M.M. doch noch zur Zahlung zu bewegen, drohte der Angeschuldigte diesem mit den Worten „Wenn du das Geld nicht schnellstens sendest, werde ich dafür sorgen, dass du aus Deutschland ausgewiesen wirst und noch 1.000,00 Euro Strafe von dir genommen werden.“ Der Zeuge zahlte gleichwohl nicht.

13. Sodann betitelte der Angeschuldigte den Zeugen A.Q.M.M. als Hurensohn, um diesen in seiner Ehre zu verletzen.

14. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt Anfang 2017 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen M.H. als Rechtsanwalt Dr. Haider Al-Khfaji aus und verlangte 150,00 Euro für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen einen im Zusammenhang mit dem Asylverfahren des Zeugen ergangenen Ablehnungsbescheid, obwohl der Angeschuldigte wusste, dass er über keine anwaltliche Qualifikation verfügte. Diesem Zahlungsverlangen kam der Zeuge nicht nach.

15. Nachdem der Zeuge M.H. eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin beauftragt und im weiteren Verlauf eine Aufenthaltsgestattung erlangt hatte, kontaktierte der Angeschuldigte den Zeugen telefonisch und forderte von diesem einen der Höhe nach nicht näher bestimmbaren Geldbetrag zwischen 3.000,00 Euro und 4.000,00 Euro für seine angebliche Übersetzungstätigkeit, obwohl er tatsächlich keinerlei Leistung erbracht hatte. Der Angeschuldigte drohte – in dem Bewusstsein, dass ein fälliger Zahlungsanspruch tatsächlich nicht bestand – dem Zeugen mit einer Klage, sollte dieser nicht bezahlen. Zu einer Zahlung seitens des Zeugen kam es in der Folge jedoch nicht.

16. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2017 behauptete der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen A.N.M.A.A., dass er Haider Al-Khfaji heiße, Rechtsanwalt sei und dem Zeugen zu einem dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verhelfen könne, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach. Im Glauben an die Richtigkeit dieser Aussage zahlte der Zeuge verteilt über das Jahr 2017 an den Angeschuldigten einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.500,00 Euro, teils per Überweisung auf unterschiedliche Konten, teils per Post in bar.

17. Im Februar 2017 gab der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen H.A. an, dafür zu sorgen, dass dieser einen Ersatzreisepass erhalten würde und forderte im Anschluss an ein mit einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde in Berlin geführtes Gespräch 200,00 Euro von dem Zeugen für seine rechtsanwaltlichen Dienste, die sich der Zeuge jedoch weigerte zu zahlen.

18. Um seiner unberechtigten Forderung mehr Ausdruck zu verleihen und den Zeugen H.A. doch noch zur Zahlung der geforderten 200,00 Euro zu bewegen, kündigte der Angeschuldigte an, Bilder der Kinder des Zeugen auf seiner Homepage zu veröffentlichen und die Frau des Zeugen dort als Hure zu betiteln, was er in der Folge auch in die Tat umsetzte. Die Zahlung blieb jedoch weiterhin aus.

19. Am 17.02.2017 gab der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen S.H.R. an, dass er Rechtsanwalt sei und ihm bei seinem Asylverfahren helfen könne, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach. Hierfür zahlte der Zeuge am 17.02.2017 zunächst 100,00 Euro in bar an den Angeschuldigten und überwies im weiteren Verlauf am 03.03.2017, 03.04.2017 und 02.05.2017 die von dem Angeschuldigten verlangten monatliche Raten in Höhe von jeweils 35,00 Euro auf dessen Konto bei der Deutsche Bank Privat- und Firmenkundenbank.

20. Im März 2017 verlangte der Angeschuldigte von dem Zeugen O.M.A.A. 800,00 Euro, von denen der Zeuge dem Angeschuldigten an der Ecke Sonnenallee/​Hermannsplatz in Berlin schließlich 400,00 Euro in bar übergab. Der Zeuge ging aufgrund der zuvor von einem angeblichen Journalisten namens Arif Al-Omeidi getätigten Aussage davon aus, dass der Angeschuldigte Rechtsanwalt sei und Haider Al-Khfaji heiße. Der Angeschuldigte klärte den Irrtum nicht auf, sondern bestärkte den Zeugen in seiner Annahme, indem er vorgab, sämtliche seiner Angelegenheiten anwaltlich regeln zu können.

21. Als der Zeuge O.M.A.A. sich mangels positiver Ergebnisse im Asylverfahren weigerte, dem Angeschuldigten weitere 400,00 Euro zu zahlen, drohte dieser damit, für die Abschiebung des Zeugen zu sorgen, um ihn zur Zahlung zu veranlassen, obwohl er wusste, dass ihm ein Zahlungsanspruch nicht zustand. Der Zeuge tätigte keine weiteren Zahlungen.

22. Im März 2017 trat der Zeuge Y.A.O. über Facebook mit dem Angeschuldigten in Kontakt, wo sich der Angeschuldigte als Rechtsanwalt und Dolmetscher mit zwei Büros ausgab. Er verlangte von dem Zeugen 250,00 Euro für seine anwaltlichen Dienste, obwohl er wusste, dass er diese Leistung nicht erbringen konnte. Der Zeuge zahlte in der Folge jedoch nicht.

23. Als der Zeuge Y.A.O. sich im Folgenden weigerte zu bezahlen, weil der Angeschuldigte keinerlei Leistungen erbracht hatte, gab der Angeschuldigte vor, er werde den Zeugen von der russischen Mafia töten lassen, sollte der Zeuge nicht bezahlen oder zur Polizei gehen.

24. Im Juli 2017 vermittelte eine bislang unbekannte Person dem Zeugen F.S. den Kontakt zu dem Angeschuldigten. Der Angeschuldigte gab gegenüber dem Zeugen an, dass er Rechtsanwalt sei und ihm bei seinem Asylantrag helfen könne, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach. Hierfür sollte der Zeuge einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro per Post an den Angeschuldigten übersenden, was dieser im Glauben an die Richtigkeit der Aussage auch tat. In der Folge begleitete der Angeschuldigte den Zeugen am 08.01.2018 zu einer Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig, blieb jedoch während der gesamten Verhandlung untätig neben diesem sitzen. Im Anschluss an diese Verhandlung verlangte er von dem Zeugen die Zahlung weiterer 50,00 Euro, die dieser an den Angeschuldigten auch leistete. Auch in der Folgezeit führte der Angeschuldigte keine rechtsanwaltlichen Tätigkeiten aus.

25. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im August 2017 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen B.A. als Rechtsanwalt Dr. Haider Al-Khfaji aus. Er versprach, für ein Honorar von 200,00 Euro die Abschiebung des Zeugen zu verhindern und für dessen Bleiberecht zu sorgen. Im Vertrauen auf diese Aussage zahlte der Zeuge zunächst 50,00 Euro in bar an den Angeschuldigten und überwies im weiteren Verlauf drei Teilbeträge in Höhe von jeweils 50,00 Euro, davon in einem Fall am 05.02.2018 auf das Konto der gesondert verfolgten B.Bagillan bei der Deutsche Bank Privat- und Firmenkundenbank.

26. Im September 2017 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen S.A.S. als Rechtsanwalt Dr. Haider Alkhfagi aus und gab vor, für die Löschung der bereits abgegebenen Fingerabdrücke des Zeugen bei der Polizei sorgen zu können. Er verlangte für die rechtliche Vertretung des Zeugen in dessen Asylverfahren die Überweisung eines Betrages in Höhe von 150,00 Euro auf eines seiner Konten im Irak, die der Zeuge im Glauben an die Richtigkeit der Aussage des Angeschuldigten durch seine Verwandten im Irak veranlasste.

27. Nachdem der Angeschuldigte sich von dem Zeugen S.A.S. per WhatsApp eine Bilddatei mit dessen Unterschrift hatte übersenden lassen, setzte er die Unterschrift am 01.09.2017 unter eine, eine bestimmte Rechtsanwaltskanzlei legitimierende Vollmacht, in der Absicht, ohne den Willen des Zeugen ein Mandatsverhältnis herbeizuführen.

28. Als der Zeuge S.A.S. dem Angeschuldigten im weiteren Verlauf auf Verlangen keine weiteren Raten zahlte und sich schließlich an die Diakonie in Schwerin wandte, äußerte der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen, dass er dessen Verwandten im Irak „etwas antun“ und den Zeugen selbst in den Irak zurückschicken würde, um diesen zur Zahlung weiterer Raten in Höhe von zunächst 100,00 Euro auf ein von dem Angeschuldigten benanntes Konto zu bewegen, obwohl dem Angeschuldigten bewusst war, dass er darauf keinen Anspruch hatte. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, sandte der Angeschuldigte dem Zeugen S.A.S. ein Abschiebedokument, Az. 6 A 2095/​17 AS HGW, einer bereits in den Irak abgeschobenen Person namens Saad zu. Dem Zahlungsverlangen des Angeschuldigten kam der Zeuge jedoch nicht nach.

29. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 04.09.2017 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen A.H.M.A. als Rechtsanwalt Haider Al-Khfaji aus. In dem Glauben, er werde von diesem im Rahmen seines Asylverfahrens rechtsanwaltlich vertreten, überwies der Zeuge auf Verlangen des Angeschuldigten an diesen am 04.09.2017 einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro, am 27.02.2018 auf das Konto der gesondert verfolgte N. Daoud Salem bei der Sparkasse Walsrode, einen Betrag in Höhe von 40,00 Euro sowie am 03.04.2018 einen Betrag in Höhe von 30,00 Euro auf das Konto einer Rechtsanwaltskanzlei in Mühlheim.

30. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt kurz vor dem 06.09.2017 stellte der Zeuge A.K.F. aufgrund von Empfehlungen zweier nicht identifizierter Personen mit den Vornamen Said und Secad und seinem Neffen H.A.K. telefonischen Kontakt zu dem Angeschuldigten her, da der Zeuge glaubte, dass der Angeschuldigte Rechtsanwalt sei und ihm sowohl in Bezug auf einen außergerichtlichen Streit mit dem Telekommunikationsanbieter 1&1 als auch im Rahmen des Asylverfahrens seines Neffens anwaltlich vertreten könne. Der Angeschuldigte klärte diesen Irrtum nicht auf, sondern bestärkte den Zeugen in dem Glauben an seinen Rechtsanwaltsstatus, indem er mit seinen vermeintlichen Erfolgen vor Gericht prahlte. Für die angebliche Einleitung des Asylverfahrens betreffend den Neffen des Zeugen A.K.F. verlangte der Angeschuldigte sodann die Überweisung eines Betrages in Höhe von 129,00 Euro auf sein Konto bei der Sparkasse Hildesheim Goslar Peine, die der Zeuge am 06.09.2017 auch tätigte.

31. Im weiteren Verlauf spiegelte der Angeschuldigte dem Zeugen A.K.F. vor, ihm zum Preis von 107,50 Euro einen mit einem Vertrag der Telekom kompatiblen Wlan-Router beschaffen zu können, so dass der Zeuge im Glauben an die Richtigkeit dieser Aussage den geforderten Betrag auf das Konto des gesondert verfolgten B. Bagillan bei der Sparkasse Hildesheim Goslar Peine, überwies, allerdings lediglich einen alten unbrauchbaren Router von dem Angeschuldigten ausgehändigt bekam. Als der Zeuge den Zustand des Routers monierte und diesen an den Angeschuldigten zurückgab, verweigerte dieser die Rückzahlung des Überweisungsbetrages.

32. In mehreren Faxschreiben an die Bayerische Inkassodienst AG, Coburg, abgesendet am 30.10.2017 gegen 02.44 Uhr, 02:59 Uhr, 12:27 Uhr, 20:20 Uhr, am 31.10.2017 gegen 15:54 Uhr sowie am 01.11.2017 gegen 17:45 Uhr vom Faxanschluss der gesondert verfolgten B. Bagillan, gab sich der Angeschuldigte als Rechtsanwalt Dr. Alkhfaji Bagillan mit Kanzlei in 31134 Hildesheim, Goslarsche Straße 10, aus und spiegelte vor, den Zeugen A.K.F. anwaltlich zu vertreten, obwohl dem Angeschuldigten bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach.

33. Nachdem sich der Angeschuldigten gegenüber dem Zeugen A.A.W. als Doktor und Richter Haider Alkhfaji ausgegeben hatte, zahlte der Zeuge A.A.W. im November 2017 für sich und seine Frau Y.A.S.150,00 Euro Fahrtkosten sowie zunächst 800,00 Euro und im Folgenden weitere 200,00 Euro für ein durchzuführendes Asylverfahren an den Angeschuldigten. Dieser erstellte sodann im Sommer 2018 eine Totalfälschung eines Schreibens der Ausländerbehörde, in dem stand, dass die Zeugen drei Jahre in Deutschland bleiben dürften, um den Schein zu erwecken, dass er eine Gegenleistung erbracht hatte.

34. Im Dezember 2017 gab der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen H.H. an, dass er Rechtsanwalt sei und ihm bei seinem Asylantrag helfen könne, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach. Hierfür sollte der Zeuge einen Betrag in Höhe von 300,00 Euro an den gesondert verfolgten A.Younes zahlen, was der Zeuge H.H. im Glauben an die Richtigkeit der Aussage auch tat. Dem Angeschuldigten kam es darauf an, sich bzw. dem gesondert verfolgten A.Younes eine Einnahmequelle von einiger Zeit und Dauer zu verschaffen.

35. Ebenfalls im Dezember 2017 gab sich der Angeschuldigte gegenüber der Zeugin N.K. als Rechtsanwalt Dr. Haider Alkhfagi aus, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach und verlangte auf dem Bahnhofsvorplatz in Hildesheim einen Betrag in Höhe von 500,00 Euro in bar für seine Dienste als Rechtsanwalt hinsichtlich ihres Asylverfahrens. Die Zeugin händigte ihm diese Summe in bar aus, da sie dem Angeschuldigten glaubte, dass er ihr als Rechtsanwalt helfen könne.

36. Am 19.12.2017 gab sich der Angeschuldigte dem Zeugen M.A.N gegenüber als Rechtsanwalt aus, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Wahrheit entsprach.

37. Am 04.01.2018 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen R.A.H.M. als Rechtsanwalt Dr. Haider Alkhjaji aus, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach und verlangte 100,00 Euro in bar für seine Dienste als Rechtsanwalt zur Durchführung des Widerspruchsverfahrens betreffend den Asylantrag des Zeugen aus Dezember 2017. Ende Januar 2018 händigte der Zeuge dem Angeschuldigten die Summe am Hauptbahnhof in Hildesheim in bar aus.

38. Zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt Ende Januar/​Anfang Februar 2018 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen M.A.A. als Rechtsanwalt Dr. Haider Alkhjaji aus, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach und verlangte 100 Euro in bar für seine Dienste als Rechtsanwalt im laufenden Widerspruchsverfahren betreffend den Asylantrag des Zeugen. Dieser übergab den geforderten Bargeldbetrag ca. zwei Wochen später im Einzelhandelsgeschäft „Salam“, Angoulemeplatz 2, 31134 Hildesheim, an den Zeugen K.E.Z. von wo aus das Geld an den Angeschuldigten weitergeleitet wurde.

39. Im Februar 2018 gab sich der Angeschuldigte gegenüber der Zeugin F.S.D. und deren Sohn, A.Y., als Rechtsanwalt Abu Bilal aus und gab vor, im laufenden Widerspruchsverfahren zum Asylverfahren der Zeugin dieser weiterzuhelfen. Die Zeugin zahlte einen Betrag in Höhe von 350,00 Euro per Überweisung an den Angeschuldigten auf ein nicht näher bestimmbares Konto, da dieser vorgegeben hatte, dass die Zahlung zur Verhinderung der Abschiebung der Zeugin in den Irak notwendig sei, obwohl er wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprach.

40. Ebenfalls im Februar 2018 gab sich der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen S.S.bei Facebook als Rechtsanwalt Al-Khfaji aus, bot seine Dienste als Rechtsanwalt an und behauptete, für den Zeugen Rechtsmittel gegen dessen ablehnenden Asylbescheid einlegen sowie dem Zeugen einen Pass beschaffen zu können. Im weitere Verlauf verlangte der Angeschuldigte 700,00 Euro von dem Zeugen und übermittelte diesem, um den Glauben an seine anwaltliche Qualifikation weiter zu bestärken, per WhatsApp Sprachnachrichten von angeblich anderen Flüchtlingen, die sich für seine Arbeit als Rechtsanwalt bedankten. Der Zeuge überwies sodann einen Betrag in Höhe von 50,00 Euro auf ein nicht näher bestimmbares Konto des Angeschuldigten. Zu weiteren Zahlungen kam es nicht.

41. Am 11.03.2018 behauptete der Angeschuldigte gegenüber dem Zeugen H.I.R., dass er Dr. Haidar Al Khafaji heiße, Rechtsanwalt sei und dafür sorgen könne, dass der Aufenthalt des Zeugen in Deutschland verlängert werde, obwohl ihm bewusst war, dass dies nicht der Realität entsprach. Im Glauben an die Richtigkeit dieser Aussage zahlte der Zeuge an den Angeschuldigten den verlangten Betrag in Höhe von 500,00 Euro.

42. Am 29.03.2018 verlangte der Angeschuldigte von der Zeugin S.E.S.A. 700,00 Euro in monatlichen Raten von 50,00 Euro, um für sie tätig zu werden. Sie ging aufgrund zuvor von anderen, nicht näher identifizierten Personen, getätigten Aussagen davon aus, dass der Angeschuldigte Rechtsanwalt sei und Haider Al-Khfaji heiße. Der Angeschuldigte klärte den Irrtum nicht auf, vielmehr bestärkte er diesen, indem er ihr WhatsApp-Nachrichten mit seinen angeblichen Referenzen, Auszeichnungen und Mitteilungen über seine positiven Prozessabläufe schickte sowie gegenüber der Zeugin äußerte, „Doktor Jurist“ zu sein. Die Zeugin leistete aufgrund ihrer Fehlvorstellung eine Anzahlung in Höhe von 100,00 Euro an den Angeschuldigten.

43. Am 03.04.2018 betitelte der Angeschuldigte den Zeugen H.I.R. als Verräter, Hurensohn und Hurenhund, wodurch sich dieser in seiner Ehre verletzt fühlte.

44. In der Zeit von Juni bis Juli 2018 äußerte der Angeschuldigte dem Zeugen H.I.R. gegenüber, dass er dessen Familie, die sich noch im Irak befand, dort töten lassen würde.

45. Im September 2018 verlangte der Angeschuldigte von dem Zeugen A.A.W. (Ziff. 33) die Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 1.600,00 Euro für seine anwaltlichen Dienste, obwohl er wusste, dass ein solcher Zahlungsanspruch tatsächlich nicht bestand. Um den Zeugen zur Zahlung zu bewegen, gab er vor, dafür zu sorgen, dass der Zeuge keinerlei Leistungen vom Jobcenter mehr erhalten würde und nahm dabei Bezug auf seine angeblich auf oberster Ebene bestehenden Kontakte, u.a. zu Angela Merkel. Der Zeuge zahlte nicht.

46. Im September 2018 drohte der Angeschuldigte dem Zeugen S.S. mit einer Klage, sollte dieser die zuvor verlangten 700,00 Euro (Ziff. 40) nicht bezahlen, obwohl er wusste, dass er keinen Zahlungsanspruch gegen den Zeugen hatte. Auch hier zahlte der Zeuge nicht.

Der Angeschuldigte hat durch die ihm zur Last gelegten Taten zu 1, 2, 4-8, 16, 19, 20, 24-26, 29-31, 33-35, 37-42 Bargeld- bzw. Überweisungsbeträge erlangt.

Bitte beachten Sie folgende Hinweise zum weiteren Verfahrensablauf:

Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO).

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO).

Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459k Abs. 3 StPO).

In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen.

Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/​oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO).

Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzter zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459h Abs. 2 i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111i Abs. 1 StPO).

Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO).

Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.

 

Piekny
Rechtspflegerin

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