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INFINUS, Future Business, Versicherung, Auskunft vom Institut, Provisionen

Sehr geehrter Herr Bremer,
 
vielen Dank für Ihre Anfrage.
 
Ich habe gerade im PHALANX-Netzwerk für einige Mandanten ausgeführt, wie ich die Situation um die „geheim gehaltene Versicherung“ bewerte. Außerdem stellt sich die Frage nach ausstehenden Provisionen und einem gemeinsamen Vorgehen der Vermittler, um möglichst außergerichtlich eine vernünftige, transparente Lösung mit dem FDI und/oder der Versicherung voran zu bringen. Im Moment liegen aber noch einige Steine im Weg. Im Einzelnen:
 
 
I.             Verhalten der INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut, VSH
 
Uns liegt eine E-Mail eines Direktionsmanagers der INFINUS-Gruppe vor („Aktuelle Lage Tag 28“ vom 3. Dezember 2013). In dieser E-Mail werden insgesamt eher wenig konkrete Statusinformationen gegeben, wie schwer doch alles sei, wie lange das alles dauere, was der Vorstand noch alles machen müsse mit der BaFin im Rücken, wer gerade psychisch belastet und nicht arbeitsfähig sei und dass bis heute die Inhaftierten gar nicht wissen würden, was ihnen eigentlich vorgeworfen werde.
 
Abgesehen davon, dass sich für die Beschuldigten die Vorwürfe aus den Haftbefehlen ergeben dürften gemäß § 114 Abs. 2 Nr. 2 StPO, wird deutlich, dass die Angeschriebenen mit dieser E-Mail nur dahingehend beeinflusst werden sollen, die INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut derzeit in Ruhe zu lassen. Denn dort sei schließlich derzeit Vieles anstrengend. Ich vermute, man plant eine Umstrukturierung, Umfirmierung und ist auch weiterhin – verständlich – auf Mitarbeiter und Umsatzträger angewiesen. Einerseits.
 
Andererseits finde ich die Ignoranz schon frech. Denn es geht den gebundenen Vermittlern mindestens genauso schlecht wie dem Institut oder dortigen belasteten Einzelpersonen angesichts verängstigter Kunden, Vertrauensverlust, Umsatzeinbruch, Insolvenzen und Anwaltsschreiben – Umstände, für welche die Vermittler sämtlich nichts können und für welche gerade die Verantwortlichen weiterhin Erklärungen schuldig sind. Gerade auch die Vermittler haben Handlungsbedarf und müssen sehen, wo sie bleiben.
 
Im Hinblick auf das vordringliche Interesse der Vermittler, über die Versicherungslage eindeutig, hinreichend und belastbar informiert zu werden, schweigt sich das Institut leider bewusst aus und will auch nicht behelligt werden. E-Mail-Zitat: „Bitte auch die Anfrage zur VSH der Infinus bleiben lassen. Wir müssen vermeiden, dass die Gesellschaft direkt behelligt wird, dies wird bei uns alles über den Hans John abgewickelt, das ist so mit der Versicherungsgesellschaft vereinbart. Klagen machen zurzeit auch keinen Sinn, da ja noch kein Schaden festgestellt wurde.“
 
Vor allem Letzteres ist Unsinn. Die Anlagegesellschaften sind insolvent, und die Anlegeranwälte nehmen die Vermittler in Anspruch, und zwar auf den Zeichnungsschaden, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Anlagen bzw. den Insolvenzverfahren. Es ist irrelevant, ob der Anspruch besteht oder die Vermittler der richtige Ansprechpartner sind oder was am Ende als Schaden übrig bleibt: Die Vermittler werden bereits in Anspruch genommen (vgl. die hier vorliegenden Anspruchsschreiben). In einigen Wochen werden die Vermittler – ganz gleich welchen Rechtsanwalt sie beauftragen – vor Gericht ziehen und Gebührenvorschüsse leisten müssen, wenn dies die Versicherung nicht oder noch nicht übernimmt.
 
Auch auf der Internetseite der Maklerin Hans John GmbH wird im Grunde nur Beruhigungs-, aber keine transparente Informationspolitik betrieben. Versicherungen bestünden zwar, über Inhalte und Bedingungen der Versicherungsleistungen erfährt man dort jedoch auch nichts.
 
Gleichzeitig wird das Institut von Anlegeranwälten, die den richtigen Anspruchsgegner erkannt haben, voraussichtlich tausendfach verklagt werden und sich herausstellen, ob dies ebenfalls in den Bereich der Insolvenz führt oder nicht. Falls ja, so wäre dann zu klären, wie es um die Versicherungsleistungen angesichts eines insolventen Vertragspartners bestellt ist und wie kompliziert das weitere Operieren wird.
 
Man sollte dabei im Hinterkopf behalten, dass ein haftendes Unternehmen im Sinne des KWG nicht selbst verpflichtet ist, eine Versicherung abzuschließen und von daher Höhe und Bedingungen im Prinzip Verhandlungssache sind, falls doch eine (oder mehrere?) Versicherungen abgeschlossen wurden. Die Vermittler sollten doch wenigstens wissen, wann das Deckungslimit erreicht ist. Und ob sie überhaupt so versichert sind, wie sie es glauben zu sein.
 
Schließlich werden die vertraglich gebundenen Vermittler auf gewisse Zuarbeit oder Mithilfe in Haftungsfällen vom Institut in Anspruch genommen, sobald sie dort einen möglichen Haftungsfall anzeigen. Es ist also wichtig zu erfahren, wie hier die Berichtspflichten vom Institut (oder eigentlich vom Makler?) kommuniziert werden, ob dies jeweils richtig ist, welche Regelungen das jeweilige Versicherungsverhältnis hierzu tatsächlich vorsieht, wann ggf. der Versicherungsschutz gefährdet ist.
 
Folgende Schlüsse lassen sich meiner Ansicht nach jetzt ziehen:
 

1. Die INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut lässt die Vermittler derzeit bis auf Weiteres im Regen stehen, was die konkrete und transparente Angabe der Versicherungsbedingungen bzw. Vorlage der VSH-Police anbelangt.

 

2.Gleichwohl verlangt das Institut von den Vermittlern Zuarbeit ohne dass diese wissen, welches Anforderungsprofil dabei eigentlich genau gilt.

 

3.In die Abwicklung der einzelnen Haftungsansprüche scheint die Hans John GmbH involviert zu sein, ohne dass klar wird warum, zu welchen Bedingungen und mit welcher rechtlichen und tatsächlichen Qualität dies geschieht.

 

4.Die gebundenen Vermittler wissen nicht, ob sie individuell oder gruppiert versichert sind,  welche Parameter gelten, welches Versicherungsunternehmen überhaupt involviert ist (angeblich die Allianz, es sei denn, es gäbe noch individuelle andere Versicherungen), wer nun inhaltlich-operativ für die Abwicklung verantwortlich ist und wie die Entscheidungsgrundlagen sind.

 

5. Transparente, belastbare Antworten – keine hinhaltenden, verwässerten, in der Sache unwichtigen Ausflüchte – auf diese Fragen sind unabdingbar und dringend erforderlich.

 

6. Man scheint diese Fragen auch dann nicht ernst zu nehmen, wenn es sich um Vermittler handelt, die nach wie vor zum FDI stehen. Trotz „Kuschelkurs“ sind sie doch in Vertragsverhältnisse eingebunden, benötigen die Auskünfte dringend und haben außerdem ein  existentielles wirtschaftliches Interesse.

 

7.Ich empfehle in unserem Netzwerk daher ein gebündeltes Vorgehen, um eine sachliche, für alle Seiten vernünftige Lösung an einem Tisch zu verhandeln. Und ich glaube, dass deswegen – und auch weil andere dies so sehen könnten – das FDI möglichst viele Geschäftspartner wohlgestimmt halten will, was für sich ja auch legitim ist. Allerdings muss sich jeder fragen, wie ihn oder sie das im Einzelfall konkret und akut weiterbringt.

 
Die Interessen der gebunden Vermittler sind mir derzeit jedenfalls wichtiger als die Eigeninteressen des Instituts. Wir werden Auskunft beim INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut und bei der Hans John GmbH verlangen und sehen, ob man dort Farbe bekennt. Schließlich möchten wir uns mit der Versicherung kurzschließen, um das richtige Vorgehen abzustimmen. Denn am Ende ist die Versicherung der wichtigste Partner, falls das Institut ins Straucheln gerät. Und es ist nicht einzusehen, warum das Institut und der Makler bei entscheidenden Informationen mauern. Wir streben eine offene und faire Kommunikation mit allen Beteiligten an.
 
Für PHALANX-Partner nehmen wir dies bereits wahr im Rahmen der dortigen Beratung und hoffen, dass sich dabei einige gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden lassen. Dies liegt nun am Institut. Andere Mandanten können uns individuell mandatieren oder noch der PHALANX beitreten oder sich anderweitig Rechtsrat bei Spezialisten holen.
 
 
II.           Ausstehende Provisionen, Ansprüche gegen INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut
 
Mehrere Mandanten haben uns heute mitgeteilt, dass Auszahlungen von Provisionen nicht erfolgten, weil die INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut ihrerseits keine Provision von der Future Business KG aA, der PROSAVUS AG und der ecoConsort AG erhalten habe (aktuelle Provisionsabrechnung vom 3. Dezember 2013). Darunter findet sich der Satz, dass die Abrechnung als anerkannt gelte, wenn nicht binnen 14 Tagen widersprochen werde.
 
Zunächst einmal gilt, dass eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam ist; vgl. BGH VIII ZR 100/05, U. v. 20. September 2006, Leitsatz a). Das ist hier anwendbar, denn der Geschäftspartner ist Handelsvertreter (§§ 84 ff. HGB).
 
Darüber hinaus regelt der Geschäftspartnervertrag (Typ I), dass der Provisionsanspruch unter anderem erst dann entsteht, wenn sie bei der Unternehmerin eingegangen ist, vgl. § 12 des Vertrages („Entstehung der Provision“). Dies klingt zunächst so, als sei den Anspruch nicht entstanden.
 
Bei näherem Hinsehen gehe ich allerdings davon aus, dass die betreffende Regelung nichtig ist. Denn die Provisionspflicht entsteht grundsätzlich, wenn das zugrunde liegende vermittelte Geschäft erfolgreich vermittelt wurde, vgl. § 87 Abs. 1 S. 1 HGB. Die Provision ist im Grunde (auch hier) eine erfolgsabhängige Vergütung. Insofern kann es dem Handelsvertreter auch nicht bei derEntstehung angelastet werden, wenn hinterher die Provision der INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut ihrerseits nicht eingeht. Darauf hat der Handelsvertreter bzw. Geschäftspartner freilich keinen Einfluss.
 
Dass das Geld erst bei dem Unternehmen (FDI) eingehen muss, ist der Sache nach eher eine Fälligkeitsvoraussetzung, vgl. § 87a Abs. 1 HGB, aber keine Entstehungsvoraussetzung. Da es aber in § 12 des Vertrages („Entstehung der Provision“) und nicht in § 13 („Fälligkeit der Provision“) geregelt ist, halte ich in diesem Punkt den Vertrag für handwerklich fragwürdig und unwirksam.
 
Außerdem muss man in den Geschäften selbst wieder differenzieren nach neu vermitteltem Einmaleinlagengeschäft und widerangelegte (im Prinzip nur umgebuchte) Anlagen.
 
Im Ergebnis empfehle ich, den Abrechnungen pro forma zu widersprechen und die Provisionsansprüche geltend zu machen, zur Not mit einem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs. Dieser Anspruch besteht ohnehin, gibt Klarheit über die tatsächlich erfolgten Umsatzgeschäfte und erscheint auch deshalb geboten, um die tatsächliche Abrechnungspraxis zu überprüfen.
 
Auch hier gilt: Ein gebündeltes Vorgehen, um eine möglichst effektive außergerichtliche Lösung aus einer Hand mit dem FDI zu verhandeln, erscheint mir geboten.
 
 
III.         Zur grundsätzlichen Rechtslage bei der VSH
 
Dem Vernehmen nach soll die Allianz der Vertragspartner der INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut sein. Es wurde uns zugetragen, dass angeblich zwei Typen an Versicherungen bestehen könnten, einerseits eine VSH für das Institut selbst, anderseits Haftpflichtversicherungen bezogen auf die individuellen Geschäftspartner. Letzteres kann grundsätzlich als Rahmenvertrag mit jeweiliger Namensnennung und Einbeziehung der Vermittler ausgestaltet sein oder aber tatsächlich als individuelle Policen.
 
Wie dem auch sei, vordringlich interessant für die gebundenen Vermittler ist, dass es sich, soweit sie die versicherten Personen sind, um einen Vertrag zugunsten Dritter handelt, vgl. § 328 BGB bzw. §§ 43 ff. VVG („Versicherung für fremde Rechnung“). Dabei erwirbt zwar der Dritte einen Leistungsanspruch (der gebundene Vermittler), ist aber nicht Partei des Versicherungsvertrages. Und da er nicht direkt Vertragspartner ist, kann er keine Rechte geltend machen, die auf das Vertragsverhältnis gestaltend einwirken, sondern nur solche, die das Vertragsverhältnis unberührt lassen. Fraglich ist, wie es angesichts dessen mit einer reinen Auskunft verhält. Dies bedarf meiner Ansicht nach noch einer näheren Prüfung. Dafür spricht, dass die versicherte Person andernfalls den Versicherungsschutz nicht evaluieren kann.
 
Der primäre Ansatzpunkt ist meiner Ansicht nach indes derjenige, über das direkte Vertragsverhältnis mit der INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut zu gehen. Hier ist eine individuell für den Vermittler abgeschlossene Versicherung explizit Vertragsgegenstand. Das FDI hat auch am 14. November 2013 bestätigt, dass eine solche Versicherung bestehe. Im Hinblick auf die Einstandspflicht verlangt das FDI Zuarbeit bzw. Auskünfte der Vermittler. Im Ergebnis meine ich, dass deshalb eine Auskunftspflicht zum Geschäftspartnervertrag besteht, zumal sich eine Partei (FDI) auf die Versicherung beruft und Handlungsanforderungen stellt die andere Partei (der Vermittler) weder die Eckdaten der Versicherung kennt, noch daraus abzuleitende mögliche Pflichten.
 
Wie gestern auch in FONDS professionell diskutiert, stellt sich die Frage, ob die Allianz sich mit dem Argument enthaften kann, dass gewisse Personen von etwaigen Straftaten wussten, was möglicherweise zu einer Anwendung einer bestimmten Vorschrift im BGB führen könne (§ 166 Abs. 2 BGB, Wissenszurechnung). Unabhängig davon, dass diese Frage eher aus Anlegerperspektive interessant ist, teile ich diese Auffassung nicht. Ist ein Prospekt fehlerhaft, ggf. vorsätzlich und in strafbarer Weise, so bedeutet dies für den Vermittler gegenüber dem Anleger allenfalls einen fahrlässigen, eben nicht strafbaren Verstoß. Dabei ist die Zurechnungsrichtung dann auch genau die entgegen gesetzte (nämlich des Vermittlerverhaltens an das haftende Unternehmen, vgl. § 2 Abs. 10 S. 2 KWG).
 
Was die Situation des Vermittlers wiederum anbelangt, bedeutet der Vertrag zugunsten Dritter eben einen eigenen, direkten Leistungsanspruch des Dritten (Vermittlers), so dass nicht ohne Weiteres Leistungsvorbehalte zwischen den Vertragsparteien (FDI, Allianz) der versicherten Person entgegen gehalten werden können.
 
Aber auch das ist solange – zumindest teilweise – reine Spekulation, wie nicht die Versicherungsbedingungen vorliegen. In diesen werden auch Abtretungen, Einwendungsgründe, Mitwirkungspflichten enthalten sein, die hier Aufschluss geben. Ein Grund mehr, die Auskunft mit Nachdruck zu verfolgen.
 
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
 
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Blazek
Rechtsanwalt
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