Der Jahresabschluss der Windpark Saerbeck GmbH & Co. KG zum 31. Dezember 2023 vermittelt ein gemischtes Bild: Während die Gesellschaft formal bilanziell ausgeglichen ist, deuten zentrale Positionen wie vollständig abgeschriebene Anlagen, hohe Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschafterin und ein nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil auf strukturelle Schwächen hin. Für Anleger ergeben sich daraus mehrere relevante Beobachtungen.
Anlagevermögen deutlich abgeschmolzen – keine aktive Stromproduktion mehr?
Die technischen Anlagen und Maschinen sind zum Bilanzstichtag vollständig abgeschrieben. Im Vorjahr betrug der Buchwert noch rund 35.000 Euro, nun ist dieser auf null gefallen. Auch die Grundstücke wurden weiter abgeschrieben, wodurch deren Buchwert von 50.613 Euro auf 36.809 Euro sank. Damit verbleiben lediglich 72.349 Euro an Sachanlagewerten in der Bilanz. Das legt nahe, dass die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Windkraftanlagen weitgehend erschöpft ist – ein mögliches Indiz dafür, dass kein produktiver Betrieb mehr stattfindet oder ein Rückbau bevorsteht.
Hoher Verlustanteil durch Gesellschafter gedeckt – kein bilanzielles Eigenkapital
Die Position „nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil“ beträgt rund 1,17 Mio. Euro, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (1,36 Mio. Euro). Dieser Verlust wird formal durch das Kommanditkapital der Gesellschafter gedeckt (1,92 Mio. Euro), wodurch sich in der Bilanz kein Eigenkapital ausweist. Aus Sicht der Anleger bedeutet das: Die Gesellschaft arbeitet bilanziell mit einem negativen Substanzwert, obwohl sie noch zahlungsfähig ist. Positiv ist jedoch zu werten, dass der Verlustanteil leicht abgebaut wurde.
Forderungen, Guthaben und Rückstellungen stabil – aber keine Ertragsbasis erkennbar
Die liquiden Mittel betragen rund 229.000 Euro, Forderungen und sonstige Vermögenswerte ca. 183.000 Euro. Das spricht für eine gewisse Liquiditätsbasis. Die Rückstellungen belaufen sich auf rund 330.000 Euro und wurden gegenüber dem Vorjahr leicht reduziert. Unklar bleibt jedoch, ob diese Mittel durch operative Einnahmen oder durch konzerninterne Zuflüsse erhalten werden. Eine nachhaltige Ertragsquelle ist aus dem Abschluss nicht ableitbar.
Verbindlichkeiten fast ausschließlich gegenüber der Gesellschafterin EDF Renewables
Die Verbindlichkeiten belaufen sich auf rund 1,32 Mio. Euro – nahezu vollständig gegenüber der Gesellschafterin EDF Renewables Deutschland GmbH. Dies zeigt eine erhebliche Abhängigkeit von konzerninternen Finanzierungsstrukturen. Die zugehörigen Zinsaufwendungen beliefen sich 2023 auf 83.000 Euro (Vorjahr: 62.000 Euro). Solche konzerninternen Strukturen bergen potenzielle Interessenkonflikte, vor allem im Fall einer strategischen Neuausrichtung des Mutterkonzerns.
Keine Neuinvestitionen, keine operative Perspektive im Abschluss erkennbar
Im gesamten Geschäftsjahr 2023 gab es keine Zugänge im Anlagevermögen. Die Anlagegüter werden lediglich abgeschrieben. Geleistete Anzahlungen bestehen zwar weiterhin in Höhe von 35.540 Euro, jedoch ist unklar, wofür diese konkret verwendet werden sollen. Ohne neue Investitionen oder Projektankündigungen fehlen dem Unternehmen derzeit die Voraussetzungen für eine Fortentwicklung.
Fazit
Die Windpark Saerbeck GmbH & Co. KG befindet sich in einer Phase der bilanziellen Konsolidierung ohne erkennbare operative Perspektive. Das Fehlen von werthaltigen Anlagegütern, der hohe Verlustvortrag und die massive Abhängigkeit von der Gesellschafterin EDF Renewables Deutschland deuten auf ein latentes Liquiditäts- und Strukturproblem hin. Zwar ist der Jahresabschluss formal ausgeglichen und eine Fortbestehensprognose wird unterstellt, doch aus Anlegersicht sind zentrale Fragen offen: Wie soll der operative Betrieb fortgeführt oder ersetzt werden? Welche Rolle spielt die Gesellschaft künftig im EDF-Konzern?
Anleger sollten sich bewusst sein, dass es sich bei der Windpark Saerbeck GmbH & Co. KG aktuell nicht um ein renditestarkes Infrastrukturprojekt, sondern eher um eine bilanziell aufgefangene Hülle eines ausgelaufenen Windparkbetriebs handelt. Ohne konkrete Nachfolgeprojekte oder Repowering-Maßnahmen ist die wirtschaftliche Perspektive eingeschränkt. Eine Investitionsentscheidung sollte nur auf Basis zusätzlicher Informationen zum operativen Status und zur Konzernstrategie getroffen werden.